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Ein Lotterie-Loos

Ein Lotterie-Loos

Titel: Ein Lotterie-Loos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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ist aber viel Geld! Sieben und eine halbe Mark für eine Nacht und zwei Mahlzeiten?
    – Es bezieht sich auch auf den Skydskarl und das Pferd.
    – Thut nichts, ich finde es theuer; so freilich wundert es mich nicht, daß Sie in diesem Hause gute Geschäfte machen!
    – Sie sind gar nichts schuldig!« ließ sich da Frau Hansen mit so gedämpfter Stimme vernehmen, daß man sie fast gar nicht hörte.
    Sie hatte eben das Buch aufgeschlagen und den eingeschriebenen Namen gelesen. Schnell ergriff sie darauf die Rechnung, zerriß diese und sagte noch einmal:
    »Sie sind uns gar nichts schuldig!
    – Das dächte ich auch!« antwortete der Reisende.
    Und ohne Lebewohl zu sagen, so wenig, wie er bei der Ankunft guten Tag gesagt, bestieg er den Schußkarren, während der Bursche hinter ihm auf den Tritt sprang. Einige Augenblicke später war er schon hinter einer Wendung der Straße verschwunden.
    Als Hulda das Buch geöffnet hatte, fand sie nur den Namen:
    »Sandgoïst aus Drammen.«
VII.
    Es war am Nachmittag des folgenden Tages, wo Joël nach Dal zurückkehren wollte, nachdem er den Touristen, dem er als Führer gedient, nach der Straße, die durch Hardanger geht, gebracht hatte.
    Hulda, welche wußte, daß ihr Bruder vom Gusta längs des linken Ufers des Maan zurückkommen würde, war ihn zu erwarten nach der Stelle gegangen, wo man gewöhnlich über den ungestümen Wasserlauf setzte. Dort ließ sie sich auf der kleinen Landungsbrücke nieder, welche zum Anlegen der Fähre errichtet ist, und überließ sich ihren trüben Gedanken. Zu der lebhaften Unruhe, die ihr das Ausbleiben des »Viken« erweckte, gesellte sich jetzt noch eine andere große Angst. Diese Angst entsprang dem Besuche jenes Sandgoïst und dem Benehmen ihrer Mutter gegen denselben. Warum hatte diese, sobald sie seinen Namen erfuhr, die Rechnung zerrissen und sich geweigert, anzunehmen, was ihr mit Recht zukam? Hier lag ein Geheimniß und gewiß ein sehr ernstes zu Grunde.
    Durch das Eintreffen Joëls wurde Hulda endlich aus ihrem Nachsinnen wachgerufen; sie gewahrte ihn schon, als er den Bergabhang herunterkam. Bald erschien er inmitten einer beschränkten Lichtung unter niedergeschlagenen oder stellenweise abgebrannten Bäumen; bald verschwand er wieder unter dem dichten Gezweig von Fichten, Birken und Buchen, mit denen die Bergwand bekleidet ist. Endlich erreichte er das jenseitige Ufer und sprang in die kleine Fähre. Mit wenigen kräftigen Ruderschlägen hatte er den Wirbel des rauschenden Wasserlaufs durchschnitten, sprang auf das Ufer hinauf und befand sich neben seiner Schwester.
    »Ist Ole gekommen?« fragte er.
    An Ole dachte auch er zuerst. Seine Frage blieb jedoch ohne Antwort.
    »Kein Brief von ihm?
    – Nein, keiner!«
    Hulda drangen Thränen aus den Augen.
    »Nein, rief da Joël, weine nicht, liebe Schwester, weine nicht!… Du thust mir zu weh!… Ich kann Dich nicht weinen sehen!… Sieh einmal, Du sagst: »Kein Brief!« Ich gebe ja zu, daß das allmählich beunruhigend wird, doch zu verzweifeln ist es noch gar kein Grund. Wenn Du willst, begebe ich mich sofort nach Bergen und ziehe dort Erkundigungen ein; ich suche die Herren Gebrüder Help auf; vielleicht haben diese Nachrichten von Neufundland. Könnte der »Viken« nicht in Folge erlittener Beschädigungen in irgend einen Hafen haben einlaufen oder vor dem schlechten Wetter entfliehen müssen? Es steht ja fest, daß der Wind seit einer ganzen Woche schon recht stürmisch weht. Schon mehr als einmal haben Schiffe von Neufundland aus bei Island oder zwischen den Färöern Schutz suchen müssen. Ole hat es ja selbst schon erlebt, als er vor zwei Jahren auf dem »Strenna« fuhr. Man hat eben nicht alle Tage Gelegenheit, einen Brief abzusenden. Ich sage Dir das, ganz wie ich’s mir denke, Schwesterchen. Fasse Dich! Beruhige Dich! Wenn Du mich auch zum Weinen bringst, was soll dann aus uns werden?
    – Ach, der Kummer überwältigt mich doch!
    – Hulda… Hulda… Verlier’ den Muth nicht!… Ich versichere Dich, daß ich noch lange nicht verzweifle!
    – Darf ich Dir glauben, Joël?
    – Ob Du das kannst! Doch willst Du, um Deiner Beruhigung willen, daß ich nach Bergen aufbreche… morgen früh… oder noch heut’ Abend…?
    – Ich will nicht, daß Du mich allein läßt!… Nein!… Das will ich nicht!« antwortete Hulda, die sich an ihren Bruder klammerte, als ob sie in der Welt Niemand außer ihm habe.
    Beide schlugen den Weg nach dem Gasthause ein. Es hatte jedoch wieder zu regnen

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