Ein Magier auf Höllentrip
etwas zu deinen Ehren zu veranstalten.«
Alea sprang vor Begeisterung in die Höhe. »So ist es richtig! Ein großer Abschied!«
Ein unerwarteter Kälteschauer rann meinen Rücken entlang. »Ihr denkt doch nicht etwa an eine Show?« flüsterte ich entsetzt.
»Genau das!« antwortete mir Hubert glücklich. »Alea, hab’ ich dir nicht schon immer gesagt, daß dieser Junge ein helles Köpfchen ist?«
»O ja, Hubert.« Wieder einmal sah Alea mich durch halbgeschlossene Lider an. »Und mit Tieren kennt er sich auch gut aus.«
Alea drängte sich an mich. »O Wuntie!« stieß sie hervor und griff sich meine Hand. »Vielleicht können wir ein Lied ganz für dich alleine singen!«
»Ja!« brüllte der Drache. »Was für eine brillante Idee. Wir könnten es ›Die Ballade von Wuntvor‹ nennen.«
Hubert sang zögernd die ersten Verse:
Wuntvor dem Helden gilt unser Abschiedsfest,
Hinunter in die Niederhöllen führt ihn seine Quest…
Alea runzelte die Stirn. »Das ist es noch nicht ganz. Ich denke, wir sollten in der Exposition seinen Charakter besser entwickeln und dem Publikum verdeutlichen, welche Art Mensch sich auf eine so vollkommen hoffnungslose Quest einlassen würde. So ungefähr…« Und sie begann in ihrem hohen, klaren Sopran zu singen:
Wuntvor der Aufrechte ließ sich nichts schenken,
Doch handelt’ er meist ohne nachzudenken…
»Der sentimentale Touch ist ja ganz nett, aber das Publikum hat es viel lieber, wenn Blut und Eingeweide durch die Ballade spritzen!«
Und so versuchte es der Drache noch einmal:
Kühn schritt er aus, der furchtlose Held,
Auch wenn ihn bald der Dämon anfällt,
Und ihn Glied für Glied…
Ich hielt es für angemessen, mich zu verabschieden. Obwohl die beiden Bühnenkünstler es sicherlich gut meinten, wirkten ihre Versuche auf mich ungefähr so aufmunternd, als lege man sich zu einem friedlichen Nickerchen nieder und höre irgendwo in der Ferne den monotonen Singsang seines eigenen Grabgesangs. Vielleicht fand ich ja ein ruhiges Plätzchen in der Sonne, wo ich in Ruhe meinen Meditationen nachgehen könnte.
»Wuntvor? Kann ich mit dir reden?«
Und dort, am Rande eines kleinen Wäldchens, stand sie, Norei.
Ich rannte schnell zu ihr hinüber. Hatte meine Geliebte mir am Ende doch verziehen? Ich ergriff ihre Hand und küßte sie keusch auf die Wange.
Norei blickte verdrossen drein. »Nicht in aller Öffentlichkeit, Wuntvor! Ich wollte lediglich einen Augenblick mit dir reden!«
Norei sah mich mit Augen an, die die Farbe einer Waldlichtung besaßen; ihre wohlgeformten Lippen waren zu einem perfekten Strich zusammengepreßt. Oh, wie konnte ich ihr nur glaubhaft machen, daß im Vergleich mit ihr Alea nichts als ein rasch verschwimmendes Bild war!
»Norei…«, begann ich.
»Ich lege keinen Wert auf Ausflüchte, Wuntvor.« Ihre Stimme vibrierte vor unterdrückter Wut. »Ich will die Wahrheit.«
»Die Wahrheit?« Was sagte meine Geliebte da? »Aber ich belüge dich doch nie…«
»O ja, ich weiß.« Norei schnitt eine Grimasse. Hatte ich da nicht die leise Andeutung eines Lächelns erspäht? »Doch du neigst manchmal dazu, die Wahrheit etwas auszuschmücken. Ich glaube nicht, daß du es schlecht meinst, meistens jedenfalls…«
Ich trat näher zu ihr hin, doch sie zog sich daraufhin zurück.
»Ich versuche zu diskutieren!« rief sie aus, und ihre Stimme klang wieder recht streng. »Nach allem, was du mir versprochen hast, erscheint deine jüngste Handlungsweise mit dieser – blonden Person – in einem sehr unethischen Licht.« Sie sprach zögernd, und jedes Wort wurde lauter als sein Vorgänger hinausgestoßen, so als gelänge es ihr nur mit Mühe, ihren Zorn zurückzuhalten.
Sie schwieg, um mich anzusehen, und biß sich auf die Unterlippe. Als sie weitersprach, sprudelten die Worte schneller hervor.
»Es ist, nun, es könnte ja sein, daß ich dich zum letzten Mal sehe, und da dachte ich, du solltest eine Chance bekommen, das Ganze zu erklären.«
Das Herz hüpfte mir in der Brust. Meine Geliebte wollte mir also vergeben! Schnell aber logisch begann ich, ihr zu erklären, wie ich die Schautafel und den Hut gefunden hatte und wie gerade in diesem Augenblick Alea vorbeigekommen war; ich hatte meinen großzügigen Tag gehabt, aber mich leider nicht klar genug ausgedrückt, denn dann kam Alea ins Zimmer, anstatt die Blumen durch das Fenster anzunehmen, und dann war die wahre Natur des Zauberhuts zutage getreten, und ich, ritterlich wie ich war,
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