Ein Mann ein Mord
Gegenteil. Alles nur aus Liebe, und weil ich soviel Stolz habe.«
»Ja, Charly.«
»So ein Mann wäre dir in Klein-Mörlenbach nicht begegnet. Hab ich recht, Häschen?«
»Nein, bestimmt nicht.«
Nachdem zwei Gläser Asbach bei den Matchboxautos standen, sich das Mädchen mit Papier und Stift ins Bett verzogen und wir auf ewige Freundschaft angestoßen hatten, fragte ich: »Kennen Sie eine Dampfwalze, die auf den Namen Axel hört?«
»Klar, Big Beef Axel. War mal ’n gar nich so schlechter Boxer. Heut macht er in Gebrauchtwagen und Motorräder.«
»Auch in Toyotas?«
»Er fährt einen. Wieso?«
»Einen silbernen Jeep?«
Die Augenbrauen zogen sich mißtrauisch hoch. »Willst du mich schon wieder aushorchen?«
»Ich will wissen, ob Axel einen silbernen Toyota-Jeep fährt.«
»Na und? Isses verboten?«
»Sagt Ihnen der Name Höttges was?«
»Nie gehört.«
»Kommissar Höttges von der Ausländerpolizei.«
»Mann, bin ich ’n Neger? Was soll ich ’n Bullen von der Ausländerpolizei kennen?«
»Als ich den Namen Köberle erwähnt habe, hat ihn das nicht besonders überrascht.«
»So, hat ihn das nicht… sag mal«, er starrte mich unverwandt an, »was soll das dämliche Gequatsche?«
»Ich war gestern morgen wegen Frau Rakdee bei Ihnen. Erinnern Sie sich?«
Er stöhnte »Geht das wieder los«, langte sich den Asbach und sank zurück auf die Lehne. Seine Zehen spielten gelangweilt im Flokati. »Und? Hast du das Mädchen?«
»Nein. Aber ich weiß, wer Sie entführt hat.«
»So?« Er ließ das Glas kreisen.
»Mhmhm. Ein gewisser Manne. Aber er ist nur Teil einer Bande. Dazu gehören Höttges, Axel, Slibulsky und…«
Ich beobachtete ihn aus den Augenwinkeln. Seine Überraschung schien echt. Die Stimme senkte sich gefährlich.
»Was erzählst du da, Schnüffler?«
»Sie bieten Illegalen falsche Papiere an. Wer darauf eingeht, zahlt dreitausend Mark und wird an einem verabredeten Ort eingesperrt. Höttges und Kollegen brauchen die Flüchtlinge nur noch abzuholen. Heute waren es etwa dreißig, macht neunzigtausend Mark. Eine einfache, glatte Geschichte… ich denke, die Idee stammt von Ihrem Bruder.«
»Von Heinz?!«
Er packte mich beim Jackett und kam so nah heran, daß ich seinen Atem spürte. »Sag das noch mal?!«
»Vorher nehmen Sie die Pfoten weg.«
»Die bleiben so lange da, wie ich Lust habe! Also?!«
»Ein Mann namens Köberle ist in die Sache verwickelt, und wenn Sie es nicht sind…«
»Gibt’s dafür irgendeinen Beweis?«
»Nein, aber es paßt zusammen und reicht allemal, um es der Journaille hinzuwerfen.«
»Den Zeitungen…?«
Er beobachtete mich prüfend, und die Hände zerrten nur noch wie zufällig an mir herum. Dann gab er sich einen Ruck und zischte: »Wenn du mich verarschst, Schnüffler, mach ich Hackfleisch aus dir, aber wenn das stimmt…«, er ließ mich los, »… hat mein Bruder die längste Zeit Schokoriegel verkauft.«
Noch ein prüfender Seitenblick, und er stürzte zum Kleiderschrank und feuerte Schuhe, Strümpfe und einen grauglänzenden Anzug ins Zimmer. Das Mädchen wagte kaum zu atmen. Hinter Papier und Decke verkrochen, beobachtete sie Charlys Tun und schien abzuwägen, ob es klüger sei, die Sachen aufzusammeln oder sich tot zu stellen. Plötzlich hielt er inne und lehnte sich, den Unterkiefer diagonal verschoben, gegen die Schranktür.
»Warum kommst du mit der Sache eigentlich zu mir?«
»Erstens will ich wissen, wo die Bande jetzt steckt.«
»Keine Ahnung.«
»Und zweitens habe ich, wie gesagt, keine Beweise, und da die Polizei mit drinhängt, hört jede Ermittlung auf, bevor sie angefangen hat. Ich möchte, daß Sie ihnen die Hölle heiß machen, Charly.«
Die Schultern unter dem weißen Jackett spannten sich.
»Worauf du dich verlassen kannst. Allerdings…«, er scharrte mit den Füßen im Teppich, »… es wäre ganz gut, wenn du mit den Zeitungen noch wartest. Ich würd die Angelegenheit gerne regeln, bevor mein Chef davon erfährt. Sonst sah’s noch so aus, als könnten mir die Jungs hier auf ’m Kopf rumtanzen.«
Ich nickte. »Eberhard Schmitz wird das nicht gefallen.«
Charly sah mich an, »Nein, das wird ihm gar nicht gefallen…«, und sein Blick bekam dabei etwas seltsam Entrücktes.
»Also gut, bis morgen abend.«
Seine Augen klärten sich. Ein dankbares Lächeln.
»Du bist in Ordnung, Schnüffler.«
Während er sich umzog, das passende Hemd auswählte und vorm Spiegel prüfte, wie die Krawatte saß, fluchte er in einem fort.
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