Ein Macho auf Abwegen
nun ins Frauenhaus kommen.
In der Pension machte sie eine Flasche Sekt auf, um mit
Elisabeth auf ihren Erfolg anzustoßen. „Und was machen Sie jetzt mit dem
anderen Job auf Probe?“, fragte Elisabeth. „Den lasse ich natürlich sausen. Der
Verlag hat mir sofort einen Arbeitsvertrag mit geregelter Probezeit gegeben.
Die andere Firma hat mich noch nicht einmal angemeldet“, log Christina.
Um halb sechs sprang der Radiowecker an. In freudiger
Erwartung der Dinge, die da auf sie zukamen, sprang die frischgebackene
Schreibkraft aus dem Bett direkt unter die Dusche. In der Küche kam ihr bereits
der Duft des frisch aufgebrühten Kaffees entgegen. Elisabeth hatte ihr schon
einen Teil der Tageszeitung auf ihren Platz gelegt. Die beiden Frauen saßen
sich am Küchentisch gegenüber, jede mit einem Zeitungsteil bewaffnet. So liebte
Christina es. Erst einmal ohne Hektik und ganz in Ruhe den Tag beginnen. Die
Zeitung lesen, mit leiser Musik im Hintergrund und gemütlich Kaffee trinken.
Wortlos tauschten die beiden Frauen ihre bereits gelesenen Teile der
Morgenpost. „Wir sind schon wie ein altes Ehepaar, nicht wahr, Christina?“,
durchbrach Elisabeth das Schweigen. „Ja, wir verstehen uns auch ohne Worte,
zumindest beim Frühstück.“ Christina beendete die kleine Morgenversammlung.
„So, jetzt muss ich aber los!“
„Tschüs und viel Spaß bei der Arbeit!“, winkte Elisabeth ihr
noch nach.
Sie nahm die U-Bahn in Richtung Innenstadt. Die Fahrt
dauerte nicht lange, doch die Bahn war um diese Zeit proppenvoll. An einen
Sitzplatz war gar nicht zu denken.
Beim Bäcker und Metzger besorgte sie noch Brötchen und
Aufschnitt. Damit wollte sie im „communicationcentre“ ihren Einstand geben.
Ihre Spätes-Frühstück-Aktion kam gut an. Alle waren wirklich
sehr nett, und es herrschte ein freundlicher Ton zwischen den Frauen. Ihre
Kollegin zur Linken war jedenfalls ein echtes Sonnenscheinchen. Ihr
vollständiger Name war Gaby Frentzen, sie war fünfundzwanzig Jahre alt und
hatte lange, blonde Haare. Gaby war bildhübsch und verfügte eigentlich über
alle Grundvoraussetzungen für eine steile Luderkarriere, und zwar ohne ein
Startkapital für Schönheitsoperationen! Es war absolut nichts an ihr
auszusetzen. Weder an Nase, noch an Busen oder Bauch, Beinen oder Po konnte man
irgendeinen klitzekleinen Makel erkennen. Gaby hätte statt Stenotypistin im
Großraumbüro durchaus auch Model in Paris werden können.
Die Kleine hatte ihrer neuen Nachbarin viel zu erzählen und
plapperte fast ohne zu atmen auf Christina ein. Sie klärte Christina über alles
Wissenswerte aus dem Musikverlag auf. Sie wusste alles über Anita Gerber, sie
war tatsächlich geschieden, und Krethi und Plethi in der ganzen Firma.
Christina musste Gaby ein paar Mal unterbrechen. „Du, wir reden gleich in der
Pause weiter. Abgemacht?“ Immerhin arbeitete man hier fast wie im Akkord, und
Christina wollte und durfte sich natürlich keinen Patzer erlauben. Schließlich
war sie ja in der Probezeit.
Irgendwann fragte Christina Gaby nach der Toilette. „Warte,
ich zeig’ dir den Weg!“, rief ihre junge Nebenfrau munter. Was war denn daran
so aufregend, sie zur Toilette zu begleiten? „Das brauchst du aber nicht, Gaby.
Sag’ mir einfach, wo das Örtchen ist, und ich finde das schon alleine!“, lachte
Christina.
„Keine Chance, Christina! – Pulleralarm! Die Kleine will dir
ihr Privatklo zeigen, es dir quasi persönlich vorstellen“, mischte sich eine
Kollegin drei Reihen vor ihnen ein. Christina zuckte fragend mit den Schultern,
kam aber gar nicht mehr dazu eine weitere Bemerkung zu machen, denn Gaby packte
sie schon am Arm und zog sie aus dem Büro. „Weißt du, ich gehe immer auf der
Fünf aufs Klo.“ Gaby drückte schon den Aufzug. „Aber hier unten kann man doch
bestimmt auch mal verschwinden! Warum in aller Welt sollen wir jetzt bloß bis
da oben mit dem Fahrstuhl fahren?“, empörte sich Christina.
„Na, ganz einfach! Weil da oben Marc Stevens sein Büro hat“,
antwortete Gaby freudig erregt und verschränkte stolz die Arme vor ihrem
üppigen Busen.
„Ach, der mit der Babsie Bachmaier, aha!“, rief Christina
allwissend. Gaby winkte mit einer Hand verächtlich ab. „Ja, ja ... Das war
einmal. Schon voll lange her! Im Moment hat der keine Beziehung. Nichts Festes
jedenfalls.“
Der Aufzug stoppte, und sie waren in der fünften Etage
angekommen. „Hier hat man nämlich ab und zu die Gelegenheit, dass er einem über
den
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