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Ein Macho auf Abwegen

Ein Macho auf Abwegen

Titel: Ein Macho auf Abwegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Hitzblech
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mich freue, endlich einmal eine
Frau in den besten Jahren als Mieterin zu haben. Sonst kommen ja immer nur
Studenten oder Arbeiter von irgendwoher, die hier auf Montage arbeiten.“
    Frau in den besten Jahren, aha! – Aber wofür waren es denn
die besten Jahre?, fragte sich Christina im Stillen. „Ich freue mich auch, dass
ich so eine hübsche Bleibe, mit einer so netten Vermieterin gefunden habe!“
    Die Mitbewohner durften auch Elisabeths Wohnzimmer zum
Fernsehen nutzen. Allerdings bestand sie darauf, am späten Nachmittag ihre
Daily-Soaps und dreimal in der Woche das Millionenquiz schauen zu können.
Ferner war allabendlich um acht Uhr Zeit für die Tagesschau. „Über den Rest
muss man sich dann einigen“, sagte Elisabeth schmunzelnd. In einer Ecke des
Wohnzimmers stand sogar einen Computer. „Natürlich mit Internet! Was wäre man
heutzutage bloß ohne das World Wide Web!“, rief Elisabeth stolz aus. „Den
Computer dürfen Sie immer nutzen, wenn ich nicht gerade im Netz unterwegs bin.“
    Die alte Dame war wirklich außergewöhnlich offen für alles
Moderne. Welche fast Siebzigjährige kannte sich mit dem PC oder gar mit dem
Internet aus? „Oh, das wäre wirklich ideal für mich, Elisabeth. Damit könnte
ich meine Schnelligkeit im Tippen trainieren. Mit dem Internet kenne ich mich
leider gar nicht aus.“ Darüber wiederum wunderte sich die Hausherrin und bot
sich gleich an, Christina etwas näher an die Materie heranzuführen.
    Das Frühstück war in der Zimmermiete enthalten, und die
Bewohner durften auch gerne selber kochen. Selbstverständlich nur dann, wenn
sie danach alles wieder gründlichst saubermachten. Um ihren Einstand in der WG
zu geben, lud Christina spontan Elisabeth und ihre zwei Zimmerkumpanen zu einem
selber zubereiteten Abendessen für den nächsten Tag ein. Es wurde ein voller
Erfolg, denn die beiden Herren der Wohngemeinschaft Pension Elisabeth waren
beide keine begnadeten Köche und ernährten sich meistens aus dem Schnellimbiss.
Klaus war ein Fliesenleger aus Annaberg, der in Hamburg schon seit Monaten am
Bau eines Kongresszentrums mitarbeitete. Er verbrachte jedes Wochenende in
Thüringen bei seiner Frau und den beiden Kindern. Michael war
Betriebswirtschaftstudent aus Emden in Ostfriesland. Besonderes Kennzeichen:
Immer mit einem Laptop bewaffnet.
    Gott sei Dank konnte sie ihre Bankkonten problemlos nach
Hamburg verlegen. Mit der Formulierung des Kündigungsschreibens an Herrn
Bergmann tat sie sich allerdings sehr schwer. Zig Mal begann sie immer wieder
neu. Am Ende beschränkte sie sich auf nur einen Satz:
     
    Bitte übersenden Sie mir meine Arbeitspapiere nach Hamburg,
postlagernd.
    Mit freundlichen Grüßen.
     
    Bis sie die Unterlagen in Händen hatte, konnte sie keine
neue Stellung antreten. Sie hatte noch hin- und herüberlegt, ob sie auch noch
einen Brief an das Frauenhaus schreiben sollte. Doch das ließ sie lieber sein.
Ich will niemandem mehr etwas erklären, entschied sie sich.
     
    Christina verbrachte viel Zeit mit Elisabeth. Die beiden Frauen
studierten schon beim Frühstück die Stellenanzeigen in der Tageszeitung.
Christina schrieb Bewerbungen oder übte Tippen am Computer. Elisabeth zeigte
ihr, wie man sich eine E-Mail-Adresse zulegte und wie man allerhand nützliche
Internetseiten finden konnte. Zusammen mit ihrer Zimmerwirtin schaute sie sich
täglich eineinhalb Stunden Seifenopern an. Dabei machte Elisabeth sie mit den
einzelnen Charakteren der Serien vertraut. Am Liebsten schauten sie jedoch das
Millionenquiz, wo die beiden Frauen sich beim Lösen der Quizfragen kleine
Wettkämpfe lieferten. Elisabeth war kaum davon abzubringen, ihre Mieterin für
dieses Frage- und Antwortspiel anzumelden. Sie war fest davon überzeugt, dass
Christina gute Chancen auf eine hohe Gewinnsumme hatte. Das fehlte auch noch!
Vor einem Millionenpublikum in der Öffentlichkeit auftreten! Elisabeth
jedenfalls bewarb sich per Internet jede Woche neu als Ratekandidatin.
    Die Ausbeute an für Christina in Frage kommende
Stellungsangebote, hielt sich sehr im Rahmen. Als Bedienung in Restaurants oder
als Putzfrau bei Gebäudereinigungsfirmen hätte sie gute Chancen auf einen Job
gehabt. Doch Kellnerin kam für sie überhaupt nicht mehr in Frage, und als
Putzfrau in einer Kolonne zu arbeiten, zog sie nur als allerletzte Möglichkeit
in Betracht. Viele Angebote waren lediglich Aushilfsjobs. Christina brauchte
aber unbedingt eine feste Ganztagsstellung. So bewarb sie sich fast
ausschließlich

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