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Ein Lotterielos. Nr. 9672

Ein Lotterielos. Nr. 9672

Titel: Ein Lotterielos. Nr. 9672 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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mir, als ob eure Ungeduld doch etwas übertrie-
    ben wäre. Fern sei es von mir, euch mit unhaltbaren Versi-
    cherungen aufrichten zu wollen, aber es ist doch nicht mehr
    als recht, die Sache so zu betrachten, wie sie liegt.«
    »Ach, Herr Sylvius«, klagte Hulda, »mein armer Ole ist
    doch mit der ›Viken‹ zugrunde gegangen und ich werd’ ihn
    nimmermehr wiedersehen!«
    »Schwester . . . liebste Schwester!« rief Joel bittend, »be-
    ruhige dich und laß Herrn Sylvius sprechen . . .«
    »Und behalten wir ruhiges Blut, liebe Kinder. Seht ein-
    mal, zwischen dem 15. und dem 20. Mai sollte Ole also in
    Bergen wieder eintreffen?«
    »Ja«, sagte Joel, »zwischen dem 15. und dem 20. Mai,
    wie sein Brief uns meldete, und jetzt haben wir schon den
    9. Juni.«
    »Das gibt eine Verzögerung von 20 Tagen über den letz-
    ten für die Rückkehr der ›Viken‹ angenommenen Zeitpunkt
    hinaus. Ich gebe zu, daß das etwas bedeutet; indes darf man
    von einem Segelschiff nicht verlangen, was man von einem
    Dampfer erwarten könnte.«
    »Eben, das hab’ ich Hulda auch gesagt und wiederhole es
    ihr noch immer«, sagte Joel.
    »Und daran tun Sie gut, mein Sohn«, erklärte Sylvius
    Hog. »Außerdem wäre es ja möglich, daß die ›Viken‹ ein
    altes Schiff ist, das, wie die meisten der Neufundlandsfah-
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    rer, besonders wenn sie schwer beladen sind, nur schlecht
    segelt. Andererseits hat auch seit den letzten Wochen recht
    schlimmes Wetter geherrscht. Vielleicht hat Ole nicht ein-
    mal zu der Zeit, welche sein Brief angibt, abfahren können.
    In diesem Fall brauchte er sich nur um 8 Tage verspätet ha-
    ben, so könnte die ›Viken‹ noch gar nicht eingetroffen sein,
    und ihr würdet wahrscheinlich noch einen weiteren Brief
    von ihm zu erwarten haben. Alles, was ich euch hier sage,
    ist, das dürft ihr glauben, das Ergebnis ernstlichen Nach-
    denkens. Wißt ihr übrigens so genau, ob die der ›Viken‹
    mitgegebenen Instruktionen ihm nicht eine gewisse Frei-
    heit des Entschlusses einräumten, je nach dem Bedarf des
    Marktes seine Ladung vielleicht in einem anderen Hafen zu
    löschen?«
    »Das würde Ole mir geschrieben haben«, fiel Hulda ein,
    die sich auch an eine solche Hoffnung nicht zu klammern
    vermochte.
    »Wer beweist, daß er nicht geschrieben hätte?« erwi-
    derte der Professor; »und wenn er es getan hat, dann wäre
    nicht die ›Viken‹ im Verzug, sondern nur das Postschiff von
    Amerika. Nehmt einmal an, Oles Schiff hätte einen Hafen
    der Vereinigten Staaten anlaufen müssen, das erklärte so-
    fort, warum noch kein weiterer Brief von ihm in Europa
    eingelaufen wäre.«
    »In den Vereinigten Staaten, Herr Sylvius?«
    »Das kommt ja manchmal vor, und es reicht dann aus,
    ein Postschiff zu verfehlen, um seine Freunde recht lange
    ohne Nachricht lassen zu müssen. Auf jeden Fall haben wir
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    einen recht einfachen Weg einzuschlagen, nämlich den, bei
    den Reedern in Bergen nähere Erkundigungen einzuziehen.
    Kennt ihr sie?«
    »Ja«, sagte Joel, »es sind die Herren Gebrüder Help.«
    »Gebrüder Help senior Söhne?« rief Sylvius Hog.
    »Ja, dieselben.«
    »Oh, die kenne ich ja auch. Der jüngere Help, Junior, wie
    man ihn nennt, obwohl er schon in meinem Alter ist, ge-
    hört zu meinen besten Freunden. Wir haben in Christiania
    oft genug zusammen gespeist. Gebrüder Help, liebe Kinder!
    Oh, durch diese werde ich sehr bald erfahren, wie es mit der
    ›Viken‹ steht! Noch heut’ werd’ ich an sie schreiben, und
    wenn es nötig würde, suche ich sie selbst persönlich auf.«
    »Wie gut Sie sind, Herr Sylvius!« riefen Hulda und Joel
    gleichzeitig.
    »Ach, keinen Dank, ich bitte euch. Nein, ich verbiete es
    euch. Hab’ ich euch denn gedankt für das, was ihr da drau-
    ßen für mich getan habt? Wie, ich finde kaum eine Gele-
    genheit, euch einen kleinen Dienst zu erweisen, und ihr

macht ein solches Wesen davon!«
    »Sie sprachen aber davon, abzureisen, um nach Christi-
    ania heimzukehren«, bemerkte Joel.
    »Ei was, so fahre ich eben nach Bergen, wenn es unum-
    gänglich ist, dahin zu reisen.«
    »Sie wollten uns aber verlassen, Herr Sylvius«, warf
    Hulda ein.
    »So verlasse ich euch einfach nicht, liebes Kind. Ich bin
    Herr meiner Beschlüsse, denk’ ich, und solange ich diese
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    Angelegenheit nicht ins reine gebracht habe, werd’ ich
    auch – man müßte mir denn hier die Tür weisen . . .«
    »Was sagen Sie da?«
    »Nein, halt, ich habe nicht übel Lust, bis zur

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