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Ein Lottogewinn und 8 Millionen andere Probleme

Ein Lottogewinn und 8 Millionen andere Probleme

Titel: Ein Lottogewinn und 8 Millionen andere Probleme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keren David
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an das alles. Ich dachte, ob der Imam … na ja, ob er die Vorschriften vielleicht mal ein bisschen lockern kann …«
    Die junge Frau sah auf einmal gar nicht mehr so nett aus. Sie schaute mich scharf an, dann sagte sie: »Jetzt weiß ich, wer du bist. Du bist das Mädchen, das im Lotto gewonnen hat.«
    »Ja, schon …«
    »Mein Onkel hat letzte Woche über dich gepredigt. Hast du davon gehört? In unserer Gemeinde wurde viel darüber gesprochen.«
    »Der Imam hat über mich gepredigt?«
    »Er hat unsere Brüder und Schwestern vor den Gefahren des Glücksspiels gewarnt. Die Zeitungsberichte über dich haben ihm reichlich Stoff geliefert.«
    Ich wäre am liebsten im Boden versunken. Ich malte mir aus, wie überall im ganzen Land Imame mich ihren Gemeinden als warnendes Beispiel hinstellten. Und nicht nur Imame, sondern auch Pfarrer, Rabbis, buddhistische Priester, Hare-Krishna-Mönche, der Papst … Ich malte mir aus, wie Jesus Christus persönlich vom Himmel herabstieg …
    »Ich habe mit meinem Geld auch viel Gutes getan«, verteidigte ich mich. »Außerdem ist Lotto kein richtiges Glücksspiel – nicht wie Roulette oder so.«
    Die junge Frau sagte nichts mehr. Ha! Eins zu null für mich.
    »Und Muslimin bin ich auch nicht, deswegen habe ich auch nichts Verbotenes getan.«
    Jetzt machte sie wieder den Mund auf. »Dann bist du die Freundin von Shazia.«
    Verdammt!
    »Äh … das stimmt … aber die Freundin, von der ich vorhin gesprochen habe, war nicht Shazia, sondern eine andere Freundin. Sie ist nur manchmal in dieser Moschee hier. Meistens geht sie mit ihrer Familie in eine andere Moschee, wo die Vorschriften noch viel, viel strenger sind. Sie hat Angst, dass ihr Vater sie demnächst zwingt, eine Burka zu tragen.«
    »Mir war schon klar, dass du nicht von Shazia spricht«, erwiderte die junge Frau. »Shazia hat ja ihre Eltern erst dazu gebracht, regelmäßig in unsere Moschee zu kommen. Sie kümmert sich rührend um die Kleinen hier und ist für unsere Mädchen ein echtes Vorbild.«
    Sprachen wir von derselben Shaz?
    »Sie ist ein sehr ernsthaftes Mädchen. Der Islam ist ihr außerordentlich wichtig, aber sie hält trotzdem zu ihren nicht gläubigen Freundinnen. Als du im Lotto gewonnen hast, hat sie sich große Sorgen gemacht, dass dein Gewinn zwischen euch stehen könnte. Aber sie hat zu dir gehalten und sich dem Konflikt gestellt.«
    Ich hatte einen dicken Kloß im Hals und konntekaum noch schlucken. Vielleicht war ich gegen die Kekse allergisch.
    »Shaz ist echt eine tolle Freundin«, brachte ich mit Mühe hervor.
    »Wie wär’s, wenn du sie wegen deiner anderen Freundin um Rat fragst?«
    »Wegen wem? Ach so … gute Idee.«
    »Und wegen deiner Schwester auch.«
    »Mach ich.«
    »Und wenn du für dich selbst einen Rat brauchst, bist du jederzeit willkommen, Lia.«
    »Danke, aber ich habe schon genug Berater«, sagte ich rasch. »Ich habe eine Beraterin von der Lottogesellschaft, einen persönlichen Bankberater und natürlich meine Eltern.«
    »Ich meinte eigentlich eher geistlichen Rat.«
    »Ja, klar. Trotzdem danke.«
    Ich wollte nur noch raus. Ich lief und lief, bog in Jacks Straße ein, kam an dem bewussten Zeitungsladen vorbei und blieb erst vor Jacks Tür wieder stehen.
    Hierbei konnte mir kein Imam helfen. Das musste ich schon selbst erledigen.
    Wenn Shazia mit Jack zusammen sein wollte und Jack mit Shazia, war Religion kein echtes Hindernis.
    Aber Shaz durfte nie – nie! – erfahren, dass ich mit ihm geschlafen hatte.

30
    »Das Leben ist wie eine Lotterie«, heißt es oft.
Also, ich weiß ja nicht ... Nur ein Vollidiot rechnet
doch mit einem Gewinn, wenn er einen Lottoschein kauft. Meistens denkt man: »Ach, die ein, zwei Pfund
kann ich ja mal riskieren. Vielleicht gewinne ich einen Zehner, und wenn der Einsatz futsch ist – auch
nicht schlimm.« Wäre das Leben wirklich wie
Lottospielen, würde man ja bei jeder Entscheidung
denken: »Wenn's schiefgeht – nicht so schlimm.
Man kann schließlich nicht immer Glück haben.
Wahrscheinlich gewinne ich sowieso nichts.« Dann würde man sich um gar nichts mehr kümmern.
Man würde sich nicht mehr die Mühe machen,
vernünftige, kluge Entscheidungen zu treffen.
Nein – das Leben ist keine Lotterie!
Trotzdem verhalten sich viele Leute so.
    Wir hatten es monatelang geplant. Wir hatten es beide satt, »Jungfrauen« zu sein, und wir hatten beide keine Lust, auf »den Richtigen« oder »die Richtige« zu warten.
    Wir wollten vorbereitet sein, wenn wir dem

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