Ein Macho auf Abwegen
Zukunftsliste abhaken können.
Nur die besten Ärzte waren ihm gut genug. Da Christina
keinerlei Erfahrungen mit Medizinern in Hamburg hatte, rief sie in der Praxis
der Chefärztin der Hanseklinik an und bekam einen Termin in drei Wochen. „Hast
du gesagt, wer du bist?“, fragte Marc sie ungeduldig, denn er hatte keine Lust
wochenlang zu warten, bis es endlich soweit war. „Ja, natürlich. Die
Sprechstundenhilfe musste mich doch in ihren Terminkalender eintragen.“ Marc
ließ sich von ihr die Telefonnummer der Praxis geben und wählte erneut. Er
nannte seinen Namen und schon eine Minute später legte er wieder auf. „So, das
hätten wir. Morgen Vormittag um elf“, sagte er freudestrahlend. „Nicht erst in
drei Wochen!“
Aha, dachte Christina. So geht das! Da muss ich anscheinend
noch viel lernen.
Marc verkündete, sie zur Untersuchung zu begleiten.
„Immerhin muss ein werdender Vater über alles informiert sein!“, begründete er
euphorisch seine Entscheidung. „Das geht doch schließlich uns beide ’was an.“
Ach du lieber mein Vater!, dachte Christina. Das soll mir ja
’was geben! Wenn der jetzt schon so aus dem Häuschen ist, was mache ich mit
ihm, wenn ich wirklich irgendwann schwanger sein sollte? „Ja, da hast du Recht,
Marc“, antwortete sie dennoch.
Das war ja eine vollkommen neue Dimension. Sie hätte nicht
geglaubt, dass werdende Väter dieser Generation so fortschrittlich dachten.
Ángel wäre im Traum nicht auf die fixe Idee gekommen, sie zu einem Frauenarzt
zu begleiten. Marc war aber zum Glück nicht Ángel und eben ein äußerst moderner
Mensch. Schließlich und endlich hatte er sein ganzes Leben lang fast
ausschließlich mit jungen Leuten zu tun gehabt. Aber bei der Untersuchung
bleibt er gefälligst draußen! So neumodisch bin ICH nämlich nicht. Und ich
bestehe auf meine altertümlichen Komplexe!, beschloss sie für sich.
So wurde es gemacht. Marc durfte bei der Besprechung dabei
sein, musste aber im Arztzimmer sitzen bleiben, bis Frau Dr. Fuhrmann Christina
untersucht hatte.
Anschließend gab die Chefärztin ihnen grünes Licht für eine
Schwangerschaft. „Sie haben allerdings eine erhebliche Gebärmuttersenkung,
bedingt durch Ihre ersten beiden Schwangerschaften. Auf Grund dessen, und sagen
wir einmal, angesichts Ihres fortgeschrittenen Alters, könnte es ein Weilchen
dauern, bis es soweit ist“, erläuterte die Ärztin den beiden Möchtegern-Eltern
ihre Prognose. „Aber machen Sie sich keine Sorgen. Heutzutage ist es wirklich
nicht mehr ungewöhnlich, mit über Vierzig schwanger zu werden“, lächelte sie
den beiden zu.
„Auch ohne diese ganze moderne Medizin? Ich meine, so etwas
wie künstliche Befruchtung?“, wollte Marc wissen. „Da kann ich Sie beruhigen,
Herr Stevens. Ich sehe keinen Grund, warum Frau Klasen nicht auf ganz
natürliche Art schwanger werden sollte. Sie brauchen möglicherweise nur ein
bisschen Geduld.“ Christina wollte in erster Linie über etwas ganz und gar
anderes Bescheid wissen. „Wie hoch ist das Risiko ein behindertes Kind zu
bekommen?“, fragte sie.
„Das ist eine berechtigte Frage, Frau Klasen“, antwortete
Frau Dr. Fuhrmann. „Das Risiko, in Ihrer Altersstufe ein krankes Kind zur Welt
zu bringen, ist notwendigerweise gegeben, aber die heutige Medizin gibt uns
allerhand Möglichkeiten, Behinderungen frühzeitig zu erkennen. Ich würde Ihnen
auf jeden Fall anraten, eine Fruchtwasseruntersuchung durchführen zu lassen.
Diese Analyse kann Aufschluss über einige Krankheiten oder Gen-Defekte geben.
Sie hätten jedoch einen großen Vorteil gegenüber anderen Frauen Ihres Alters:
Sie wären keine Erstgebärende, und Sie haben ja bereits zwei gesunde Kinder
bekommen.“ Sie sah zu Marc hinüber. „Wenn bei Ihnen alles in Ordnung ist, Herr
Stevens, würde ich sagen, versuchen Sie es!“
Frau Dr. Fuhrmann hatte ganz offensichtlich seinen wunden
Punkt getroffen. Wahrscheinlich war dieses Thema so oder so die empfindlichste
Stelle in der Psyche eines jeden Mannsbildes. Marc verfärbte sich auf der
Stelle. Der Ärztin schienen solche Reaktionen nicht fremd zu sein. „Das sollten
Sie nicht allzu persönlich nehmen, Herr Stevens. Es liegt nicht immer nur an
den Frauen, wenn der Nachwuchs ausbleibt!“
Sie verließen schweigend die Praxis. Christina sah ihm an,
wie sehr es in ihm brodelte. „Nun los! Spuck’s schon aus! Die Frau Doktor hat
dich ganz schön geärgert, nicht wahr?“, fragte sie neckisch. Es platzte
augenblicklich aus
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