Ein Macho auf Abwegen
Gesichtsausdruck.
„Mit dir natürlich! Mit wem denn wohl sonst?“ Christina
winkte zurückweisend ab. „Ja, ja, ich und singen! Ich kann nicht singen. Ich
bin doch kein Popstar.“ Marc schüttelte missbilligend den Kopf. „Tse, tse, tse.
Wer ist denn hier der Profi, du oder meine Wenigkeit?“ Er hatte seinen
Vorgesetzten-Gesichtsausdruck aufgelegt und seinen Ton diesem angepasst. „Wenn
ICH sage, du kannst das, dann kannst du das ... Und dann tust du das auch!“,
fügte er noch unnachgiebig hinzu. „Hier hast du den Text. Die rot markierten
Stellen sind dein Part. – So, und jetzt ab mit dir in die Box, und sing’!“,
ordnete er lachend an.
Christina gab sich fürs Erste geschlagen. Er würde gleich
schon von selbst merken, was er davon hatte. Sie marschierte mit dem Text
bewaffnet in die schalldichte Kabine, schaute ihn noch einmal
assistentinneneisig durch die Glasscheibe an und setzte sich den Kopfhörer auf.
Kaum hatte sie das getan, gab Marc ihr auch schon Anweisungen über das
Mikrofon. „Du hörst dir zunächst alles noch einmal komplett an. Du wirst sehen,
die Einsätze sind nicht schwierig. Danach spiele ich es dir ein zweites Mal
ein, und du singst einfach drauf los. Wie beim Staubsaugen“, grinste er
verschmitzt. Christina murmelte vor sich hin. „Ja, ja, Chef!“, und
konzentrierte sich andächtig auf ihre Einsätze.
Nun wiederholte er die Einspielung und nickte ihr zu. „Auf
geht’s!“
Die erste Strophe war Marcs Part, danach trällerte sie an
den vorgegebenen Stellen mit seiner bereits aufgezeichneten Stimme einfach mit.
„Danke, das war’s schon!“, rief Marc. „So, nun komm her! Wir hören uns das
gleich mal an.“ Er zeigte ihr beschwingt, wie er weiter vorgehen wollte. „Ich
nehme die eine Spur einfach heraus und mische deine dazu.“ Er fuhrwerkte an
tausend Knöpfen am Mischpult herum und beobachtete so etwas wie ein EKG auf dem
Bildschirm des Computers.
„Okay, Action please!“ Er startete die Maschine erneut.
Christina war es ganz und gar nicht angenehm, ihre eigene Stimme durch die
Lautsprecher zu hören. „Dios mío! Wie grauenvoll! Siehst du! Hab’ ich dir ja gleich
gesagt!“, rief sie triumphierend.
Marc fummelte leidenschaftlich an den Tasten und Schiebern
herum. „Na, wart’s erst mal ab, Prinzessin! An dieser Stelle doppeln wir ein
klein wenig. Da geben wir noch ein Echo drauf ...“
Er warf das Demoband von Neuem an. „Schon besser, nicht?“ Er
strahlte über das ganze Gesicht. „Ohne diese kleinen Tricks gibt es heutzutage
keine Aufnahmen mehr ... So, fertig. Und noch einmal.“
Christina erkannte ihre Staubsaugerstimme fast gar nicht
mehr wieder, und musste Marc zugestehen, dass es sich wirklich nicht schlecht
anhörte. Der Text erlangte im Duett noch eine besondere Romantik-Note. „Ja,
hört sich wirklich gar nicht so übel an. Es klingt jedenfalls ziemlich
professionell.“
„Sag’ ich doch! Es ist zwar noch nicht komplett durchgängig,
aber wir können da Einiges mehr herausholen. – Du übst jetzt gleich ein
bisschen, und wir machen das Ganze dann später erneut, einverstanden?“
Christina war mittlerweile doch recht neugierig geworden.
Wie würde der Song denn wohl klingen, wenn der große Marc Stevens ihn für
vollendet erklärte? „Okay! Ich trainiere, aber alleine! Du gehst in der Zeit
nach oben, und ..., und schaust die Sportschau!“ Sie schob ihn sanft, aber
bestimmt aus dem Studio.
Nach zwei Stunden erklärte sie sich für eine neue Aufnahme
bereit und holte Marc zurück. Ihre Stimme klang jetzt wesentlich sicherer und
kräftiger als zuvor. Er schien mit dem Resultat zufrieden gestellt zu sein, und
sie konnte ihn getrost mit seinem Mischpult alleine lassen. „Du machst noch ein
paar Echos und doppelst noch ein bisschen herum. Ich mache uns derweil etwas zu
essen. Singen macht echt hungrig, kann ich dir sagen!“
Nach dem Essen kehrten sie nochmals ins Studio zurück, um
sich den fertigen Song anzuhören. Das Lied hatte wirklich etwas ganz
Besonderes. Christina konnte sich nicht erklären, was es war. „Echte Gefühle,
Christina! Da ist nichts gespielt. Das ist das Geheimnis“, erklärte Marc ihr
das Phänomen.
In den darauffolgenden Tagen bereitete Marc alles für eine
Musikvideoproduktion vor. „Heutzutage kommt man ohne so etwas nicht aus“,
erklärte er Christina. Sie grübelten gemeinsam über eine kleine Geschichte
nach, welche das Video erzählen sollte. Sie fanden allerdings keine Alternative
zu der
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