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Ein Lotterie-Loos

Ein Lotterie-Loos

Titel: Ein Lotterie-Loos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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sich gar nicht unmittelbar an sie gewendet hatte, doch Joël hielt sie davon ab.
    »Ehe ich dem Herrn Sandgoïst antworte, sagte er, möchte ich ihn fragen, ob er weiß, wem jenes Loos eigentlich gehört.
    – Nun, der Hulda Hansen, meine ich doch.
    – Richtig, dann sollte er die Frage, ob sie sich von demselben zu trennen geneigt ist, doch auch dieser vorlegen.
    – Aber, Joël!… rief Frau Hansen.
    – Lass’ mich ausreden, Mütterchen, fuhr ihr Sohn fort. Gehörte dieses Loos nicht völlig rechtmäßig unserem Vetter Ole Kamp, und hatte Ole Kamp dann nicht das Recht, es seiner Braut gleichsam zu vermachen?
    – Unbestreitbar, antwortete Sandgoïst ungefragt.
    – So muß er sich also an Hulda Hansen wenden, wenn er’s erlangen will.
    – Zugegeben, Herr Silbenstecher, erwiderte Sandgoïst. Ich ersuche hiermit also Hulda, mir das von Ole Kamp erhaltene Loos mit der Nummer 9672 abzutreten.
    – Herr Sandgoïst, erklärte das junge Mädchen mit fester Stimme, es sind mir für dieses Loos schon viele Anerbietungen gemacht worden, aber alle vergeblich. Auch Ihnen muß ich ganz so antworten, wie ich bisher geantwortet habe. Wenn mein Verlobter mir dieses Loos mit seinen letzten Abschiedsworten gesendet hat, ist seine Absicht dahin gegangen, daß ich es für mich behalten, aber nicht verkaufen solle. Ich kann mich desselben also um keinen Preis entäußern.«
    Nach diesen Worten wollte Hulda sich schon zurückziehen in der Meinung, daß dieses Gespräch, so weit es sie selbst anging, mit ihrer unzweideutigen Weigerung beendet sei. Auf einen Wink ihrer Mutter blieb sie jedoch noch da.
    Frau Hansen hatte eine etwas verächtliche Bewegung gemacht, und aus dem Stirnrunzeln und den wetterleuchtenden Augen Sandgoïst’s erkannte man, daß der Zorn in ihm aufzulodern drohte.
    »Ja, bleiben Sie, Hulda, sagte er. Das kann nicht Ihr letztes Wort gewesen sein, und wenn ich auf meinem Verlangen beharre, geschieht es, weil ich ein unumstößliches Recht dazu habe. Ich denke übrigens, ich werde mich falsch ausgedrückt haben oder Sie haben mich mindestens falsch verstanden. Es versteht sich ja von selbst, daß die Gewinnaussichten dieses Looses nicht deshalb gewachsen sind, weil ein Schiffbrüchiger dasselbe in eine Flasche eingeschlossen und irgend ein Anderer diese glücklicher Weise aufgefunden hat. Mit den Anschauungen der großen Menge ist aber gar nicht zu rechnen, und es unterliegt keinem Zweifel, daß viele Leute gerade jenes Loos zu besitzen wünschen. Sie haben schon Kaufgebote darauf gethan und werden noch mehr thun. Ich wiederhole, die Sache bekommt damit die Bedeutung eines Geschäftes, und ein solches wollte ich Ihnen vorschlagen.

    – Sie werden aber einige Mühe haben, sich darüber mit meiner Schwester zu verständigen, mein Herr, bemerkte Joël ironisch; wenn Sie ihr von einem Geschäfte sprechen, spricht sie dabei nur von einem Gefühl.
    – Das sind leere Worte, junger Mann, antwortete Sandgoïst, und wenn ich mich erst vollständig erklärt habe, werden Sie einsehen, daß das, was mir ein gutes Geschäft für mich dünkt, auch für sie selbst als solches erscheint. Ich bemerke hierzu noch, daß es das Nämliche sogar für Frau Hansen werden würde, die dabei unmittelbar betheiligt ist.«
    Joël und Hulda sahen sich an. Sollten sie jetzt vernehmen, was ihre Mutter ihnen bisher verheimlicht hatte?
    »Lassen Sie mich fortfahren, sagte Sandgoïst. Ich habe nicht verlangt, daß dieses Los mir um denselben Preis abgetreten werde, den es Ole Kamp gekostet hat. Nein, ob mit Recht oder Unrecht, jedenfalls hat es zur Zeit einen gewissen Handelswerth erlangt, und deshalb bin ich auch zu einem Opfer bereit, um mir seinen Besitz zu sichern.
    – Sie hörten jedoch schon, entgegnete Joël, daß Hulda selbst alle höheren Angebote, als Sie ihr eines machen würden, rundweg abgeschlagen hat.
    – Wahrhaftig! rief Sandgoïst. Höhere Angebote! Was wissen Sie davon?
    – Gleichgiltig, welche Summe sie erreichten; meine Schwesten lehnt dieselben ab, und ich stimme ihr darin völlig bei.
    – Oho, habe ich hierbei mit Joël oder Hulda Hansen zu thun?
    – Meine Schwester und ich, wir sind nur eine Person, antwortete Joël. Merken Sie sich das, mein Herr, wenn Sie es noch nicht wissen!«
    Ohne dadurch aus der Fassung zu kommen, zuckte Sandgoïst nur mit den Achseln. Dann fuhr er wie Einer, der seiner Beweisgründe sicher ist, fort:
    »Wenn ich von einem Preise für das betreffende Lotterie-Loos sprach, hätte ich wohl dazu

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