Ein Macho auf Abwegen
Micky hätte in
diesem akuten Fall eine simple Erklärung parat: „Da hilft nur Eins: Flachlegen!
Den Käfer musst du flachlegen, Marc! Der muss es nur mal einer so richtig
besorgen! Der Tussi fehlt ein Kerl, sonst gar nichts!“ Ja, für Micky wäre das
Thema Christina Klasen damit vom Tisch gewesen. Aber er selber war sich da gar
nicht so sicher. Da steckte mehr dahinter als zu wenig Sex. Diese Frau
schleppte irgendein dickes Päckchen mit sich herum. Wie gerne würde er doch
mehr von ihr wissen! „Wir könnten diese Gelegenheit auch nutzen, um uns etwas
besser kennen zu lernen.“
Kennen lernen? – Ich will dich aber gar nicht näher kennen
lernen, weil ich dich nämlich schon bestens kenne, Hallodri!, dachte Christina.
Was hat das jetzt schon wieder zu bedeuten?
Sie wollte das Gespräch beenden, musste auf der Stelle raus
aus diesem Zimmer. „Ich werde es mir überlegen, Herr Stevens“, sagte sie,
wusste jedoch bereits hundertprozentig, dass sie ihm morgen absagen würde. Sie
würde ganz gewiss, aber so was von sicher nicht mit ihm nach Barcelona fahren!
An keinen Ort der Welt würde sie mit diesem Mann fahren!
Marc schaute ihr noch hinterher und schüttelte skeptisch den
Kopf. Ihm kam es beinahe so vor, als fürchtete sich seine Assistentin
tatsächlich vor ihm. So eine gestandene Frau?
Nachdem sie sich den ganzen Abend hauptsächlich mit Nicole
befasst hatte, ging sie gegen Feierabend noch in Inge Finks Büro, um sich zu
verabschieden. „Na, Christina! Welche Laus ist Ihnen denn heute über die Leber
gelaufen? Ist etwas mit Nicole?“ Christina winkte ab. „Ne, mit Nicole lief alles
wie immer. Sie will nur noch Pipi Langstrumpf vorgelesen bekommen. Wenn sie
weiß, dass ich komme, sitzt sie schon mit dem Buch in der Hand da. Immer wieder
Pipi in Taka-Tuka-Land.“
Ja, Nicole wollte gerne so stark sein, es mit den stärksten
Kerlen aufnehmen können wie Pipi Langstrumpf. Selbst die grausigsten Piraten
wie Messer-Jocke und Blut-Svente konnten der kleinen frechen Göre mit den
Superkräften in dieser Kindergeschichte nichts anhaben. „Vielleicht sollten wir
Niki zu einem Selbstverteidigungskurs für Mädchen schicken“, schlug Christina
vor. „Keine schlechte Idee! Das würde ihre Selbstsicherheit stärken. Ich werde
mit der Psychologin darüber sprechen.“
Inge Fink betrachtete Christina etwas genauer. Irgendetwas
beschäftigte sie offensichtlich sehr. „Haben Sie einen schlechten Tag gehabt? –
Stress im Verlag?“
Christina setzte sich zu der Heimleiterin an den
Schreibtisch. „Ach, nein. Es ist nur ... Stevens macht mich einfach krank! Mir
reichen ehrlich gesagt die acht Stunden, die ich jeden Tag mit ihm verbringen
muss. Heute kommt er und teilt mir mal eben mit, dass ich ihn auf eine
Geschäftsreise begleiten soll. Geschäftsreise nennt der das!“ Inge Fink konnte
sich schon bildlich ausmalen, was Christina ihrem Chef darauf geantwortet
hatte. „Und Sie haben ihm dann vor den Latz geknallt, dass er zwecks Amüsement
gefälligst seine kleine Spaghetti-Moni mitnehmen soll“, sagte sie mit einem
Schmunzeln um die Mundwinkel.
„Nein, ich habe gesagt, dass ich es mir überlegen werde.
Morgen früh muss ich ihm allerdings schon Bescheid geben.“
„Ja, und wo ist das Problem?“
„Das Problem?! – Stevens ist das Problem! Ein wandelndes
Problem auf zwei Beinen!“
„Sie können aber ganz schlecht ohne ihn auf Geschäftsreise
gehen, Christina. Er ist nun mal der Macher. Wo soll es denn hin gehen?“
„Nach Barcelona. Er hat dort ein paar junge Leute aufgetan,
die für ihn singen sollen, und ich soll übersetzen.“ Christina machte ein
Gesicht wie ein Teenager, der keine Lust hatte, seine Eltern zu einer
langweiligen Einladung zu begleiten. „Das ist doch ein ganz vernünftiger
Gedanke von Stevens. Er hat in Spanien zu tun, spricht allerdings die Sprache
nicht, hat aber eine Assistentin, die das fließend kann. Er wäre ja dumm, wenn
er sie zu Hause ließe!“
Christina kräuselte die Stirn in tiefe Falten. „Frau Fink,
Sie verstehen IHN nicht! Sie kennen seine Denke nicht! Der Knabe funktioniert
anders. Er könnte sich vor Ort einen Dolmetscher nehmen,... das wäre allemal
billiger als einen zusätzlichen Flug, nebst Kost und Logis zu bezahlen. – Stellen
Sie sich das mal vor! Er sagte ... “ Christina versuchte ihn zu imitieren. „...
wir könnten uns bei der Gelegenheit besser kennen lernen. – Kennen lernen! Das
ich nicht lache! Wissen Sie, was das zu bedeuten
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