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Ein Mädchen aus Torusk

Ein Mädchen aus Torusk

Titel: Ein Mädchen aus Torusk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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hin und deckte sie zu.
    »Du mußt ganz ruhig sein, Anuschka«, sagte er zärtlich und küßte ihre geschlossenen Augen. »Du darfst jetzt nicht mehr an dich allein denken … es ist wichtiger, viel wichtiger.« Er legte die Hand auf ihren Leib, und sie schob ihre Hand darüber und drückte sie fest an sich.
    »Du weißt es, Tinja?« flüsterte sie.
    »Ich weiß alles, Anuschka.«
    »Ich bin so glücklich, Tinja.«
    »Ich auch.«
    »Und so unglücklich. Es sollte in Torusk geboren werden. Larissa Lampolewa hätte es geholt. Sie holt alle Kinder in Torusk und Taragaisk. Sie hat eine kräftige, gute Hand, die alte Larissa. Nun wird es hier geboren. Und ich hasse dieses Hier!«
    »Du wirst es lieben lernen, weil ich hier bin, Anuschka.«
    »Nie werde ich es lieben. Nie, Tinja!«
    »Wir fahren morgen zurück nach Bremen.«
    »Nein!« Sie fuhr hoch und schob seine Hand von ihrem Leib.
    »Doch! Wie lange hat Pawel Andrejewitsch einmal auf einen Tiger gewartet, ehe er ihn bekam?«
    »Sieben Monate, Tinja.«
    »Und er verlor nicht die Geduld. Und du, seine Tochter, willst ungeduldig sein? Schäme dich, Anuschka Turganow!«
    Anuschka lächelte schwach. Sie schob die Beine aus dem Bett. Kindlich sah sie aus in dem dünnen Nylonanzug, schmal, zerbrechlich und doch von einer betörenden Fraulichkeit. »Wir fliegen zurück, Tinja?« fragte sie.
    »Ja. Morgen früh.«
    »Und die Frauen, die solche bösen Briefe schreiben und mich eine Prostitutka nennen?«
    »Sie werden zu dir kommen und sich entschuldigen.«
    »Glaubst du das wirklich, Tinja?«
    »Ich werde sie dazu zwingen!«
    »Es wird schwer werden.«
    »Gewiß – aber sie werden es tun, und wenn ich wie Pawel Andrejewitsch auf seinen Tiger sieben Monate warten muß.«
    *
    Die Rückkehr Anuschkas und Abels' erzeugte in der Bremer Gesellschaft eine kleine Panik. Dr. Faßler setzte sich mit Dr. Petermann in Verbindung und besprach noch einmal, wie man Martin Abels am besten beruhigen konnte. Senator Pottbeck und Baron von Plessneck besprachen sich mit Reeder Holgerson, der ihnen den einzigen Rat gab, den er geben konnte: »Gehen Sie hin zu Abels wie Heinrich IV. nach Canossa und sagen Sie ihm, daß Sie für die Dummheiten Ihrer Gattinnen nicht aufkommen.«
    Zunächst allerdings erschienen weder Dr. Faßler noch Baron von Plessneck, sondern Peter Ulski von der Handelsmission machte seine Aufwartung in Abels' Büro.
    »Ich komme in erster Linie amtlich«, sagte Ulski mit seiner ihm eigenen Gewandtheit. »Wir verhandeln in Bonn über die Ausfuhrgenehmigung von Kugellagern. Wenn es klappt, wären wir an den Abels-Kugellagern sehr interessiert. Wir sollten einmal – zunächst noch unverbindlich – darüber sprechen. Es wäre ein schöner Millionenauftrag. Das vorweg. Rein privat möchte ich sagen, daß wir den Fall Turganow geschlossen haben. Wir wünschen Ihnen viel Glück mit Ihrer schönen Frau.«
    »Wie großzügig.« Abels sah Ulski nachdenklich an. »Es ist nicht Ihre Art, Geschenke zu verteilen. Was ist die Wahrheit?«
    »Sie kennen uns sehr gut, Nikolai Stepanowitsch.« Ulski betrachtete seine brennende Zigarette. »Die Turganows sind aus Torusk verzogen.«
    »Das heißt, sie sind in ein Straflager gekommen«, sagte Abels rauh.
    »Sie sind anders eingesetzt worden, Genosse. Überall ist der Aufbau unseres Volkes nötig … ob in den Wäldern der Taiga, im Bergwerk, in der Industrie. Die Turganows helfen mit am Sozialismus.«
    »So habe ich ihnen Unglück gebracht.« Abels erhob sich und trat an das große Fenster. Von ihm aus konnte er seine Werke überblicken, ein äußerer Reichtum, der allein noch kein Glück bedeutete. »Ich glaube kaum, daß ich Ihrem Land die Kugellager liefern werde.«
    »Verquicken wir doch Millionengeschäfte nicht mit privaten Dingen, Towarisch! Wir haben das Interesse an Ihrer einmaligen Leistung verloren. Wir wissen jetzt, daß Sie wirklich fast ohne Hilfe bis nach Sibirien gekommen sind.«
    »Ach! Und woher wissen Sie das?« Abels fuhr herum.
    »Von einer Betty Cormick. Ein kluges Mädchen. Sie hat uns alles erzählt. Unser Generalstab war sehr betroffen, daß Rußland im Osten so weiche Grenzen hat. Man wird das ändern.«
    »Was habt ihr mit Betty gemacht?« rief Abels. »Ist sie schon am Eismeer umgebracht worden?«
    »Aber Towarisch.« Peter Ulski lächelte mokant. »Betty Cormick ist wieder in ihrer Heimat, in den USA.«
    »Das ist eine Lüge!«
    »Leider wird die Wahrheit am wenigsten geglaubt. Aber es ist so.« Ulski erhob sich und

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