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Ein Lotterielos. Nr. 9672

Ein Lotterielos. Nr. 9672

Titel: Ein Lotterielos. Nr. 9672 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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meinen Freund Help junior in Bergen schrei-
    ben!«
    Die Geschwister verließen das Zimmer im Erdgeschoß,
    von dem der Professor zu sagen liebte, daß er es in Erbpacht
    nehmen wolle, und gingen wieder mit etwas erneuter Hoff-
    nung an ihre Arbeit.
    Sylvius Hog war allein zurückgeblieben.
    »Das arme Mädchen! Das arme Mädchen!« murmelte
    er; »ja, ich habe einen Augenblick ihren Schmerz hinweg-
    getäuscht, habe ihr einige Beruhigung eingeflößt! Aber es
    ist doch eine sehr lange Verzögerung und in jenen Meeren,
    die zu dieser Jahreszeit genug Schrecken bieten . . . Wenn die
    ›Viken‹ doch untergegangen wäre? Wenn Ole nicht mehr
    heimkehren sollte!«
    Schon in der nächsten Minute schrieb der Professor an
    die Reeder in Bergen; in seinem Brief ersuchte er sie um
    möglichst eingehende Benachrichtigung über alles, was mit
    der ›Viken‹ und mit ihrer Fahrt auf den Fischfang zusam-
    menhing, er wünschte Auskunft darüber, ob irgendein vor-
    hergesehener oder unvorhergesehener Umstand diese ver-
    anlaßt haben könne, einen anderen Hafen anzulaufen. Vor
    allem kam es ihm darauf an, zu erfahren, wie die Kaufherren

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    und Seeleute von Bergen sich diese Verzögerung erklärten.
    Endlich bat er seinen Freund Help junior, die sorgfältigsten
    Erkundigungen einzuziehen und ihm mit dem rückkehren-
    den Postboten Nachricht zukommen zu lassen.
    Dieser so dringliche Brief belehrte den Empfänger auch,
    warum Sylvius Hog an dem jungen Steuermann der ›Viken‹
    so warmen Anteil nahm, und für welchen Dienst er seiner
    Verlobten verpflichtet sei, auch welche Freude es für ihn
    sein würde, den Kindern von Frau Hansen einige Aufklä-
    rung geben zu können.
    Sobald der Brief geschlossen war, besorgte ihn Joel nach
    der Post in Moel, von wo er am nächsten Tag mit abgehen
    sollte. Am 11. Juni würde er in Bergen sein, und am 12. oder
    spätestens am Morgen des 13. konnten sie von Help junior
    eine Antwort in den Händen haben.
    Fast 3 Tage sollten sie auf eine Antwort warten! Wie lang
    würden diese erscheinen! Durch seine tröstlichen Worte,
    seine ermutigenden Gründe gelang es jedoch dem Profes-
    sor, diese Zeit der spannenden Erwartung weniger fühlbar
    zu machen. Jetzt, wo er das Geheimnis Huldas kannte, fehlte
    es ihm ja nie an einem gern gehörten Gesprächsthema, und
    wie viel Trost gewährte es Joel und seiner Schwester, ohne
    Unterlaß von dem Abwesenden reden zu können.
    »Gehöre ich denn jetzt nicht zu eurer Familie?« wieder-
    holte öfters Sylvius Hog. »Ja, als so etwas wie ein Onkel, der
    euch von Amerika aus oder sonstwoher beschert worden
    wäre?«
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    Und weil er eben zur Familie gehörte, konnte man auch
    keine weiteren Geheimnisse vor ihm haben.
    Das Auftreten der beiden Kinder gegen ihre Mutter war
    ihm ja nicht unbemerkt geblieben. Die Zurückhaltung, de-
    ren sich Frau Hansen so auffällig befleißigte, mußte seiner
    Meinung nach noch eine andere Ursache haben als die Un-
    ruhe, in der alle bezüglich Ole Kamps schwebten. Er glaubte
    das also gegen Joel erwähnen zu müssen, doch dieser wußte
    nicht, was er darauf antworten sollte. Er versuchte dann,
    Frau Hansen selbst auszuforschen, diese hielt sich aber so
    verschlossen, daß er darauf verzichten mußte, ihr Geheim-
    nis zu durchdringen. Die Zukunft würde ihm darüber ja
    Aufklärung verschaffen.
    So wie Sylvius Hog es vorausgesehen hatte, traf die Ant-
    wort von Help junior am Morgen des 13. in Dal ein. Joel war
    dem Postboten schon mit Tagesanbruch entgegengegangen;
    er brachte den Brief dann auch nach der großen Stube, in
    der sich der Professor mit Frau Hansen und deren Tochter
    befand.
    Zuerst herrschte eine Minute lang tiefes Schweigen.
    Hulda, die ganz blaß geworden war, hätte jetzt gar nicht
    sprechen können, so heftig klopfte ihr vor Erwartung das
    Herz. Sie hatte die Hand ihres Bruders ergriffen, der übri-
    gens nicht weniger erregt war als sie.
    Sylvius Hog erbrach den Brief und las den Inhalt mit lau-
    ter Stimme vor.
    Zu seinem Bedauern erging sich sein Absender auch nur
    in unbestimmten Andeutungen, und der Professor konnte
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    den jungen Leuten, die ihm mit Tränen in den Augen zu-
    hörten, seine Enttäuschung nicht verhehlen.
    Die ›Viken‹ hatte Saint Pierre Miquelon wirklich zur vo-
    rausbestimmten Zeit verlassen, ganz wie es Ole Kamps letz-
    ter Brief meldete. Das war in zuverlässigster Weise durch
    andere Schiffe bekannt geworden, die seit ihrer Abreise

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