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Ein Lord zu Tulivar (German Edition)

Ein Lord zu Tulivar (German Edition)

Titel: Ein Lord zu Tulivar (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van den Boom
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nicht mehr als 15 Männer zugegen. Die Bewohner von Felsdom, so war mir bewusst, hätten diese »Streitmacht« mit einem kühnen Angriff selbst überwältigen können, trotz der Fußfesseln. Dass sie es nicht gewagt hatten, sagte einiges darüber aus, wie ängstlich und zögerlich sie geworden waren. Armut und Entbehrung gebar manchmal den Mut der Verzweiflung, doch mit den eigenen Kindern und Frauen im Weg, auf engem Raum, gegen erfahrene und gut bewaffnete Krieger …
    Ich hatte wohl leicht reden.
    Die beiden Wachposten machten es sich in ihrer Ecke gemütlich. Es dauerte keine halbe Stunde, da waren sie friedlich entschlummert, wie man dem Schnarchen entnehmen konnte. Wir hatten derweil unsere albernen Fußfesseln gelöst. Da wir niemanden überraschen mussten, war dafür genug Zeit, obgleich die Knoten sehr ordentlich waren. Lorkos war mittlerweile auch wieder bei uns, hatte sich den Tag über noch ausgeruht, uns aber dann versichert, wieder voll einsatzbereit zu sein. Er war es, der zu den Felsdomlern schlich und begann, ihnen dabei zu helfen, wiederum ihre Fußfesseln zu lösen. Dort dauerte es etwas länger und verlief auch nicht ganz so leise, also war dies der Zeitpunkt, an dem wir zuschlagen mussten.
    Mit wenigen Schritten hatten wir die Höhle durchmessen. Die beiden Schlafenden taten mir fast leid, aber wirklich nur fast. Woldan und Estibar überwältigten sie mit einem beherzten, wohlüberlegten Angriff. Sie hielten ihnen den Mund zu, drückten ihnen die Luft ab, bis die Männer bewusstlos zusammensackten, und ließen erst dann von ihnen ab. Ich verspürte keine besondere Mordlust. Wenn es sich vermeiden ließ, würde ich keine sinnlosen Tötungen in Auftrag geben. Es würde heute Nacht noch genug Blut fließen.
    Schnell hatten wir uns bewaffnet. Auch Lorkos stieß zu uns und nahm Kettenwams, Schwert und Helm in Empfang. Estibar fand unsere Satteltaschen und stopfte sich eine Wasserflasche und Zwieback in die Taschen. Unsere Notvorräte hatten die Krieger nicht angerührt. Also befahl ich den Männern, die Rucksäcke hervorzuholen und mit allem zu füllen, was sich leicht transportieren ließ. Wir verloren etwas Zeit damit, aber die Sache war es wert.
    Woldan nahm seine Position am Gangende ein, von dort würden die anderen Krieger kommen. Seinen Bogen hielt er gesenkt, jederzeit bereit, die Sehne zu spannen. Er hatte reichlich Pfeile griffbereit. Lorkos blieb bei ihm, das Schwert gezückt, sollte doch ein Krieger durchbrechen und den Nahkampf suchen. Der Rest eilte nun zu den anderen Gefangenen. Mittlerweile machte das Lösen der Fesseln schon etwas Lärm. Vor allem die Kinder, ohnehin quengelig, weil man sie mitten in der Nacht geweckt hatte, waren keine große Hilfe. Dann verschwanden Delia und Estibar als Erste durch den Felsspalt. Schnell entwickelte sich ein steter Strom an Flüchtlingen.
    Es hatte begonnen.
    Als ein Kind stolperte und aufschrie, wusste ich, dass wir jede Hoffnung auf eine unerkannte Flucht fahren lassen konnten.
    »Woldan!«
    Doch meine Warnung war unnötig. Der Bogenschütze hatte seine gespannte Waffe auf den dunklen Schlund des Ganges gerichtet, grob orientiert an der fahlen Lampe in der Biegung. Schon hörte man das Fluchen und hektische Getrappel der Füße. Jeden Augenblick …
    Ein Pfeil schnellte von der Sehne, durchmaß die wenigen Meter bis zur Biegung und durchstieß die Brust eines Kriegers. Er prallte mit dem Rücken an die Wand, der Blick bereits gebrochen, und rutschte kraftlos zu Boden. Zwei weitere Männer stürmten voran, getrieben von ihrem eigenen Schwung. Woldans Waffe sprach erneut, die Sehne schnellte zurück, ein Pfeil hämmerte in die Stirn eines Kriegers, der stolperte und fiel zu Boden. Der zweite Mann hob sein Schwert und grölte etwas, ehe ihn ein Pfeil in der Kehle zum Verstummen brachte. Er gurgelte, hielt den Schaft umklammert, taumelte nach vorne, direkt in Lorkos’ Klinge, die seinem Leiden ein schnelles und barmherziges Ende setzte.
    Für einen Moment blieb es ruhig. Die verbliebenen Krieger hatten zweifelsohne erkannt, dass das weitere Vorgehen einer genaueren Planung bedurfte. Uns war das nur recht. Wir schoben im Hintergrund weitere Flüchtlinge durch die verborgene Spalte. Der Gang dahinter war so eng, dass jede Verzögerung, jedes Stolpern sich fatal auf die Geschwindigkeit auswirkte, mit der wir die Höhle leeren konnten. Ich zog meine Klinge, stellte mich neben Lorkos. Der letzte noch verbliebene meiner Männer, ein Hüne mit Namen

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