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Ein Lord zu Tulivar (German Edition)

Ein Lord zu Tulivar (German Edition)

Titel: Ein Lord zu Tulivar (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van den Boom
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ihrer Begabung zu widmen, und sie vergessen das Drumherum sehr leicht. Ich kenne keinen Magier, der jemals ein guter Anführer oder gar Herrscher gewesen wäre. Sie folgen Befehlen, aber sie geben normalerweise keine.«
    »So mein Gedanke. Ich habe Thorgal von Anfang an nicht auf die Liste gesetzt.«
    »Mein Kandidat ist der Kerl rechts neben ihm, nicht allzu alt, sein Bart nicht halb so ein Durcheinander wie bei den anderen Kriegern. Er hat mich ständig beobachtet, und zwar mein Gesicht, nicht meine Schwerthand, wie die anderen Männer um ihn herum. Und er hat weder mitgegrölt noch sonst irgendwelche barbarischen Lautäußerungen getan, sondern war still und leise.«
    Woldan nickte. »Gut beobachtet, Hauptmann, aber nicht gut genug.«
    Ich empfand keinen Ärger über seine Einschätzung. Woldan war der mit den scharfen Augen, nur noch übertroffen durch Selur, dessen wacher Blick geschärft war durch die permanente Suche nach Körperöffnungen, an denen er sich vergreifen konnte.
    »Was hast du entdeckt?«
    »Der Mann trug eine lange Tunika, deren Ärmel die Haut bis zur Hand bedeckten. Die anderen Krieger tragen kurze Ärmel, um ihre tollen Muskeln zu zeigen.«
    »Ja. Gut. Er ist etwas zivilisierter. Was habe ich übersehen?«
    »Das hat nichts mit dem Bedürfnis zu tun, ordentlich gekleidet zu sein, Hauptmann. Als er einmal seine Hand erhob, um sich am Kopf zu kratzen, rutschte der Ärmel ein Stück herunter. Auf der Innenseite seines Unterarms erhaschte ich einen Blick auf eine sehr ordentliche Hautmalerei. Sehr kunstvoll, ich denke …«
    »Sag nichts«, unterbrach ich ihn und bemühte mich, nicht allzu grimmig dreinzublicken. »Lass mich raten: ein Familienwappen des Imperiums. Eine der zwölf Familien, um genau zu sein.«
    »Die Levellianer, wenn mich nicht alles täuscht«, ergänzte Woldan und nickte mir zu.
    Mir war dieses sehr wichtige Detail natürlich entgangen. Mein Instinkt hatte mich nicht getäuscht: Der Mann war das Gehirn hinter der Sache. Aber der zentrale Punkt war, dass er wahrscheinlich nicht auf eigene Rechnung arbeitete, sondern höchste Verbindung zum Hofe hatte, der das Imperium regierte, dessen Baron ich war.
    Die Levellianer.
    Ich war so ein Narr. Besser, wenn niemand das Lösegeld zahlte oder mich zu befreien suchte. Ich verdiente es, hier zu versauern, hier in dieser Höhle, abgeschieden von der Welt.
    Woldan sagte nichts. Er wusste, was er von alledem zu halten hatte. Als die mächtigste Adelsfamilie des Imperiums dafür gesorgt hatte, dass ich statt eines klangvollen Herzogtums an den Arsch des Reiches versetzt wurde, war jedem klar gewesen, dass man einen Emporkömmling wie mich in der Nähe des Imperators nicht dulden würde.
    Und offenbar war man bereit, noch viel weiter zu gehen.
    Ich hatte nicht einmal geahnt, als was für eine große Bedrohung ich von den Levellianern und ihren Verbündeten angesehen wurde. Es würde wahrscheinlich nichts nützen, ihrem Spross zu erklären, dass ich weder nach dem Thron des Imperators strebte noch die Absicht hatte, ein Gemetzel an ihrer ganzen Familie zu beginnen. Man würde mir nicht glauben, dass ein Gegner der großartigen Familie nicht so skrupellos und machtgierig war wie sie selbst.
    Ich musste mir etwas einfallen lassen.
        
     

10   Der Weg nach oben
     
    Man gab uns etwas zu essen – nicht viel – und wir bekamen regelmäßig Wasser. Man hielt uns fern von den Bürgern Felsdoms. Und die Höhle leerte sich, als ein großer Trupp Krieger abrückte, wahrscheinlich, um die Siedlung vollständig auszuplündern. Neben den zurückgebliebenen Wachen beobachtete auch der junge Endo unser Tun mit großer Aufmerksamkeit. Er trug nun wieder die Kleidung seiner eigenen Leute, inklusive einer losen Fellweste, und schien sich immer noch über den Erfolg seiner schauspielerischen Fähigkeiten zu freuen. Hin und wieder nickte ich ihm freundlich zu und lächelte. Das wirkte irritierend auf ihn. Er suchte nicht das Gespräch mit uns. Wahrscheinlich war da doch ein winziges bisschen Scham in ihm, nicht zuletzt deswegen, weil wir ihn sehr ordentlich und anständig behandelt hatten. Zweimal brachte er uns eine große Schüssel mit einer Art Brei, aber auch Woldans Versuche, mit ihm ins Gespräch zu kommen, scheiterten.
    Die Bürger Felsdoms betrachteten uns eher scheu, aber nicht feindselig. Sie hatten schnell mitbekommen, wer wir waren und dass wir im gleichen Boot saßen. Nun, nicht ganz im gleichen: Denn im Gegensatz zu meinem schönen Turm

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