Ein Lotterie-Loos
der Zeitpunkt herannaht, wo diese Wünsche sich verwirklichen sollen.
– Ich weiß es, Joël.
– Wahrlich, ich hätte Dich für stärker gehalten, liebe Schwester, ja, für entschlossener! Bedenke doch, Du hast kaum einen Brief erhalten, in dem Ole Dir mittheilt, daß der »Viken« im Laufe eines Monats zurück sein werde, und Du setzest Dir solche Sorgen in den Kopf!
– Nein, sie wohnen im Herzen, lieber Joël.
– Nun haben wir schon den 19. April, fuhr Joël fort. Ole muß zwischen dem 15. und 20. Mai heimkehren; da scheint es mir wirklich nicht zu zeitig, mit den Vorbereitungen zu Eurer Hochzeit zu beginnen.
– Denkst Du schon daran, Joël?
– Ob ich daran denke, Hulda! Ich meine sogar, wir kommen damit etwas zu spät. Ueberlege Dir nur! Es handelt sich um eine Hochzeit, die nicht nur Dal allein, sondern auch alle benachbarten Gaards in freudige Bewegung setzen wird. Ich erwarte, daß dieselbe sehr schön ausfällt, und werde es mir angelegen sein lassen, dazu mitzuwirken.«
Eine Feierlichkeit dieser Art ist nämlich in Norwegen im Allgemeinen und in Telemarken insbesondere keine Kleinigkeit; nein, diese geht nie ohne einiges Geräusch von Statten.
Noch denselben Tag hatte Joël über diese Frage also ein Gespräch mit seiner Mutter, und zwar sehr kurz, nachdem Frau Hansen durch das Zusammentreffen mit dem Manne, der ihr den demnächstigen Besuch Sandgoïst’s von Drammen ankündigte, recht peinlich überrascht worden war. Sie hatte sich in dem bequemen Lehnstuhle in der großen Stube niedergesetzt und drehte, in Gedanken versanken, mehr mechanisch das Spinnrad. Joël erkannte sofort, daß seine Mutter ungewöhnlich bedrückt erschien, doch da sie auf jede Frage nach der Ursache ihrer Verstimmung nur mit einem
: »
Es ist nichts!« antwortete, so glaubte ihr Sohn wegen der Hochzeit Huldas mit ihr reden zu können.
»Du weißt, liebe Mutter, begann er, daß Ole uns in seinem letzten Schreiben seine hoffentlich baldige Rückkehr nach Telemarken angemeldet hat, wo er schon nach wenigen Wochen einzutreffen gedenkt.
– Das wäre ja zu wünschen, erwiderte Frau Hansen, und möge ihm jede Verzögerung erspart bleiben!
– Hättest Du irgend etwas einzuwenden, wenn wir die Hochzeit auf den 25. Mai festsetzten?
– Wenn Hulda damit einverstanden ist, ganz und gar nichts.
– Sie hat schon ihre Zustimmung so gut wie erklärt. Und nun frage ich Dich, liebe Mutter, ob es nicht auch Deine Absicht ist, diesen Tag recht ordentlich zu feiern.
– Was verstehst Du unter recht ordentlich feiern? fragte Frau Hansen, ohne die Augen von ihrem Spinnrade zu erheben.
– Nun, ich verstehe darunter – natürlich Deine Einwilligung vorausgesetzt – daß die Ceremonie unserer Stellung im Bezirk entsprechend veranstaltet wird. Wir müssen dazu alle Bekannten einladen, und sollte unser Haus für die Gäste alle nicht ausreichen, so werden die Nachbarn gern bereit sein, diese einmal aufzunehmen.
– Wen denkst Du Dir denn als Gäste?
– O, ich meine, wir müßten doch alle unsere Freunde aus Moel, aus Tineß und Bamble einladen, und das würde ich schon besorgen. Ich bilde mir auch ein, die Anwesenheit der Gebrüder Help, der Rheder aus Bergen, könnte unserer Familie nur zur Ehre gereichen und – ich wiederhole, mit Deiner Zustimmung – würde ich Ihnen anbieten, einen Tag in Dal zuzubringen. Es sind brave Leute, welche Ole herzlich lieben, und ich bin überzeugt, daß sie die Einladung annehmen werden.
– Ist es denn nothwendig, warf Frau Hansen ein, daß wir die Hochzeit mit so großem Aufwande feiern?
– Ich glaub’ es, Mutter, und es scheint mir schon allein angezeigt im Interesse unseres Gasthauses hier in Dal, das doch, so viel ich weiß, seit dem Tode des Vaters an Werth und Ansehen nicht verloren hat.
– Nein… Joël… nein!
– Ist es nicht gerade unsere Pflicht, es wenigstens in demselben Zustande zu erhalten, wie er es hinterlassen hat? Wenn das der Fall ist, halte ich es auch für nützlich, der Hochzeit meiner Schwester etwas äußeren Glanz zu verleihen.
– Nun ja, Du hast Recht, Joël.
– Und ist es dann nicht Zeit, daß Hulda sich mit den nöthigen Vorbereitungen beschäftigt, damit von ihrer Seite keine Verzögerung eintritt? Was meinst Du dazu, liebe Mutter?
– Du und Hulda, Ihr mögt für Alles sorgen, was Ihr für nöthig haltet«… antwortete Frau Hansen.
Nach Obigem gewinnt es vielleicht den Anschein, als ob Joël etwas zu sehr drängte, während es richtiger gewesen wäre,
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