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Ein magischer Walzer

Titel: Ein magischer Walzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Gracie
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war es meisterlich, aber Sebastian konnte sich nicht dazu bringen, ihr böse zu sein. Seine streitlustige Schwester machte ihre Sache gut, bedachte man den langweiligen Ausflug.
    Warum, um Himmels willen, hatte Lady Elinore diesen Ort dafür ausgesucht?
    Die Antwort darauf erhielt er nach einer weiteren Stunde, die sie mit der Betrachtung gepresster, brauner Vegetation verbracht hatten. „Sie werden sich vielleicht wundern, woher ich so viel über das Museum und die Ausstellungen hier weiß.“ „Nein“, entgegnete Cassie tonlos.
    Glücklicherweise hörte Lady Elinore sie nicht. Sie fuhr fort: „Meine verstorbene Mutter hat mich einmal im Monat mit hierher genommen.“ Sie lächelte die Mädchen an. „Meine Mutter Lady Ennismore war eine berühmte Pädagogin und Schriftstellerin, müsst ihr wissen. Sie war immer sehr beschäftigt, hielt Vorträge, hatte Treffen oder schrieb Bücher. Solange ich klein war, habe ich nicht viel von ihr gesehen. Aber für unsere Museumsbesuche hat sie sich immer Zeit genommen.“ Entzückt schaute sie sich in dem riesigen, hallenden Gebäude um. „Ich habe mich immer sehr auf die Stunde hier gefreut, jeden Monat, nur Mutter und ich. Ich fühle mich hier fast wie zu Hause.“
    Cassie starrte sie an: „Das sind die einzigen Gelegenheiten gewesen, bei denen Sie Ihre Mutter allein gesehen haben?“
    Lady Elinore schüttelte kurz den Kopf und antwortete milde tadelnd: „Wenn die eigene Mutter berühmt ist und eine Berufung hat, dann muss man Opfer bringen. Ich bin stolz darauf, Lady Ennismore Tochter zu sein und ihre Arbeit fortzuführen.“
    Eine kurze, unbehagliche Stille entstand.
    „Ich kann verstehen, dass Ihnen das Museum ans Herz gewachsen ist“, bemerkte Sebastian schließlich. „Danke, dass Sie uns hergebracht haben.“
    „Oh, aber wir sind doch lange noch nicht fertig.“
    Cassie blickte ihn stumm an. Langsam geriet sie an das Ende ihres ohnehin nicht unbegrenzten Vorrats an gutem Benehmen, erkannte er. Ihr momentanes Mitgefühl für Lady Elinore würde nicht ewig anhalten. Er musste sie nach Hause schaffen, ehe sie etwas Unverzeihliches tat.
    „Ich denke, die Mädchen haben so viel Botanik gesehen, dass es für einen Tag reicht. Es ist jetzt Zeit, nach Hause zurückzukehren und ein paar Erfrischungen einzunehmen.“
    „Nun gut“, gab Lady Elinore nach. „Obwohl es noch viel zu sehen gibt. Aber eine Tasse Tee wäre mir jetzt sehr willkommen.“ Sebastian brachte sie rasch zu ihrer Kutsche. Während Cassie einstieg, sagte er leise zu ihr: „Du hast dich heute sehr gut benommen, Cassie. Wenn du so weitermachst, werde ich mir eine Belohnung für dich und Dorie einfallen lassen.“ Unglücklicherweise hörte Lady Elinore ihn. „Eine Belohnung? Oh, da weiß ich genau das Richtige. Ich werde euch beiden eine Ausgabe von Mutters Besserungsgeschichten für junge Mädchen geben.“
    Sebastian konnte an Cassies Augenverdrehen erkennen, dass seine Schwester für einen Tag genug hatte von Lady Ennismores Ideen zur Erziehung. Mit angehaltenem Atem starrte er Cassie an, sandte ihr die stumme Botschaft, dass er sich tatsächlich eine besondere Belohnung einfallen lassen würde, wenn sie Lady Elinore artig dankte. Wenn aber nicht...
    Cassie erwiderte seinen Blick kühl und sagte mit lähmender Höflichkeit: „Danke sehr, Lady Elinore. Ich bin sicher, die Geschichten werden ebenso fesselnd sein wie Ihre botanische Führung.“
    Zu Sebastians ewiger Dankbarkeit merkte Lady Elinore nichts von der Ironie. Seine Dankbarkeit währte jedoch nicht lange, denn sie sah sich durch das dick aufgetragene Kompliment dazu veranlasst, sich erneut endlos über die Sammlung botanischer Kostbarkeiten auszulassen.
    Cassie ertrug es fünf Minuten, dann verkündete sie mit klarer Stimme: „Lady Elinore, wussten Sie, dass ich ein Messer um mein Bein geschnallt trage?“ Sie begann ihren Rock zu lüften, um es ihr zu zeigen.
    „Das reicht, Cassie“, erwiderte Sebastian mit dröhnender Stimme. Es juckte ihn in den Händen, sie zu schütteln. Es waren Bekenntnisse wie dieses, die viele der früheren Gouvernanten in Ohnmacht hatten sinken lassen, besonders wenn sie ihren Rock schamlos lüftete und ihr nacktes Bein enthüllte. Oder wenn sie vorführte, wie scharf das Messer war.
    „Es tut mir leid, Lady Elinore“, begann er sich zu entschuldi-gen, brach aber ab, als er sah, dass sie nicht in Gefahr schwebte, in Ohnmacht zu fallen. Sie blickte vielmehr interessiert auf die unförmige Ausbuchtung unter

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