Ein Lottogewinn und 8 Millionen andere Probleme
Sachen sagte wie: »Ich freu mich total für Lia« oder: »Ich erwarte nicht, dass sie mir jetzt etwas schenkt.« Aber egal. Es hätte schlimmer kommen können.
Die folgenden Tage waren der Wahnsinn. Plötzlichwar ich ein Star. Mum und ich traten im Frühstücksfernsehen auf und plauderten mit allen möglichen bekannten Moderatoren.
Ich wurde von der Daily Mail , vom Daily Telegraph und von Radio 1 interviewt. Jack wollten sie auch interviewen, aber seine Mutter lehnte alle Anfragen ab.
Er schrieb mir eine SMS: Mum ist stinksauer und lässt es an mir aus.
Ich nahm mir vor, mit Gilda zu sprechen. Vielleicht konnte sie ja eine zweite Pressekonferenz organisieren, wenn ich Jack das Motorrad gekauft hatte. Dann wäre seine Mum bestimmt zufrieden und Jack würde sich auch freuen.
Dann würden alle sehen, was ich für ein nettes Mädchen war.
8
Zu viel Aufmerksamkeit ist wie
zu viel Alkohol – man wird beschwipst und
der Verstand setzt aus. Dann braucht man
eine gute Freundin, die auf einen aufpasst.
»Es ist erwiesen, dass ein Lottogewinn unglücklich macht«, verkündete Shazia und sah mich mit ihren braunen Augen todernst an.
»Danke schön, Shaz! Gut zu wissen«, erwiderte ich und schmierte mir einen Toast (Dads Premium-Sorte, vorgeschnitten). Shaz nahm sich einen Apfel aus der Obstschale. Sie war in aller Herrgottsfrühe bei uns aufgetaucht, weil sie mich zur Schule begleiten wollte. Ich hatte noch nicht gefrühstückt, darum setzte sie sich zu mir. Sie war so oft bei uns, dass sie sich wie zu Hause fühlte.
»Sieh mich nicht so an«, sagte sie. »Im Fernsehen gab’s mal eine Dokumentation darüber. Eine Frau hat erzählt, wie sie von ihren Lovern ausgenommen wurde. Sie hatte den Typen lauter Autos und Drogen und so gekauft. Eine ältere Frau hat erzählt, dass ihre Kinder sich total zerstritten haben. Jedes Mal, wenn sie ein Kind finanziell unterstützt hat, fühlten sich die anderen benachteiligt.« Shaz schüttelte den Kopf. »Ich will nicht, dass es dir genauso geht, Lia.«
»Lia passiert so was nicht«, sagte Natasha.
»Eine andere junge Frau hat erzählt, dass sie ein halbes Jahr nach dem Lottogewinn mit ihrem Freund Schluss machen musste. Er kam nicht damit klar, dass sie auf einmal so reich war. Danach hat sie sich auf keinen Mann mehr eingelassen, weil sie dachte, alle hätten es nur auf ihr Geld abgesehen. Mit fünfunddreißig war sie immer noch Single und todunglücklich.«
»Selber schuld«, sagte ich. »Warum hat sie sich so von den Typen abhängig gemacht? Warum hat sie sich nicht einfach ein schönes Haus gekauft und das Leben in vollen Zügen genossen, ganz egal, ob die Männer es ehrlich meinten oder nicht? Dann wäre sie jetzt fünfunddreißig und glücklich.«
Es machte mir immer wieder Spaß, Shazia zu provozieren. Sie guckte dann so schön entsetzt.
»Lia! Wie kannst du bloß so unromantisch sein!«
»Neulich bist du noch dafür eingetreten, dass Ehen von den Eltern arrangiert werden. Ist das etwa romantisch?«
Shaz wurde rot. »Warum nicht?«, erwiderte sie dann trotzig. »Meine Tante hat mir erzählt, dass sie sich bei der ersten Begegnung mit ihrem Verlobten sofort …«
Aber Natasha unterbrach sie und rief: »Hey Shaz, Lia hat einen Freund!«
»Wie bitte? « Shaz klang so erstaunt, dass ich mich ärgerte. Immerhin hatte ich schon drei Mal einen Freund gehabt. In der Neunten hatte ich mich zwei Mal mit Marcus Richardson getroffen. Beim zweiten Date hatte er angefangen, mich zu betatschen, und ich hatte Schluss gemacht. Danach war ich einen ganzen Monat mit Adam Norris zusammen. Wir gingen insKino und hielten Händchen. Ich war zuversichtlich, dass mehr draus werden würde, aber dann fuhr ich in den Sommerferien nach Frankreich und knutschte mit einem Typen namens Thierry rum. Als ich zurückkam, gestand ich Adam meinen Ausrutscher. Er regte sich furchtbar auf und machte mit mir Schluss. Und als er sich wieder beruhigt hatte und es doch noch was mit uns zu werden schien, musste er nach Moskau ziehen, weil seine Mutter dort eine Stelle bekommen hatte. Über Facebook kann man keine Beziehung führen, darum löschte ich ihn irgendwann aus meiner Freundesliste.
Natasha machte sich einen Nutella-Toast und sagte: »Raf Forrest, du weißt schon. Der große Geheimnisvolle. Alle Mädchen aus meiner Klasse glauben, dass er ein Vampir ist oder ein Engel oder so.«
»Schwachsinn.« Shaz warf den abgenagten Apfelbutzen in den Mülleimer. »Vampire und Engel gibt es nicht.«
Außer
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