Ein Lotterielos. Nr. 9672
wäre, ohne dir wenigstens etwas
von seinem Geheimnis mitzuteilen, ist ja ganz unglaub-
lich!«
»Hat er dir ein Wort davon gesprochen, Joel?« antwor-
tete Hulda.
»Nein, Schwester; ich bin auch nicht du.«
»Doch, du bist ich, Bruder.«
»Ich bin nicht die Braut von Ole.«
»Beinah doch«, erklärte das junge Mädchen, »denn
wenn ihm ein Unfall zustieße, wenn er von dieser Fahrt
nicht zurückkehrte, würdest du dich davon getroffen füh-
len, wie ich, und deine Tränen würden ebenso fließen, wie
die meinigen.«
»Aber, Schwesterchen, nein«, entgegnete Joel, »solche
Gedanken solltest du dir nicht machen! Ole nicht zurück-
kommen von dieser letzten Fahrt auf die Hochseefischerei!
Sprichst du wirklich im Ernst, Hulda?«
»Nein, gewiß nicht, Joel! Und doch . . . Ich weiß nicht . . .
mich foltern gewisse Ahnungen . . . böse Träume!«
»Träume, liebe Hulda, sind weiter nichts als Träume.«
»Ja freilich, doch woher kommen sie?«
»Aus uns selbst und nicht etwa von oben. Du hast aber
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Angst, und diese Angst ist es, die dich auch im Schlaf be-
drückt. So geschieht es ja fast immer, wenn man etwas recht
lebhaft wünscht und der Zeitpunkt herannaht, wo diese
Wünsche sich verwirklichen sollen.
»Ich weiß, Joel.«
»Wahrlich, ich hätte dich für stärker gehalten, liebe
Schwester, ja, für entschlossener! Bedenke doch, du hast
kaum einen Brief erhalten, in dem Ole dir mitteilt, daß die
›Viken‹ im Laufe 1 Monats zurück sein werde, und du set-
zest dir solche Sorgen in den Kopf !«
»Nein, sie wohnen im Herzen, lieber Joel.«
»Nun haben wir schon den 19. April«, fuhr Joel fort. »Ole
muß zwischen dem 15. und 20. Mai heimkehren; da scheint
es mir wirklich nicht zu zeitig, mit den Vorbereitungen zu
Eurer Hochzeit zu beginnen.«
»Denkst du schon daran, Joel?«
»Ob ich daran denke, Hulda! Ich meine sogar, wir kom-
men damit etwas zu spät. Überleg dir nur! Es handelt sich
um eine Hochzeit, die nicht nur Dal allein, sondern auch
alle benachbarten Gaards in freudige Bewegung setzen
wird. Ich erwarte, daß sie sehr schön ausfällt, und werde es
mir angelegen sein lassen, dazu mitzuwirken.«
Eine Feierlichkeit dieser Art ist nämlich in Norwegen im
allgemeinen und in Telemarken insbesondere keine Klei-
nigkeit; nein, sie geht nie ohne einiges Aufsehen vonstat-
ten.Noch denselben Tag hatte Joel über diese Frage also ein
Gespräch mit seiner Mutter, und zwar sehr kurz, nachdem
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Frau Hansen durch das Zusammentreffen mit dem Mann,
der ihr den demnächstigen Besuch Sandgoists von Dram-
men ankündigte, recht peinlich überrascht worden war. Sie
hatte sich in dem bequemen Lehnstuhl in der großen Stube
niedergesetzt und drehte, in Gedanken versunken, mehr
mechanisch das Spinnrad.
Joel erkannte sofort, daß seine Mutter ungewöhnlich be-
drückt erschien, doch da sie auf jede Frage nach der Ur-
sache ihrer Verstimmung nur mit einem: »Es ist nichts!«
antwortete, so glaubte ihr Sohn wegen der Hochzeit Huldas
mit ihr reden zu können.
»Du weißt, liebe Mutter«, begann er, »daß Ole uns in sei-
nem letzten Schreiben seine hoffentlich baldige Rückkehr
nach Telemarken gemeldet hat, wo er schon nach wenigen
Wochen einzutreffen gedenkt.«
»Das wäre ja zu wünschen«, erwiderte Frau Hansen,
»und möge ihm jede Verzögerung erspart bleiben!«
»Hättest du irgend etwas einzuwenden, wenn wir die
Hochzeit auf den 25. Mai festsetzten?«
»Wenn Hulda damit einverstanden ist, ganz und gar
nichts.«
»Sie hat schon ihre Zustimmung so gut wie erklärt. Und
nun frage ich dich, liebe Mutter, ob es nicht auch deine Ab-
sicht ist, diesen Tag recht ordentlich zu feiern.«
»Was verstehst du unter recht ordentlich feiern?« fragte
Frau Hansen, ohne die Augen von ihrem Spinnrad zu er-
heben.
»Nun, ich verstehe darunter – natürlich deine Einwilli-
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gung vorausgesetzt – daß die Zeremonie unserer Stellung
im Bezirk entsprechend veranstaltet wird. Wir müssen dazu
alle Bekannten einladen, und sollte unser Haus für alle
Gäste auch nicht ausreichen, so werden die Nachbarn gern
bereit sein, diese einmal aufzunehmen.«
»Wen denkst du dir denn als Gäste?«
»O, ich meine, wir müßten doch alle unsere Freunde aus
Moel, aus Tiness und Bamble einladen, und das würde ich
schon besorgen. Ich bilde mir auch ein, die Anwesenheit
der Gebrüder Help, der Reeder aus Bergen, könnte unserer
Familie nur zur Ehre
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