Ein Macho auf Abwegen
Se noch wat brauchen, Marc, tun Se mich einfach
rufen!“ Sie machte sich zum Gehen auf. „Ja, frühstücken Sie denn nicht mit
uns?“, wollte Christina wissen. „Nein, nein, ich tu ja nur stören, bei Ihnen
Ihrer Geschäftsbesprechung!“ Sie zwinkerte Stevens und Christina mit einem Auge
zu.
Die beiden schauten sich an und mussten laut losprusten.
„Sie haben soeben das erste Mal so richtig gelacht, mit mir jedenfalls, Frau
Klasen“, bemerkte Marc. „Frau Meckenstock ist aber auch zu köstlich! So stellt
man sich seine eigene Oma vor. Arbeitet sie schon lange bei Ihnen?“
„Seitdem ich hier wohne, und ich hoffe, sie bleibt auch noch
ein bisschen“, erklärte er ihr. „Mia behandelt mich nämlich ganz normal. Von
wegen Starallüren! Wenn ich nach Hause komme, ist das so wie bei allen anderen
auch. Sie wäscht mir manchmal ganz schön den Kopf, kann ich Ihnen sagen! Mia
hält mich auf dem Boden der Tatsachen, wenn ich schon mal einen Höhenflug
habe.“
„Und wann heben Sie für gewöhnlich ab?“, fragte Christina
nach. „Na, zum Beispiel wenn ich einen Top-Ten-Hit habe. Dann denke ich schon
mal, die Welt würde sich ohne Marc Stevens nicht weiterdrehen.“
„Und wann muss Sie Ihnen den Kopf waschen?“ Stevens wurde
etwas verlegen und strich sich wieder einmal mit der Hand über den Nacken. „Na
ja,... wenn ich irgendeine Frau mit nach Hause bringe – über Nacht und so. Das
kann sie überhaupt nicht leiden!“
„Sie meinen diese Luder?“
„Ja, Mia denkt, diese Mädchen verderben meinen Charakter,
weil sie mich zu sehr bewundern. Und sie hat Recht. Die jungen Dinger machen
alles, um mit mir zusammen zu sein. Ich fühle mich natürlich geschmeichelt,
falle immer wieder auf diesen Typ Frau herein. Sie machen mit mir Publicity und
kommen so in die Zeitung oder sogar in das Fernsehen.“
„Und so ist Ihr Image entstanden“, bemerkte Christina. „Marc
Stevens macht alle glücklich!“
Stevens schaute sie ernst an. „Ich will das eigentlich gar
nicht, Frau Klasen.“
„Da merkt man aber leider nichts davon, Herr Stevens.“
„Sie spielen auf die letzte Titelseite im „Blitz“ an, nicht
wahr?“ Christina nickte. „Da wollte ich sowieso noch in Ruhe mit Ihnen drüber
sprechen, Frau Klasen.“
„Mit mir? Warum? Was habe ich denn damit zu tun?“
„Ich habe doch genau gesehen, wie enttäuscht Sie von mir
waren, und das tut mir leid.“
Was war mit dem denn los? Er hatte mit der Kleinen
offensichtlich seinen Spaß gehabt, und Henning hatte ihn ausdrücklich für diese
Publicity gelobt. Also hatte er doch alles richtig gemacht. „Ich habe nur etwas
gestutzt, Herr Stevens, weil ich Sie bisher anders kennen gelernt hatte. Ich
meine, ich habe zwar schon viel von Ihnen gehört, habe aber zum ersten Mal eine
Titelseite mit solch einem Aufmacher über Sie zu sehen bekommen. Ich habe kein
Problem damit, ehrlich!“
„Sie hatten also eine andere Meinung von mir als die
Öffentlichkeit?“
„Ja, natürlich!“
„Und welche?“
Christina antwortete nicht sofort. Sie musste zunächst
abwägen, welche Folgen ihre Antwort haben könnte. Sie wollte ehrlich sein, denn
eigentlich war er ein beachtenswerter Mensch. Er saß ihr gegenüber und
erwartete offensichtlich auch eine verlässliche Beurteilung. Sie sah ihn
eindringlich an, schluckte und begann, ihm ihre Meinung zu sagen. „Herr
Stevens, Sie sind ein intelligenter, gebildeter Mann, und Sie beherrschen Ihren
Beruf aus dem Effeff. Mir ist es vollkommen unverständlich, warum Sie solche
Geschichtchen wie neulich überhaupt nötig haben.“ Er setzte sich aufrecht hin und
hörte ihr konzentriert zu. „Ich meine diese Luder. Was bedeuten Sie Ihnen
eigentlich? Müssen Sie wirklich, um Ihre Platten an den Markt zu bringen,
regelmäßig auf den Titelseiten der Boulevardblätter erscheinen? Haben Sie denn
so wenig Selbstbewusstsein, Herr Stevens?“ Er sagte nichts, schaute sie nur
unvermindert ernst an. „Ich kenne Ihre Musik seit vielen Jahren. Sie schreiben
erstklassige und anspruchsvolle Melodien. Das gleiche gilt für Ihre Texte.
Denken Sie wirklich, dass diese Platten nur gekauft werden, weil Sie dieses
Lotterimage haben? Könnte es denn nicht genauso gut sein, dass die Menschen
Ihre berufliche Leistung anerkennen, weil Sie seit so langer Zeit immer den
Nerv der Menschen treffen? Herr Stevens! Lassen Sie sich doch bitte nicht von
Leuten wie Henning einreden, dass es nur über den Sex funktioniert!“ Stevens
zeigte immer noch keine
Weitere Kostenlose Bücher