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Ein Mann ein Mord

Ein Mann ein Mord

Titel: Ein Mann ein Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Arjouni
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eine Neun-MillimeterBrowning. Ich steckte die Pistole ein, zog die Decke nochmal zurück und las mir die Inschriften auf seinen Armen durch. ›Manne loves Ingrid‹, ›Manne loves Sabine‹, ›Manne loves Iris more than all the chicks before!‹ und ›Manne hates Tempo hundert!‹ Kein Nachname. Ich setzte mich zu ihm und rauchte zwei Zigaretten. Dann lief ich hinauf in den Garten, fand hinter dem Haus eine Hütte mit Werkzeug und Gartengeräten, nahm einen Spaten und hob vor einem Kellerfenster eine einmetertiefe Grube aus. Mit dem Rasenmäherkabel kehrte ich zu Manne zurück. Als er samt Kleidern in einer Decke zur Riesenwurst verpackt war, zog ich ihn zum entsprechenden Fenster im Eßsaal und hievte und schob ihn an die frische Luft. Wenig später war von der Grube auf den ersten Blick nichts mehr zu sehen.
    Anschließend nahm ich mir das Haus vor. Schränke, Truhen, Schreibtische, Bettkästen, schließlich sah ich sogar unter die Teppiche, aber ich konnte nichts finden. Bis auf den Keller schien die Villa von einem mittelmäßigen Möbelgeschäft eingerichtet, um leerzustehen. Keine Briefe, keine Bücher, nicht mal verrottete Zahnbürsten. Nur Eintopf und Manne, und im Kücheneimer ein Berg Gemüseschalen.
    Ich setzte mich ans Telefon und erkundigte mich bei der Auskunft nach Doktor Schellings Nummer in Gellersheim. Der Name war nicht verzeichnet. Auch in Frankfurt, Offenbach, Mainz, Wiesbaden und Kassel gab es keinen Doktor Schelling. Als ich aufgelegt hatte, fiel mir der Spaten ein. Ich brachte ihn zurück in die Hütte und entdeckte beim Hinausgehen einen mit einer Gartenschere ans Holz gepinnten Zettel. Darauf stand: ›Teichrosen? Muß Kies ausgewechselt werden? Bäume stutzen - neue Leiter!‹ und eine Telefonnummer.
    Es klingelte dreimal. Dann meldete sich eine kühle, geschäftige Männerstimme: »Olschewski bei Schmitz.«
    »… bei Schmitz?«
    »Eberhard Schmitz. Ich bin der Sekretär. Was wünschen Sie?«
    »Nun, ich… Sie meinen Eberhard Schmitz, den Bruder von Georg Schmitz?«
    »Ganz genau.«
    »…«
    »Hallo?«
    »Ja, ja, ich bin noch dran… Ich wollte fragen… also, hier ist der Gärtner von der Villa in Gellersheim, und wegen der Bäume, da brauche ich eine neue Leiter… zum Stutzen, wissen Sie.«
    »Setzen Sie’s mit auf die Rechnung.«
    »Vielen Dank…«
    »Noch was?«
    Ich räusperte mich. »… wenn man die Herrschaften, die von Zeit zu Zeit kommen, vielleicht bitten könnte, nicht immer auf die frischangelegten Beete zu treten…«
    »Darum haben Sie sich nicht zu kümmern, das wissen Sie doch. Schließlich werden Sie gut genug bezahlt, um die Beete auch zweimal anzulegen.«
    »Ich mein ja nur…«
    »Meinen Sie nicht, tun Sie Ihre Arbeit. Auf Wiederhören.«
    Auf der Rückfahrt überlegte ich hin und her, wie jetzt am besten vorzugehen sei, und kam zu einem halben Entschluß. In Frankfurt angekommen, hielt ich bei der ersten Wirtschaft mit Henninger-Emblem und trat kurz darauf in eine halbdunkle, von kaltem Rauch erfüllte Schnapsgrotte. An der Theke hockten zwei Mittdreißiger in billigem Sonntagsstaat über halbleeren Gläsern und rauchten Drehtabak; dahinter ein Mädchen, das Geschirr abtrocknete, und der Wirt mit einer Illustrierten. Sonst war es leer. An der Wand leuchteten Geldspielautomaten und über den Tischen hingen vergilbte Faschingsgirlanden. Die vier wandten sich mir zu. Ausdruckslose, bleiche, platte Gesichter. Der Wirt legte die Illustrierte beiseite und verschränkte die Arme.
    »Alles reserviert.«
    Über die Lippen der Mittdreißiger huschte ein Lächeln. Ich schob die Hände in die Hosentaschen und sah zu Boden.
    »Um’s kurz zu machen: das is ’n öffentliches Lokal, und ich will ’n Bier trinken und telefonieren. Wenn jetzt alles reserviert oder der Zapfhahn abgestellt ist, oder in dieser Sekunde hier der Feierabend eingeläutet wurde, dann komme ich wieder… jeden Tag. Und ich bringe Freunde mit. Große Freunde, empfindliche Freunde, Freunde mit Baseballschlägern. Wir werden den Laden zu unserer Stammkneipe machen. Sie können schon mal türkische Musik besorgen, und Ihren Schweinsbuletten prophezeie ich keine große…«
    »Schon gut!«
    Der Wirt winkte genervt ab. Dann nickte er dem Mädchen zu und widmete sich wieder der Illustrierten. Die Mittdreißiger drehten sich enttäuscht wieder zu ihren Gläsern.
    »Und wo ist das Telefon?«
    Der Wirt ließ sich Zeit, bis er aufsah und erklärte: »Ham wir nich, wir machen Rauchzeichen.«
    War das eine

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