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Ein Lotterielos. Nr. 9672

Ein Lotterielos. Nr. 9672

Titel: Ein Lotterielos. Nr. 9672 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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freilich
    das Gold nur in ganz dünnen Blättchen vorkommt, das Sil-
    ber durch Verzinnung ersetzt, das Geschmeide nur dünn
    gepreßt ist, und wo die Perlen aus geblasenem Glas und die
    Diamanten aus billigem Kristall bestehen. Nichtsdestowe-
    niger mußte das Auge durch den Gesamteindruck befrie-
    digt werden. Wenn es notwendig wurde, besann sich Sigrid
    dazu gewiß keinen Augenblick, die reichen Magazine des
    Herrn Benett in Christiania zu besuchen, um dort ihre Ein-
    käufe zu machen. Ihr Vater erhob dagegen sicherlich keinen
    Einspruch; im Gegenteil! Der vortreffliche Mann ließ seine
    Tochter gern gewähren. Andererseits war Sigrid vernünftig
    genug, die väterliche Börse nicht übermäßig in Anspruch
    zu nehmen. Die Hauptsache bei allem war ihr ja nur, an
    dem betreffenden großen Tag Joel in bestem Licht zu er-
    scheinen.
    Für Hulda war diese Frage nicht minder ernst. Die Mode
    ist nun einmal eine unerbittliche Tyrannin und bereitet den
    Bräuten bezüglich der Wahl ihrer Toilette manche heim-
    liche Qual.
    Hulda mußte nun die langen, bändergeschmückten
    Flechten, die sonst unter ihrem Mützchen herabfielen, an-
    ders ordnen und mußte den breiten, mit Schloß versehenen
    Gürtel ablegen, der gleichzeitig die Schürze über dem schar-
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    lachfarbenen Rock festhält. Sie sollte später nicht mehr das
    dreieckige Verlobungstuch tragen, das Ole ihr vor seiner
    Abreise geschenkt, noch die Schnur, an der die kleinen ge-
    stickten Ledersäckchen hingen, in denen ein silberner Löf-
    fel mit kurzem Handgriff, ein Messer, eine Gabel und ein
    Nadeletui aufbewahrt werden, da das Gegenstände sind, die
    eine Frau in ihrem Haus jede Minute braucht.
    Nein; gleich nach dem Hochzeitstag sollte Huldas Haar
    frei auf ihre Schultern herabfallen, und dieses war so reich-
    lich, daß sie gewiß nicht nötig hatte, falsche Haare aus Lei-
    nenfasern dazwischenzumengen, wie das die von der Na-
    tur weniger begünstigten jungen Norwegerinnen so häufig
    tun. Was die eigentliche Kleidung und den Schmuck betraf,
    so brauchte Hulda freilich nur aus der Truhe ihrer Mutter
    zuzulangen. Gewisse Einzelheiten der Brauttoilette werden
    nämlich in ein und derselben Familie von Generation zu Ge-
    neration weitervererbt. So sieht man zum Beispiel stets wie-
    der das goldgestickte Leibchen, den Samtgürtel, den Rock
    aus einfarbiger oder bunter Seide, die »Wadmel«-Strümpfe,
    die goldene Halskette und die Brautkrone – jene berühmte
    skandinavische Krone, die in der besten Truhe sorgsam
    aufbewahrt wird, eine prächtige, vergoldete Papparbeit von
    ziemlicher Höhe, die dicht mit Sternen besetzt und mit Blät-
    terschmuck verziert ist, und die den Myrtenkranz oder ein
    anderes dementsprechendes Symbol in anderen Ländern
    Europas ersetzt. Sicherlich mußte dieser strahlende Heili-
    genschein mit seinen zarten Filigranarbeiten, dem tönen-
    den Gehänge und den farbigen Glasperlen daran das hüb-
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    sche Gesicht Huldas in vorteilhaftester Weise einrahmen.
    Die »gekrönte Braut«, wie man dortzulande sagte, mußte
    dem jungen Gatten Ehre machen. Aber auch er sollte ihrer
    würdig erscheinen im glitzernden Hochzeitsstaat – in der
    kurzen Jacke mit dicht aneinanderstehenden Silberknöp-
    fen, dem wohlgestärkten, gerade emporstehenden Hemd-
    kragen, dem mit Seidenstickerei geränderten Brustlatz,
    den engen, an den Knien durch wollige Ballen gehaltenen
    Beinkleidern, den weichen Kniestrümpfen, gelblichen Stie-
    feln, und am Gürtel, in der Lederscheide steckend, mit dem
    skandinavischen Messer, dem »Dolknif«, mit dem der echte
    Norweger stets ausgerüstet ist.
    Unter derartigen Beschäftigungen verstrichen die letz-
    ten Wochen des April und die ersten des Mai.
    Die Besorgung der Einladungen hatte sich Joel angele-
    gen sein lassen, da ihm sein Geschäft als Führer in dieser
    Jahreszeit noch einige freie Zeit ließ. Vor allem in Bamble
    schien er sehr viele Freunde und Bekannte zu haben, denn
    dahin begab er sich besonders häufig; und wenn er nicht
    selbst nach Bergen gegangen war, um die Herren Gebrüder
    Help einzuladen, so hatte er diesen wenigstens geschrieben.
    Wie er vorausgesetzt, hatten die beiden Herren umgehend
    und freudig zugesagt, der Hochzeit Ole Kamps, des jungen
    Steuermanns von der ›Viken‹ beizuwohnen.
    Inzwischen war der 15. Mai herangekommen. Von Tag
    zu Tag konnte man also erwarten, Ole aus dem Schußkar-
    ren steigen, die Tür öffnen zu sehen und ihn rufen zu hö-
    ren:
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