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Ein Lottogewinn und 8 Millionen andere Probleme

Ein Lottogewinn und 8 Millionen andere Probleme

Titel: Ein Lottogewinn und 8 Millionen andere Probleme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keren David
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Chemiehausaufgaben. Wir haben doch dieses Experiment zusammen gemacht, du weißt schon.«
    Er nickte ein wenig verwirrt. Kein Wunder, denn wir hatten in Chemie gar keine Hausaufgaben auf. Georgia war genauso verblüfft. Leider war sie in unserem Kurs.
    »Können wir das irgendwo in Ruhe besprechen?«, fragte ich rasch.
    Alicia und Georgia prusteten los. Raf beachtete sie nicht. »Klar. Ich hab das Experiment auch nicht richtig verstanden. Am besten setzen wir uns ins Büro.« Er ging zur Hintertür.
    Ich konnte es mir nicht verkneifen, den versammelten Mädchen einen triumphierenden Blick zuzuwerfen. Facebook war vergessen. Sie starrten uns mit offenen Mündern hinterher.
    Wir kamen an Jasper vorbei. Er öffnete den Kühlschrank. »Was wollt ihr? Cola? Limo?«
    »Cola, bitte.« Jasper warf mir eine Dose zu. Nach kurzem Zögern nahm sich Raf eine Sprite und ging die Treppe hoch.
    Er stieß die Bürotür auf. »Entschuldige die Unordnung.«
    Diesmal schaute ich mich ausführlicher um. Hinten in der Ecke stand eine schäbige weiße Kommode, die nach Sperrmüll aussah und von der die Farbe schon abblätterte. Außerdem entdeckte ich eine Mikrowelle, einen Toaster und einen Wasserkocher. Einen Teller und eine Gabel. Einen Stuhl mit einem zusammengefalteten Handtuch über der Lehne. Einen Stapel Bücher auf dem Boden.
    Das Bettzeug auf der Matratze war jetzt glatt gestrichen. Drei ausgeblichene rote Kissen sollten offenbar den Eindruck erwecken, es handele sich um eine Art Sofa.
    Raf stand mitten im Zimmer, die Sprite-Dose in der Hand. Er hatte Zahnpasta im Mundwinkel. Jeder andere hätte damit bescheuert ausgesehen. Bei Raf sah es total süß aus – und wenn ich mir seinen Mund so anschaute, sogar sehr verführerisch …
    Raf zeigte auf die Matratze. »Eine andere Sitzgelegenheit gibt’s hier leider nicht. Oder du nimmst den Stuhl.«
    Ich betrachtete den Stuhl. Auf der Sitzfläche prangte ein brauner Fleck. Daraufhin entschied ich mich für die Matratze und lehnte mich mit dem Rücken an die Wand.
    »Total bequem«, sagte ich.
    »Tut mir leid«, erwiderte er. Dann machte sich Schweigen breit. Peinliches Schweigen.
    »Nein, mir tut es leid«, sagte ich schließlich. »Ich wollte dich nicht so überfallen. Ich wollte nur kurz vorbeischauen und mich vergewissern … dass du nicht sauer auf mich bist oder so.«
    Er setzte sich auch hin. Nicht ganz dicht neben mich, aber doch ziemlich dicht.
    »Ist schon okay«, sagte er. »Ich hab mich … das war blöd von mir. Entschuldigung.«
    Ein vielversprechender Anfang! Heimlich sah ich mich wieder im Zimmer um. Ich hielt Ausschau nach einer Erklärung für Rafs halb bewusstlosen Zustand von vorhin. Aber ich konnte weder leere Flaschen noch irgendwelche Pillen entdecken. Ich schnupperte verstohlen. Es roch nach Waschmittel, nicht nach Hasch.
    Nicht, dass ich Raf für einen Süchtigen hielt. Das wäre viel zu normal und langweilig gewesen. Wahrscheinlich war er die ganze Nacht mit seinem Werwolfrudel unterwegs gewesen. (Wo Werwölfe wohl in Nord-London ihr Unwesen trieben? In den Parks? In Hampstead Heath zum Beispiel? Oder warfen sie Mülltonnen um und stöberten nach Essensresten wie die Füchse, von denen es in London massenweise gab?) Vielleicht war Raf ja auch nur geschwächt, weil er so lange kein Menschenblut mehr getrunken hatte. Icherschauerte und schüttelte mein Haar, damit ihm mein unwiderstehlich appetitlicher Duft in die Nase stieg.
    »Ist … ist alles in Ordnung bei dir, Raf?«, fragte ich so taktvoll wie sonst nur höchst selten.
    Er musterte mich prüfend mit seinen stahlgrauen Augen. Es kam mir vor, als durchschaute er mich total.
    »Wie meinst du das?«, fragte er.
    »Ich dachte … ich hab mir einfach Sorgen gemacht.«
    Er grinste. »Du hast acht Millionen Pfund im Lotto gewonnen und machst dir Sorgen um mich ?« Es klang ungläubig.
    »Na ja … ich habe dein blaues Auge gesehen … und du warst die ganze Woche nicht in der Schule. Da wird man sich ja wohl Sorgen machen dürfen.«
    »Nett von dir. Du bist ein nettes Mädchen.«
    Ich spürte, wie ich rot wurde. »Ich … äh … danke«, stotterte ich und öffnete meine Cola-Dose.
    Er öffnete seine Limo. Wir tranken jeder einen Schluck. Peinliches Schweigen.
    »Ich glaube, es ist besser, wenn wir beide nicht befreundet sind«, sagte er dann.
    »Wieso das denn?«
    »Weil … weil es immer irgendwie schiefgeht, wenn ich jemandem erklären will … ach, vergiss es.« Er lächelte gezwungen. »Ich kann mich eben

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