Ein magischer Walzer
zu einem großen Raum, in dem sechs Damen warteten, deren Alter von einer stämmigen Matrone von etwa fünfzig Jahren bis zu einer gebrechlich wirkenden Greisin von weit über achtzig reichte. Drei waren in strenges, schmuckloses Grau gekleidet, eine in Schwarz und die übrigen beiden trugen so grell bunte Kleider, dass Sebastian blinzeln musste.
Als er eintrat, richteten sich sechs Augenpaare auf ihn, betrachteten ihn mit unterschiedlichen Stadien zwischen Billigung und Argwohn. Sebastian war die kritische Musterung durch Fremde gewohnt. Es kümmerte ihn nicht, solange er bekam, was er wollte.
„Meine Damen“, sagte er, nachdem er allen vorgestellt worden war. „Sie wissen nun schon seit einiger Zeit von meinem Interesse, daher werde ich nicht um den heißen Brei herumreden. Ich möchte diese Anstalt kaufen. Sie haben meine schriftliche Versicherung, dass ich die wohltätige Arbeit fortführen werde, und Lady Elinore bürgt für mich. Außerdem bin ich bereit, drei von Ihnen als Beraterinnen der Leitung hinzuzuziehen. Mir bleibt nun nur noch, Ihnen mein Angebot zu unterbreiten.“ Er nannte eine Summe, und dem erstickten Keuchen nach zu urteilen, war sie mehr als angemessen. Höflich stand er auf. „Vielleicht kann mich jemand durchs Haus führen, während Sie mein Angebot besprechen. Wie Sie wissen, bin ich nie weiter als in die Eingangshalle vorgedrungen.“ Er war neugierig auf das Haus, in dem seine Schwestern Aufnahme gefunden hatten.
„Ich werde Sie begleiten“, erklärte Lady Elinore. „Alle hier kennen meine Meinung zu dem Verkauf.“
Sie ging mit Sebastian durch das Gebäude, erläuterte die Ziele der Einrichtung und beantwortete seine Fragen. Er war an dem Ort selbst interessiert, weniger an den Ideen dahinter. Über die Erziehung von Mädchen wusste er nichts. Solange die Bewohnerinnen sauber waren und weder unter Hunger noch Kälte litten, war es ihm egal, wie die Anstalt geführt wurde. Das überließ er anderen, die etwas davon verstanden und feste Ansichten dazu hatten.
Und Lady Elinore, das fand er heraus, hatte einige sehr feste Ansichten. „Es ist doch so, Mr. Reyne, diese Mädchen sind - wenn auch ohne eigene Schuld - den übelsten Aspekten der menschlichen Natur ausgesetzt gewesen. Wir müssen nun in ihnen das Gleichgewicht wiederherstellen, damit sie sich von dem Erlittenen erholen können und heranwachsen, um ein nützliches, respektables Leben zu führen.“
Sie sprach davon, wie bei einem ruhigen Leben, das durch Routinen, Lernen und Arbeit geprägt sei, ausartendes Verhalten allmählich nachlassen würde. Hier, so sagte sie, wuchsen Mädchen in Würde auf und würden zur Unabhängigkeit erzogen. Sebastian hatte den Eindruck, als wüsste sie genau, wie man mit seinen Schwestern umgehen und wie man sich um sie kümmern müsste. Er hatte die richtige Entscheidung getroffen, so schmerzlich sie auch persönlich für ihn war.
Er konnte sich nicht vorstellen, dass Miss Hope sich mit ruhiger Routine, Lernen und Arbeiten abgeben würde. Um ehrlich zu sein, er konnte sich auch Cassie nicht ganz dabei vorstellen, aber was er sah, überzeugte ihn davon, dass es möglich war.
Sie brachte ihn zu einem Saal, in dem Mädchen in Reihen saßen und nähten, während eine Dame aus einem Buch vorlas. „Besserungsgeschichten“, unterrichtete ihn Lady Elinore flüsternd. „In jeder geht es um ein Mädchen, das vom rechten Weg abgekommen ist, und jede enthält eine moralische Lektion. Meine Mutter hat sie geschrieben. Wir wechseln ab zwischen den Geschichten meiner Mutter und der Bibel. So ersetzen wir ihr früheres Leben in Sünde und Verderbtheit durch eine solide moralische Grundlage.“
Sebastian nickte. Was wusste er schon von der Erziehung junger Mädchen?
„Die Mädchen lernen alle häuslichen Fertigkeiten, von Kochen über Putzen zu Schneidern, und sie lernen ein Gewerbe, entsprechend ihren Begabungen und Fähigkeiten. Sie arbeiten natürlich den ganzen Tag. Wir erlauben ihnen keinen Müßiggang, denn müßige Hände, das ist allgemein bekannt, führen zu Verderbtheit. Wir machen nur Pausen für Mahlzeiten und auch für körperliche Ertüchtigung - meine Mutter hat von körperlicher Ertüchtigung für Frauen viel gehalten.“
Das war eine vernünftige Einstellung, dachte er. Pausen für Bewegung war mehr, als die meisten Fabrikarbeiter erhielten, wie er wusste. Manche der Jungen und Mädchen, die er früher gekannt hatte, waren von den vierzehn Stunden Arbeit am Tag in der Fabrik ohne
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