Ein Magier auf Höllentrip
neuen Roben!«
»Ah, sehr gut.« Ebenezum glättete seinen Bart. »In letzter Zeit habe ich mich nicht besonders zauberlich gefühlt. Jetzt kann ich zumindest äußerlich den Anschein erwecken.«
Ich begleitete meinen Meister, und wir beide begaben uns rasch zu dem Königlichen Hofschneider hinüber. Wie beeindruckend würde Ebenezum in seinen neuen königsblauen Roben nicht aussehen!
Doch das Lächeln meines Meisters verblaßte schnell, als wir uns Klothus näherten. Mit einer zitternden Hand griff er nach dem Stoff.
»Was hat das zu bedeuten?« grollte er.
»Was hat was zu bedeuten?« fragte Klothus unschuldig zurück. »Ich habe Euch besorgt, was Ihr braucht, ein neues Gewand mit vier-neunzehner Muster!«
Ich sah unauffällig auf das winzige Stoffstück, das Ebenezum in seinen Händen hielt. Es war zwar mitternachtsblau, doch die silberne Stickerei bildete keine Monde und Sterne ab. Sie war statt dessen in zugegebenermaßen recht geschmackvoller Weise mit Enten und Kaninchen geschmückt.
»Enten und Kaninchen?« Mein Meister war wahrhaft wütend.
»Natürlich!« hielt ihm Klothus entgegen. Er schielte auf die Überbleibsel der Robe, die sich noch an Ebenezums Körper befanden. »Oje, das sind ja Sterne und Monde, oder? Das wär ja ein vier-siebzehner, nicht wahr?« Der Schneider räusperte sich dezent. »Ein ganz natürliches Versehen!«
»Natürlich?« Mein Meister hörte sich an, als gäbe es gleich ein Erdbeben in seiner Kehle.
»Nun«, runzelte nun auch Klothus seine Stirn, »ist es etwa mein Fehler, wenn Ihr Eure Kleidung nicht sauberhalten könnt? Ich habe in letzter Zeit ziemlich viel Streß gehabt, mit dem ganzen Verschwinden von Vushta und so fort.«
Ebenezum zitterte nun heftiger, während sich seine Gesichtsfarbe zu einem recht unkleidsamen Kalkweiß wandelte.
»Ihr…«, begann der Zauberer.
»Ich verstehe«, unterbrach ihn Klothus, der etwas überrascht schien. Er redete hastig weiter. »Es ist eine schrecklich beliebte Nummer.«
»… nennt Euch selbst…« Der eisige Hauch eines Wintersturms schien in der nun lauter werdenden Stimme des Magiers mitzuschwingen.
»… und die Kleiderkammer hier ist nicht so gut ausgerüstet wie in der Hauptgeschäftsstelle, nun, äh – was mal die Hauptgeschäftsstelle war.« Klothus hatte mit dem taktischen Rückzug vor meinem Meister begonnen.
»… einen Hofschneider?« Ebenezums Stimme hatte den Gipfel ihrer Intensität erreicht.
»Trotzdem«, rief Klothus über die Schulter zurück, während er schon rannte, »werde ich sehen, was ich tun kann.«
Mein Meister schauderte und holte einmal ganz tief Atem. »Ja«, sagte er betont langsam. »Seht, was Ihr tun könnt.«
Doch da war Klothus schon längst verschwunden.
Ebenezum wandte sich wieder mir zu. »Manchmal sind es diese lästigen Alltagsdinge, die einen am nachhaltigsten herunterziehen. Doch wenn du zurückkehrst, wird all das bereits hinter uns liegen. Wenn ich bis zu diesem Zeitpunkt nicht schon längst eine Heilungsmöglichkeit gefunden habe, wird sie mir mit der Rückkehr von Vushta sicherlich offenbar werden. Und wenn ich erst einmal wieder richtig zaubern kann, werden wir ernsthaft mit deiner Ausbildung beginnen.«
Ebenezum sah zum Himmel empor. »Wir haben noch ein paar Minuten bis Sonnenuntergang. Ich muß noch einmal hineingehen und mich mit meinen Mitmagiern beraten. Ich werde dich dort also bald wiedertreffen.« Und mit diesen Worten wirbelte der Magier herum und kehrte zur Abendschule zurück.
Also war ich wieder alleine, um mir einsam und still die letzten Minuten eines spätsommerlichen Nachmittags ansehen zu können. Der Wind drehte sich und trug die Stimmen von Hubert und Alea an mein Ohr.
»Nein, nein!« schrie Alea. »Wir müssen immer noch die Gefahr personalisieren!« Sie sang weiter:
Wuntvor der Junge war nicht sehr subtil,
Oft über beide Füße er fiel!
»Nein, das stimmt so nicht!« hielt Hubert dagegen. »Wir müssen die Gefährlichkeit seiner Mission betonen, wenn wir die Zuhörer bei der Stange halten wollen!« Und die Stimme des Drachen dröhnte:
Wuntvor der Kühne muß ganz schön was wagen,
Sonst geh’n ihm die Dämon’ an den Kragen!
Sie schmatzen und schlürfen sein Fleisch und sein Blut,
In Fetzen liegt Wunt vor ihrer gnadlosen Wut!
»Okay«, gab Alea widerwillig zu, »das ist nicht schlecht. Das werden wir auf alle Fälle bringen.«
Sie schmatzen und schlürfen sein Fleisch und sein Blut? Ich versuchte zu schlucken, doch meine Kehle
Weitere Kostenlose Bücher