Ein Magier in Nöten
schmerzen. »Geister, Werwölfe, magische Hühnchen? Was ist eigentlich hier los?«
»Ruhig, Junge, keine Aufregung! Es gehört alles zu dem Paket. Du weißt schon, das typische niederhöllische Kombi-Sonderangebot: ein Spruch zum Goldproduzieren, ein Werstein, ein Riesen-Grak – der Himmel weiß übrigens, wo der geblieben ist –, ein fast neuer Gebraucht-Geist. Ich bin so etwas wie der Zeremonienmeister der Truppe; ich muß so lange durch die Gänge geistern, bis ich jemanden herzhaft zum Lachen gebracht habe. Wenn mir nur irgend jemand ein paar neue Witze erzählen würde! Kannst du dir vorstellen, wie schwierig es ist, aus vierhundert Jahre altem Material einen einzigen Lacher zu quetschen?«
»Es ist sicher hart für dich«, sagte ich. Ich war zu müde für Mitleid. Ich legte mich im Bett zurück.
»Aber jetzt ist Schluß mit den langweiligen Geschichten! Weiter mit der Show! Kennst du den mit dem Einhorn und dem Gastwirt? Also, dieses Einhorn geht in die Kneipe und bestellt bei dem Gastwirt ein Pint Ale. Der Gastwirt bringt das Ale und sagt: ›Das macht hundert Goldkronen.‹ Dann sagt er noch: ›Weißt du, wir haben hier nicht viele…‹«
Es war zu viel für mich. Ich schlief ein.
Früh am nächsten Morgen wankte ich zu der Scheune und erzählte Ebenezum mein Erlebnis mit dem Geist.
»In der Tat«, bemerkte er, als ich meinen Bericht beendet hatte. »Hier gibt es mehr Dinge zwischen Himmel und Erde, als sich die Augen oder die Nase träumen lassen! Ich habe das Gefühl, als versuchte Lady Sniggett, für verdammt ein niedriges Honorar uns verdammt viel Arbeit aufzuhalsen.« Er räusperte sich. »Ich glaube, sie würde eine solche Vorgehensweise ›zivilisiert‹ nennen.«
»Entweder das«, ergänzte ich, »oder sie hat Angst davor, daß ein Spruch, der die schlechten Seiten der Magie beseitigt, ihr geliebtes Hühnchen auch gleich mitnimmt.«
»Gut beobachtet.« Ebenezum bearbeitete seinen langen weißen Schnurrbart. »Vielleicht gibt es noch Hoffnung für dich, Wuntvor. Was auch immer passiert, wir müssen unsere Sprüche einzeln abkassieren. Das wird zwar ganz schön teuer für sie, aber sie können es verschmerzen.«
»Aber…« Ein plötzliches Unwohlsein hinderte mich daran, den Satz zu beenden. Wer sollte die Sprüche rezitieren? Der Gesundheitszustand meines Meisters ließ es nicht zu, daß er Beschwörungen vornahm. Er hatte schon alles ausprobiert, um seine Nase zu verstopfen oder den zauberischen Gerüche zu entgehen. Doch all diese Versuche hatten nicht funktioniert. Alle außer einem: Solimas Heilkräuter.
Meine Augen wanderten zu der Phiole mit Kräutern, die Ebenezum während der letzten Woche nicht von seiner Seite gelassen hatte. Der Magier schüttelte den Kopf. »Nein, Wunt. Dieser Job hier ist nicht annähernd so wichtig, daß ich dafür das einzige Heilmittel opfern würde, das mir noch bleibt. Ich werde es für einen ernsteren Anlaß aufsparen.«
Ebenezum strich sich den Bart und sah in den Heuschober hinauf. »Hier gibt es eine Menge von übernatürlichen Faktoren, die zusammenwirken. Doch einzeln betrachtet ist jeder von ihnen mit einem relativ einfachen Spruch zu beheben. Ein Werstein muß zerstört, ein Geist vertrieben, das eine oder andere Wesen exorziert werden. Danach können wir Lady Sniggetts Hühnchen umpolen. Und du, Wuntvor, du wirst die Magie ausüben!«
Ich starrte meinen Meister lange an. »Schließ den Mund, Junge! Ein guter Magier hält den Mund immer fein geschlossen.«
Ich gehorchte.
»Du hast bereits«, setzte er fort, »einige einfache Sprüche gelernt, mit denen du uns aus gewissen mißlichen Lagen befreien kannst. Ich gebe zu, daß sie nicht immer so geklappt haben, wie es geplant war, doch wir leben ja schließlich noch und können unseren Weg nach Vushta fortsetzen. In den nächsten Stunden wirst du ein paar kinderleichte Sprüche lernen. Und dann brauchen wir nur noch ein exaktes Timing!«
Ich war überwältigt. Noch nie hatte mein Meister solch großes Vertrauen in mich gesetzt!
»Ich hoffe, daß ich mich würdig erweisen werde!«
Ebenezum hob eine Augenbraue. »Das hoffe ich auch. Es geht um ein hohes Honorar.«
Als Ferona an die Tür der Scheune kam, erntete sie von mir nur einen flüchtigen Blick. Mein Kopf war voll mit dem Allgemeinen Vertreibungsspruch Nr. 3, der Orkschen Universal-Exorzismus-Regel und dem Großen Gesang Foudous zur Regeneration verlorengegangener Körperteile.
»Entschuldigung«, machte sie sich bemerkbar,
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