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Ein Mädchen aus Torusk

Ein Mädchen aus Torusk

Titel: Ein Mädchen aus Torusk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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stirbt … ich weiß nicht, was ich mache. Ich bitte schon jetzt für diesen Fall um die Freiheit eines Irren.«
    »Holgerson!« Abels legte die Hände auf die Schultern des alten Mannes. »Sie sollten nicht solche Gedanken haben. Inken wird weiterleben.«
    »Wenn gute Wünsche wie Wunder wären …«
    »Wir bleiben so lange hier, bis Inken außerhalb der Krisis ist.« Abels drückte die Schultern Holgersons. »Und Sie stehen jetzt auf und gehen ins Hotel.«
    »Nein!«
    »Doch!«
    »Wenn Inken erwacht …«
    »Wird sie mich sehen und Anuschka. Das wird sie mehr freuen als der Anblick ihres Vaters.«
    »Sie sind von einer entwaffnenden Brutalität, Martin.« Seufzend erhob sich Holgerson. »Ich gehe nebenan und lege mich auf eine Couch.«
    »Sie sollen schlafen.«
    »Ich will es versuchen.« Er blieb an der Tür stehen. »Rufen Sie mich, wenn Inken erwacht?«
    »Natürlich.«
    Der junge Arzt hatte unterdessen Inken abgehört, den Puls gefühlt und hob die Schultern. »Atmung und Herztätigkeit sind besser als vor einer Stunde«, sagte er und rollte sein Membranstethoskop zusammen. »Wie gesagt, wenn das Herz durchhält, haben wir gewonnen.«
    Er nickte Anuschka und Abels noch einmal zu und folgte dann Holgerson auf den breiten Gang. Leise zog er die Tür hinter sich zu.
    Stumm saßen Abels und Anuschka neben dem Bett und warteten. Gegen Morgen – die Schwester war am Tisch eingenickt, und auch Abels saß mit hängendem Kopf auf seinem Stuhl und schlief – bewegte sich Inken ganz leicht, und ihre Augenliderhoben sich. Anuschka beugte sich über sie.
    »Inken …« sagte sie leise. »Inken … isch bin da. Kannst du sähen misch …«
    Wieder legte sie ihre kühle Hand auf Inkens Stirn. Es schien eine Wohltat zu sein, denn das plötzlich etwas verzerrte Gesicht Inkens entspannte sich.
    Anuschka zupfte etwas Watte aus einem sterilen Behälter, der auf dem Nachttisch stand, träufelte Kölnisch Wasser darauf und rieb damit sacht das Gesicht Inkens ab. Dann hielt sie ihr den Wattebausch unter die Nase. Mit einem freudigen Schreck sah sie, wie Inkens Brust sich hob und wie der erste tiefe Atemzug durch ihren Brustkorb ging. Die Augen wurden größer, der Blick war plötzlich klar. Fragend und erstaunt erkannte Inken in diesem Moment die Anwesenheit Anuschkas. Auch Martin erfaßte ihr Blick … den schlafenden, erschöpften Mann auf dem Stuhl.
    »Ruhä … bittä … nix bewegen …«
    »Sie –?« flüsterte Inken kaum hörbar. Anuschka nickte.
    »Martin«, sagte Inken etwas klarer. Anuschkas Herz verkrampfte sich. Aber dann nickte sie und beugte sich vor, rüttelte an Abels' Schulter und weckte ihn. Er fuhr erschrocken auf und strich sich die Haare aus der Stirn.
    »Was ist, Anuschka? Himmel, ich bin eingeschlafen. Was ist mit Inken?«
    Er beugte sich vor und sah die geöffneten Augen der Kranken. Ihr Blick war wieder verschwommen, unklar, weit weg von dieser Welt, aber die Augen blieben offen, und der Atem war kräftiger geworden.
    Abels weckte die Schwester auf. Sie warf einen Blick auf Inken und rannte aus dem Zimmer, eine herzstärkende Spritze zu holen. Gleichzeitig sah sie in das kleine Besuchszimmer, wo Holgerson auf der Couch lag und rauchte. Mit einem Schwung setzte er sich auf.
    »Was ist mit Inken?« rief er.
    »Sie ist wach, Herr Konsul.«
    Mit steifen Beinen rannte Holgerson ins Nebenzimmer. Er kam gerade dazu, als Abels sich über Inken beugte und zu ihr sagte: »Was machst du für Dummheiten, Inki?! Jetzt mußt du aber ganz fest mithelfen, gesund zu werden, sonst geht der Sommer vorbei, ohne daß wir segeln waren.«
    Inken nickte mit den Lidern. Ihr Blick wanderte von Martin zu Anuschka und blieb bei ihrem Vater stehen.
    »Ihr alle …« sagte sie kaum hörbar. »Was … was ist denn mit mir los …?«
    »Ein Rückfall, mein Kleines.« Holgerson setzte sich auf die Bettkante. Er legte seine Hände auf ihre weißen, aber heißen Finger. Wie farblos die Fingerspitzen sind, dachte er mit Schrecken. Als sei sie schon gestorben. »Aber auch das geht vorbei, Inki. – Nur Mut! Nur Mut!«
    Dann verließ ihn selbst die Beherrschung – er wandte sich ab, stand auf und ging in den Hintergrund. Es brauchte niemand zu sehen, wie der Reeder und Konsul Holgerson weinte.
    *
    Nach drei Tagen war Inkens Zustand nicht mehr lebensbedrohend, sie hatte die Krisis überwunden. Holgerson konnte nach Bremen zurückreisen, um die nötigsten geschäftlichen Dinge zu erledigen. Vorher aber nahm er Anuschka zur Seite. Sie war blaß

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