Ein Macho auf Abwegen
fuhr fort. „Ich würde Ihnen wirklich
gerne beweisen, dass ich es kann! Hätten Sie denn eine Möglichkeit für mich?
Wenn Sie einen freien Platz hätten, könnten Sie mir ein paar Sachen zum
Schreiben geben. Danach könnten Sie dann entscheiden, ob ich in die engere Wahl
kommen kann.“
Zu ihrer Verblüffung war die Leiterin des
„communicationcentres“ sofort mit ihrem Vorschlag einverstanden. „So machen wir
das, Frau Klasen! Sie können gleich hier an meinem PC arbeiten. Ich habe sowieso
noch einen anderen Termin.“
Frau Gerber gab ihr ein Diktiergerät und ließ sie mit ihrer
Aufgabe alleine. Christina haute in die Tasten, was das Zeug hielt. Jetzt oder
nie, muchacha!, machte sie sich selber Feuer unter dem Hintern. Als sie alles
in den Computer eingegeben hatte, schaute sie auf die Uhr. Ja, sie hatte sehr
schnell geschrieben! Hoffentlich auch flott genug! Wer weiß, wie schnell die
Konkurrenz tippen kann? Sie aktivierte noch schnell, safety first, die
Rechtschreibkontrolle und druckte die Texte aus.
Wie auf Vorbestellung kehrte Frau Gerber auch schon wieder
ins Büro zurück. Die Frau wusste wohl ganz genau, wie lange eine gute Bürokraft
für diese Aufgabe brauchen würde.
„Ach, Sie sind ja schon fertig“, sagte Frau Gerber und
kontrollierte Christinas Ausdrucke. Sie sah zufrieden aus. „Das war ziemlich
schnell und korrekt, Frau Klasen. Ich bin beeindruckt, wirklich.“ Christina
lächelte stolz, doch Frau Gerber runzelte die Stirn. Christina riss
erwartungsvoll die Augen auf, während ihr Gegenüber immer noch intensiv
nachdachte. Endlich sagte A. Gerber etwas. „Wissen Sie was, Frau Klasen? Ich
nehme Sie nicht in die engere Wahl.“
Was hatte sie denn jetzt schon wieder falsch gemacht? Warum
musste denn immer alles schief laufen? Christina konnte nichts dagegen tun, ihr
schossen augenblicklich Tränen in die Augen. Sie ließ enttäuscht den Kopf
herunterhängen. „Ich stelle Sie sofort ein!“, rief die Abteilungsleiterin. „Ich
freue mich über jemanden wie Sie in meiner Abteilung.“
Christina glaubte ihren Ohren nicht zu trauen. Hatte sie es
wirklich geschafft? „Ist das wirklich wahr? – Sie nehmen mich?“ Frau Gerber
setzte sich wieder an ihren Platz. „Wenn Sie möchten, machen wir gleich den
Vertrag, damit Sie es auch wirklich glauben.“
Christina musste jetzt noch einmal alle ihre Daten angeben,
welche Frau Gerber gleichzeitig in den Computer eingab. „Wann möchten Sie bei
uns anfangen, Frau Klasen? Wir brauchen wirklich dringend jemanden!“
„Wann Sie möchten, Frau Gerber. Ich bin jederzeit bereit!“
„Mir wäre es am Liebsten morgen“, lächelte ihre neue Chefin
und reichte ihr den üblichen Personalbogen mitsamt dem Arbeitsvertrag zum
Unterschreiben über den Schreibtisch. Christina unterzeichnete ihre falschen
Angaben, geschieden, keine Kinder, und las den Vertrag durch. Normale
Bürozeiten, eine Probezeit von drei Monaten, ein recht bescheidenes Gehalt mit
fünfzig Euro mehr nach der Bewährungsfrist. Reich würde sie mit diesem Job
nicht werden, aber sie brauchte ja auch nicht viel. Hauptsache sie konnte arbeiten
und das Notwendigste für ihren Lebensunterhalt verdienen. „Okay, dann komme ich
morgen. Ich freue mich schon darauf!“
Frau Gerber zeigte ihr nun ihren neuen Arbeitsplatz. Das
„communicationcentre“ hatte zehn Computerarbeitsplätze. An allen PCs wurde fleißig
gearbeitet, und die Schreibkräfte nahmen ihre Hörer von den Ohren, als die
beiden Frauen den Raum betraten. „Ich möchte euch gerne eure neue Kollegin
vorstellen. Christina Klasen wird uns ab morgen unterstützen“, verkündete die
Chefin in lockerem Ton.
Alle waren jünger als Christina, aber sie wurde mit einem
allseitig freundlichen „Hallo“ begrüßt. Eine blonde junge Frau winkte sie zu
sich. „Komm, hier ist dein Platz!“ Christina ging zu ihr. „Gott sei Dank, sitzt
hier wieder jemand! Da habe ich wenigstens wieder eine zum Quatschen! Ich heiße
Gaby, und du?“
„Hallo, ich bin Christina!“ Sie stellte sich bei jeder der
neun Frauen mit Namen und Handschlag vor. „Ich freue mich!“
Sie verließ den Glaspalast vor lauter Glück fast schwebend.
War das zu fassen? Sie hatte die señoritas allesamt haushoch aus dem Rennen
geworfen.
Frau Fink freute sich genauso wie Christina über ihre neue
Anstellung. Sie vereinbarten die neuen Dienstzeiten. Dreimal in der Woche von
achtzehn bis dreiundzwanzig Uhr, und jeden Samstag und Sonntag, tagsüber wollte
Christina
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