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Ein Lotterielos. Nr. 9672

Ein Lotterielos. Nr. 9672

Titel: Ein Lotterielos. Nr. 9672 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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euch vergeht einem die Zeit gar zu ge-
    schwind. Jetzt weile ich schon seit 17 Tagen in Dal.«
    »Wie . . .? 17 Tage?« wiederholte Hulda.
    »Ja, liebes Kind, und das Ende meines Urlaubs rückt he-
    — 128 —
    ran. Ich habe jetzt kaum noch 1 Woche übrig, die geplante
    Reise nach Drammen und Kongsberg auszuführen. Und
    doch verdankt das Storthing eigentlich nur euch, daß ihm
    die Mühe erspart bleibt, meinen Deputiertenplatz mit ei-
    nem Nachfolger zu besetzen, und das Storthing wird eben-
    sowenig wie ich selbst sich darüber klarwerden können, die
    Belohnung . . .«
    »O, Herr Sylvius . . .!« fiel ihm Hulda ins Wort, die ihm
    mit ihrer kleinen Hand den Mund verschließen zu wollen
    schien.
    »Nun ja, Hulda, ich gehorche, es ist mir ja verboten, da-
    von zu sprechen . . . wenigstens hier!«
    »Weder hier, noch sonstwo!« sagte das junge Mädchen.
    »Es sei; in dieser Angelegenheit bin ich eben nicht mein
    eigener Herr und muß mich unterwerfen; doch werden Sie
    und Joel nicht einmal nach Christiania kommen um mich
    zu besuchen?«
    »Sie besuchen, Herr Sylvius?«
    »Nun ja, mich zu besuchen . . . ein paar Tage in meinem
    Haus zu verbringen . . . natürlich zusammen mit Frau Han-
    sen.«
    »Und wenn wir das Gasthaus verlassen, wer sollte es
    dann leiten?«
    »O, das Gasthaus bedarf Eurer, mein’ ich, dann einmal
    nicht mehr, wenn die Reisezeit vorüber ist. Ich denke also,
    mit Ende Herbst müßte sich das ausführen lassen . . .«
    »Herr Sylvius«, antwortete Hulda, »das dürfte doch seine
    Schwierigkeiten haben . . .«
    — 129 —
    »Nein, im Gegenteil, liebe Freunde, das geht ganz leicht.
    Antwortet mir nicht ›Nein!‹, eine Weigerung nehme ich
    nicht an. Und dann, wenn ich euch erst da unten habe, im
    besten Zimmer meines Hauses, neben meiner alten Kate
    und meinem alten, treuen Fink, dann werdet ihr wie meine
    Kinder sein und als solche müßt ihr mir auch sagen, was ich
    vielleicht für euch tun kann.«
    »Was Sie tun könnten, Herr Sylvius?« erwiderte Joel, sei-
    ner Schwester einen Blick zuwerfend.
    »Joel!« rief Hulda, die den Gedanken ihres Bruders er-
    riet.»Sprechen Sie, junger Freund, sprechen Sie offen!«
    »Nun gut, Herr Sylvius, Sie könnten uns eine sehr große
    Ehre erweisen.«
    »Ich? Inwiefern?«
    »Etwas, was Ihnen nicht allzu viel Unbequemlichkei-
    ten auferlegte, Sie könnten der Hochzeit meiner Schwester
    Hulda beiwohnen . . .«
    »Ihrer Hochzeit!« rief Sylvius Hog erstaunt. »Wie, meine
    kleine Hulda will sich verheiraten, und mir hat man kein
    Sterbenswörtchen davon mitgeteilt?«
    »Ach, Herr Sylvius . . .!« seufzte das junge Mädchen, de-
    ren Augen sich mit Tränen füllten.
    »Und wann soll diese Hochzeit stattfinden?«
    »Wann es Gott gefällt, uns Ole, Huldas Bräutigam, wie-
    der heimzuführen!« antwortete Joel.
    — 130 —
    XI.
    Joel erzählte nun die Geschichte Ole Kamps. Sehr ergrif-
    fen von der Schilderung, lauschte ihm Sylvius Hog mit ge-
    spannter Aufmerksamkeit. Jetzt wußte er alles. Er hatte
    eben auch den letzten Brief gelesen, der die Rückkehr Oles
    ankündigte, und Ole kam doch noch immer nicht. Welche
    Unruhe, welche Angst bereitete das der Familie Hansen.
    »Und ich, ich wähnte immer bei ganz glücklichen Men-
    schen zu wohnen«, sagte er für sich.
    Vergegenwärtigte er sich aber alles einzeln, was er gele-
    gentlich beobachtet hatte, so schien es ihm, daß die beiden
    Geschwister sich schon ihrer Verzweiflung überließen, wo
    doch alle Hoffnung noch nicht aufzugeben war. Rechneten
    sie nach den Tagen des Mai und Juni, so gestaltete die Ein-
    bildung ihnen diese Zahl weit größer, so als wenn sie sie
    zweimal gezählt hätten.
    Der Professor nahm sich vor, ihnen darüber andere An-
    sichten beizubringen, und wenn er dazu auch nicht zwin-
    gende Beweisgründe an der Hand hatte, so waren es doch
    ganz beachtenswerte und annehmbare, durch die er ihnen
    das Ausbleiben der ›Viken‹ erklärlich zu machen suchte.
    Immerhin war sein Gesicht recht ernst geworden. Die
    Betrübnisse Huldas und Joels hatten ihn tief ergriffen.
    »Hört mich an, liebe Kinder«, sagte er, »setzt euch neben
    mich und laßt uns den Fall besprechen.«
    »Und was könnten Sie uns zum Trost sagen, Herr Syl-
    vius?« antwortete Hulda, deren Schmerz sie übermannte.
    — 131 —
    »Ich werde euch nur sagen, was ich für richtig halte«, er-
    widerte der Professor, »und das ist folgendes: Ich habe reif-
    lich nachgedacht über alles, was Joel mir mitgeteilt hat, und
    da scheint

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