Ein Macho auf Abwegen
an das mächtige Eisentor heranfuhr, desto mehr
Druck spürte sie auf ihren Lungen. Sie bemühte sich tief einzuatmen, um so
dieser Last auf ihrer Brust entgegenzuarbeiten. Vor dem großen Stop-Schild
bremste sie die Limousine ab. Ihr wurde es schwarz vor Augen, und sie konnte
ihre Atemnot kaum mehr unterdrücken.
„Du musst den Rufknopf drücken, Christina!“, drängelte Marc
ungeduldig. Christina regte sich nicht. Wie zur Salzsäure erstarrt saß sie am
Steuer und versuchte röchelnd Luft zu bekommen. Ihre Kehle schnürte sich immer
weiter zu. Sie hatte wieder das Gefühl, ihr würde jemand mit seinen Händen den
Hals zudrücken. „Christina! Was ist denn los? Was ist mit dir?“, rief Marc
besorgt und stellte fest, dass sie genauso aussah wie damals, als sie das erste
Mal miteinander schlafen wollten, als sie durch seine körperliche Nähe ganz
massiv an ihre Vergangenheit erinnert wurde.
Augenblicklich begriff er. Wie konnte er nur so blöd sein!
Dieser Ort musste ihr ja zwangsläufig eine Heidenangst einjagen! „Oh, mein
Gott! Ich Arschloch! Ich gottverdammter Idiot! Wie konnte ich das vergessen?
Scheiße, Christina! Es ist gut, hörst du? Beruhige dich! Atme! Ganz ruhig
einatmen und ausatmen.“ Er nahm ihre Hand und ordnete ihr jeden Atemzug einzeln
an, bis sie sich einigermaßen gefangen hatte und wieder etwas Leben in ihrem
Gesicht zu erkennen war. Er zog sie zu sich heran und flüsterte: „Du musst da
nicht mit ’rein! Ich bin ein total unsensibler Esel! Es tut mir Leid! Ich habe
nur an mich gedacht, Prinzessin.“
Christina lächelte ihn verkrampft an. Zum Sprechen reichte
ihre Kraft noch nicht. „Warum hast du denn nichts gesagt? Ich bin ein Trottel
wie er im Buche steht!“ Christina atmete kraftlos, aber geordnet. „Ich
dachte,... ich schaffe das.“
„Du kannst hier draußen parken. Ich geh’ da alleine hin. –
Kein Problem!“ Christina schüttelte heftig den Kopf. Und wenn sie an dieser
Sylvia ersticken müsste, zu keiner Zeit würde sie Marc alleine mit diesem
Miststück lassen. „Nein,... ich möchte dabei sein, Marc. ... Du gehst da nicht
alleine hin! Ich krieg’ das schon hin ... irgendwie.“
„Bist du dir da auch ganz sicher?“
„Ja, ganz sicher.“
Sie ließ die Fensterscheibe herunter und bediente den
Rufknopf. „Guten Tag, Stevens! Wir haben einen Termin mit Sven Erbach“, meldete
sie sich durch die Sprechanlage. Das Tor wurde geöffnet, und sie fuhr langsam
an. Die Pforte schloss sich sofort wieder hinter ihnen. Der Wagen setzte seine
Fahrt im Schritttempo fort, bis ihnen ein zweites Eisentor die Weiterfahrt
versperrte. Ein Vollzugsbeamter kam aus dem Pförtnerhäuschen und verlangte nach
ihren Ausweispapieren. Nachdem er ihre Personalausweise kontrolliert hatte,
ging er zurück in sein Büro, und auch das zweite Tor schob sich vor ihnen auf.
Christina parkte den Wagen im Gefängnishof. Ein Teil des
Geländes war durch einen stabilen Metallzaun abgetrennt, und einige
Gefängnisinsassinnen hielten sich dort auf, um frische Luft zu schnappen. Die
Ankunft der unbekannten Limousine wurde sofort genauestens beobachtet. „Geht
es?“, fragte Marc fürsorglich. „Ja, alles in Ordnung“, antwortete Christina,
atmete noch einmal tief durch und stieg aus. Sofort ließen die Frauen auf der
anderen Seite des Zaunes ihre Kommentare ab. „Oh, wer kommt denn da?“
„Guck dir mal das Schnuckelchen an!“
„Was für ein Knackarsch!“
„Aber Hallo!“
Christinas Herz tobte. Nur nicht hinsehen!, forderte sie
sich selber auf. Cool, Christina! Ganz cool bleiben! Sie öffnete den Kofferraum
ohne ihren Blick zu heben und holte den Rollstuhl heraus. „Hmmm, lecker! Die
sieht von vorne genauso zum Anbeißen aus!“ Christina klappte den Rolli
auseinander und schob ihn zur Beifahrertür, die Marc längst ungeduldig
aufgestoßen hatte. Er wuchtete sich aus dem Autositz in seinen Rollstuhl und
fuhr los. Christina ging neben ihm.
„Wen hast du uns denn da mitgebracht, Schnuckelchen?“
„Der ist ja mindestens genauso zum Anknabbern!“
Der Weg in das Verwaltungsgebäude führte sehr dicht an dem
massiven Zaun vorbei, hinter dem sich die Frauen versammelt hatten. „Das ist ja
Marc Stevens!“
„Wow! Der geilste Typ aller Zeiten!“
„Hey, Marc! Komm’ doch mal her!“
„Ja, bleib’ stehen!“
„Hast du ein Autogramm für uns?“ Marc hielt an. „Nein, tut
mir leid. Ich gebe keine Autogramme.“ Christina stand hinter ihm und blickte in
zum Teil sehr fade,
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