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Ein Mann ein Mord

Ein Mann ein Mord

Titel: Ein Mann ein Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Arjouni
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Ich rollte eine Zigarette zwischen den Fingern und wartete ab. »… mein Bruder macht Geschäfte mit den Bullen - wenn das noch unsere Mutter erlebt hätte. Sie war die größte Hure von ganz Sachsenhausen und einen Körper… der geilste von ’er ganzen scheiß Besatzungszone.… ›Jungs‹, hat sie immer gesagt, ›Jungs, schreibt’s euch hinter die Ohren, nie ’n Wort zu den Bullen. Wer Bullen ruft, is ’n feiges Schwein, und Bullen warn’s, die euern Großvater ins Gas geschleppt haben‹.«
    Er schüttelte den Kopf. »Und jetzt geht der Krüppel hin und zockt mit ihnen Bimbos ab…«
    Unvermittelt wandte er sich zum Bett, aber außer einem Büschel Haare war da nichts zu sehen.
    »He, du Schlampe, hör gefälligst zu, wenn ich von meiner Familie erzähle!«
    Langsam kam ihr Gesicht zum Vorschein. »Aber ich höre doch zu, Charly.«
    Verächtlich knurrte er über die Schulter. »Das sagt sie immer. Dabei hat sie nur eins im Kopf, ihren Freundinnen Briefe zu schreiben, ›Frankfurt ist so aufregend‹ und ›ach, bin ich glücklich hier‹…« Sein ausgestreckter Zeigefinger fuhr auf ihr Gesicht zu. »Was würden deine Freundinnen wohl sagen, wenn sie dich mit dieser Fresse sehen könnten, hä?!«
    Und während er eine zweiunddreißiger Automatik aus der Nachttischschublade zog: »Und überhaupt, Briefe schreiben, wozu gibt’s Telefon, frag ich mich.«
    Das Mädchen hatte die Decke über den Kopf gezogen, und die Decke zitterte wie ein kranker Hund. Charly schob das Magazin ein. »Denk bloß nicht, daß mir die Heulerei was ausmacht.«
    Ich sah auf die Uhr. Es war viertel nach neun.
    »Charly?«
    »Mhmhm?«
    »Wohin geht’s jetzt mit der Kanone da?«
    »Wohin…« Er klemmte die Automatic hinter den Gürtel. »… ’n Bier trinken, bißchen frische Luft schnappen…«
    »Na, das paßt ja ausgezeichnet, auf ein Bier hätte ich auch Lust.«
    »… ach ja?«
    Ich stand auf und ging zum Fenster. Es hatte wieder angefangen zu regnen. Der Wind trieb die Schauer fast waagerecht die Häuserschlucht entlang, und durch die nasse Scheibe zerliefen die Neonreklamen wie mit Wasserfarben gemalt. Passanten drängten sich in die Hauseingänge.
    »… und frische Luft kann nie schaden.« Charly kratzte sich nachdenklich am Hintern.
    »Dann paß bloß auf, daß du dir keinen Schnupfen holst.«

14
    Die Wolkendecke riß auf, und Mondlicht überflutete das Gelände von Wolf’s Auto-Reparatur-Werkstatt. Links ein Haufen Radkappen, rechts verrostete Kotflügel, dahinter Türen jeder Form und Größe. Ein schmaler pfütziger Weg schlängelte sich durch die Schrottberge zu einem mindestens fünfzig Meter langen Flachbau, der zur Hälfte Werkstatt, zur anderen Hälfte Büroraum und Materiallager war. Vor dem Flachbau standen Autos, dazwischen der silberne Toyota-Jeep. Breitmaschiger Draht umzäunte das Gelände, und außer der verriegelten Einfahrt zur Werkstatt gab es zwei aus Brettern zusammengezimmerte, unverschlossene Holztüren. Durch eine dieser Türen schlüpften wir hindurch, schlichen den Weg entlang und traten auf eine breite Betonstufe vor dem Büroeingang. Die Tür war angelehnt, ein Lichtstreifen fiel auf unsere schlammverkrusteten Schuhe.
    Charly zog die Automatic. »Du gehst zuerst.« Ich schüttelte den Kopf. »Der Ballermann geht zuerst.« Die Automatic landete auf meiner Brust. »Du gehst zuerst.«
    Ich sagte »Von mir aus« und legte die Hand auf die Klinke. Auf der Betonstufe auszurutschen schien nicht einfach, aber ich wollte mir alle Mühe geben. Mit einem Ruck zog ich die Tür nach links auf, verlagerte das Gewicht nach rechts und wirbelte wie ein Kreisel herum. Meine Handkante traf Charly genau in den Magen. Während er nach Luft japsend vornüberklappte, drosch ich ihm die Faust zweimal in die Visage, die Nase krachte, und über seine Lippen rann Blut. Mit ungläubigen Augen fiel er der Länge nach in den Schotter. Ich hob die Automatic auf, massierte meine Knöchel und horchte. Außer Charlys verhaltenem Stöhnen herrschte Friedhofsstille.
    Ich tippte ihm den Fuß in die Seite und zischte »Aufstehen«. Mit einer Hand umklammerte er sein verschobenes Gesicht, mit der anderen krallte er sich in den Schotter; er hob mühsam den Kopf und starrte mich an. »Was hat das…?«
    »Maul halten, aufstehen.« Ich zielte mit der Automatic auf seine Stirn. »Eins…«
    Bei zwei war er schon oben.
    »Vorwärts!«
    Wie ein betrunkener Matrose schwankte er zur Tür, lehnte sich dagegen und stolperte in den Flur,

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