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Ein Lottogewinn und 8 Millionen andere Probleme

Ein Lottogewinn und 8 Millionen andere Probleme

Titel: Ein Lottogewinn und 8 Millionen andere Probleme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keren David
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willst, helfe ich dir«, sagte Raf zu meiner Überraschung, schaute aber sofort weg, als wäre er verlegen, weil er eine unsichtbare Grenze überschritten hatte.
    »Echt? Wie denn?«
    »Ich könnte doch mit den Maklern sprechen. Ich könnte die Wohnungen auch schon mal besichtigen und dir davon berichten. Wenn wir dann zu zweit noch mal hingehen, erkennt dich keiner, weil die Makler denken, wir wären ein Paar … äh … das soll natürlich nicht heißen, dass …«
    »Du würdest für mich Wohnungen besichtigen? Das wäre super!«, unterbrach ich ihn rasch. »Soll ich … soll ich dir den Zeitaufwand bezahlen?«
    »Du brauchst mich nicht zu bezahlen.«
    Oh nein – nicht schon wieder!
    »Bitte entschuldige«, sagte ich zerknirscht. »Ich wusste nicht, dass du Muslim bist. Aber es wäre ja kein Geschenk. Du tust schließlich etwas für mich. Oder willst du erst mal den Imam fragen?«
    »Hä? Ich bin kein Muslim.«
    Wie peinlich! »Ach so … tut mir leid. Ich wollte dich nicht beleidigen oder so.«
    Manchmal kam es mir vor, als unterhielte ich mich mit einem Außerirdischen. Ich wurde aus Raf einfach nicht schlau. Jetzt arbeitete es in ihm, weil er seinerseits versuchte, aus unserer Unterhaltung schlau zu werden … aber er gab auf und zuckte die Achseln.
    »Ich bin … Muslim war ich jedenfalls nie. Früher war ich katholisch und jetzt bin ich gar nichts.«
    Wenn das nicht auf einen gefallenen Engel hindeutete! Engel waren doch katholisch, stimmt’s? Oder verwechselte ich das mit Heiligen? Warum hatte ich in Religion nicht besser aufgepasst!
    »Ich bin nur draufgekommen, weil meine FreundinShaz … egal. Warum willst du denn keine Bezahlung von mir annehmen? Ich habe doch genug Geld. Dann könntest du dieses Zimmer hier renovieren.«
    Er lächelte mich an. Sein Lächeln war etwas ganz Besonderes, weil es so selten vorkam. »Ehrlich gesagt könnte ich ein bisschen Geld gut gebrauchen. Aber du sollst mich trotzdem nicht bezahlen. Ich helfe dir gern.«
    Ich streckte die Hand aus und berührte die gelblich verfärbte, immer noch geschwollene Stelle unter seinem Auge.
    »Wie ist das passiert?«
    »Was? Ach, du meinst mein Auge. Ein kleiner Unfall.«
    Ich glaubte ihm kein Wort.
    »Komm schon. Jemand hat dich geschlagen. Wer? War es Jack?«
    »Dein Freund?«
    »Jack ist nicht diese Art Freund, nur um das mal klarzustellen.«
    »Ach so.« Er lächelte wieder. »Ich dachte.«
    Und dann saßen wir auf einmal noch dichter nebeneinander. Mein Arm streifte sein T-Shirt und wir schauten einander tief in die Augen. Ich spürte seinen Atem. Ich legte meine Hand auf seine Schulter und wandte ihm das Gesicht zu …
    Raf zu küssen war genauso außergewöhnlich wie wundervoll, wie ich es mir vorgestellt hatte.

13
    Mach dir einen Plan für deine Ausgaben,
damit du den Überblick behältst.
    In unserer Familie war das mit dem Geld ganz einfach geregelt: Meine Eltern zahlten alles.
    Nat und ich bekamen ein kümmerliches Taschengeld, ich fünfundvierzig Pfund pro Monat und Nat fünfunddreißig, aber es fiel praktisch jeden zweiten Monat aus. Eigentlich hätten wir zusätzlich jobben müssen. Uneigentlich bettelten wir den Elternteil an, der gerade die bessere Laune hatte, und behaupteten jedes Mal, wir hätten in dem betreffenden Monat noch kein Taschengeld bekommen. Im Allgemeinen gelang es mir mit dieser Methode, mein Einkommen auf dreißig Pfund pro Woche zu erhöhen.
    Nach meinem Lottogewinn war damit leider Schluss. Meine Eltern zahlten weiterhin Miete, Strom und Heizung, aber sie gewöhnten sich an, alle anderen Rechnungen an mich weiterzureichen. Und das waren nicht wenige Rechnungen.
    An diesem Sonntag hatte ich keine Lust, mich mit Gelddingen zu beschäftigen und auch nicht mit meiner zukünftigen Wohnung in Primrose Hill. Ich wollte allein sein und an Rafs weiche Lippen denken, daran, wie ich ihm die Arme um den Hals geschlungen und ihn noch leidenschaftlicher geküsst hatte, daran, wieich die warme Haut auf seinem Rückens gespürt hatte … und daran, was bestimmt geschehen wäre, wenn sein Bruder nicht an die Tür gehämmert und gebrüllt hätte, Raf solle gefälligst zu seiner Schicht ins Café runterkommen.
    Mum schob mir ihre Kreditkartenabrechnung hin. »Wir müssen das irgendwie anders regeln. So ist es viel zu umständlich. Wir brauchen ein Familienkonto. Wann hast du den Termin mit dem Finanzberater, Lia? Besprich das doch bitte mit ihm.«
    »Demnächst«, sagte ich knapp, ließ mich in die Sofakissen sinken,

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