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Ein Macho auf Abwegen

Ein Macho auf Abwegen

Titel: Ein Macho auf Abwegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Hitzblech
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und
saß wieder locker vor ihr. Er grinste lässig. Er versuchte es zumindest. Ein
bisschen verlegen ist er trotzdem!, dachte Christina ohne eine Miene zu
verziehen. Ihre äußerliche Ruhe konnte ihren Chef aber nicht täuschen. Er hatte
ganz genau mitbekommen, wie sehr seine Assistentin diese Situation auskostete.
Und das war es auch, was ihn so verlegen machte. Irgendwo in ihren tiefsten
Abgründen, hat die Frau wohl doch noch etwas Menschliches in sich, dachte Marc
und räusperte sich. „Ja,... da kümmern Sie sich bitte drum“, sagte er.
Christina blieb ganz abgeklärt und zog lediglich die Augenbrauen hoch. „Um die
Spaghetti?“, fragte sie betonungslos. Stevens blieb immer noch gutgelaunt,
trotz dem er wusste, dass sie genau verstanden hatte, was er meinte. „Nein, Sie
rufen bitte bei mir zu Hause an und sagen Moni, dass sie nicht bleiben soll!
Ich habe schon etwas vor heute Abend.“ Er diktierte ihr noch einiges, und
Christina machte sich wieder an die Arbeit.
     
    Irgendwann liefen sich Anita Gerber und Marc Stevens im
Verlagsgebäude über den Weg und Anita wollte wissen, ob er mit Christina
Klasens Arbeit zufrieden sei. „Na ja, ehrlich gesagt ... Sie macht ihre Arbeit
wirklich gut. Sie arbeitet selbständig, korrekt und schnell. Sie hält mir alles
vom Leib, was für mich unwichtig ist. Ich hatte wirklich noch keine Bessere,
Anita!“
    Anita war stolz. Sie hatte gewusst, dass Christina diese
Arbeit mit Leichtigkeit machen würde. „Das habe ich auch so erwartet! Deshalb
habe ich sie dir ja geschickt. Sie ist im Grunde für die Tipperei im
Schreibpool absolut überqualifiziert.“
    „Ja, ja,... das mag schon sein. Trotzdem freue ich mich
heute schon auf den Tag, an dem Tina wieder da ist. Irgendetwas läuft nicht
zwischen der Klasen und mir. Weißt du, Anita? Sie spricht kein Wort zuviel, und
ich kann machen, was ich will. Meinst du, die würde auch nur mal freundlich
zurücklächeln? Die weiß doch gar nicht, wie das geht! Diese Frau ist ein
einziger Eisklotz, und ich kann so einfach nicht arbeiten.“ Anita hörte ihm
aufmerksam zu, während er sich weiter ereiferte. „Stell dir mal vor! Sie und
ich sind die einzigen in diesem Haus, die sich siezen! So lange wie ich hier
bin, habe ich mich noch mit keiner Menschenseele in diesem Verlag gesiezt! Und
das war nicht meine Idee, das kannst du mir glauben!“
    Anita hielt das alles für unmöglich. „Aber Marc, Christina
ist wirklich eine ganz herzliche und liebenswürdige Person! Sie lacht viel und
gerne. Die Mädchen aus dem Schreibbüro vermissen sie schon sehr. Sie hat Humor
und kommt mit jedem gut aus, wirklich!“
    Marc zog ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter. „Okay,
Anita, alles klar! Dann muss es wohl an mir liegen“, beendete er schlagartig
das Gespräch.
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     

 
    - 8 -
     
    Christina schaute sich die Bilder an, welche die kleine
Nicole zusammen mit der Psychologin gemalt hatte. Jedes Blatt war
kohlrabenschwarz und wirkte bedrückend. Für die Häuser, Bäume und Blumenwiesen,
selbst für die Sonne hatte sie nur den schwarzen Buntstift benutzt. Die Sonne
hatte sie fett und tiefschwarz mit einem Wachsmalstift übergekrakelt. Man sah
dem Bild förmlich an, mit welcher Wut im Bauch sie alles Schöne, im wahrsten
Sinne des Wortes, aus ihrem Leben gelöscht hatte. Sich selbst und ihre Mutter
zeichnete sie jedes Mal winzig klein. Aber auf jedem Bild gab es riesenhafte
Männer, höher als die Häuser. Sie malte die Kerle stets nackt und mit
überdimensionalen Geschlechtsteilen. Wenn das keine Beweise für die Gräueltaten
ihres Vaters sind!, dachte Christina. Das Mädchen sprach noch immer keinen Ton.
Nicht mit ihrer Mutter, nicht mit Inge Fink, weder mit der Psychologin, noch
mit Christina.
    Christina nahm sie auf ihren Schoß und las ihr Geschichten
vor, oder sie spielten Gesellschaftsspiele, wie Mensch-ärgere-dich-nicht oder
Memory. Die Kleine hatte ein ausgezeichnetes Gedächtnis und spielte aufmerksam
und  konzentriert. Am Ende hatte Nicole immer den größeren Stapel an
Spielkärtchen auf ihrer Seite. Christina konnte sich anstrengen, soviel sie
wollte. Nicole gewann jedes Spiel. Man sah ihr aber niemals an, ob sie sich
über ihre Siege freute oder nicht. Christina rechnete und schrieb mit dem Kind.
Nicole hatte keinerlei Probleme, dem Schulstoff für das dritte Schuljahr zu
folgen. Sie führte ihr Hefte sehr ordentlich, fast schon pingelig. Sie duldete
kein Durchstreichen oder gar ein Eselsohr.

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