Ein Mann für alle Fälle
ausstehen“, erklärte er, und Mitch brauchte sich gar nicht erst nach dem Namen des Mannes zu erkundigen, weil er genau wusste, wem er den Rausschmiss zu verdanken hatte. Mae hatte wirklich eine reizende Familie …
Schicksalsschlag Nummer zwei waren die beiden Cops, die sich nach Maes Aufenthaltsort erkundigten und ihn aufs Revier mitnahmen.
„Ich will mit meinem Anwalt sprechen“, forderte Mitch und rief Nick Jamieson an.
Nick erschien umgehend, und eine Stunde später konnte Mitch die Wache mit seinem Freund verlassen.
„Es sieht finster aus“, bemerkte Nick. „Die Polizei hat am Samstagnachmittag einen anonymen Anruf erhalten, dass Armand vergiftet wurde. Und heute Morgen bekamen sie einen Brief, in dem sich eine Seite aus Armands Tagebuch befand. Daraus geht eindeutig hervor, dass Armand gezwungen wurde, beträchtliche Geldsummen in Maes Vermögensfonds einzuzahlen.“
„Was?“, fragte Mitch entgeistert. „Ich denke, das Geld ist weg. Um welchen Betrag geht es?“
Nick sagte es ihm, und es verschlug ihm die Sprache.
„Sie hatte also ein Motiv“, schloss Nick. „Also, sieh zu, dass du sie schleunigst findest. Ihre Flucht spricht nicht gerade zu ihren Gunsten.“
„Ich finde sie“, sagte Mitch. „Verlass dich drauf.“
9. KAPITEL
M ae war bereits mehr als eine Stunde unterwegs, bevor ihr klar wurde, wo sie sich befand.
Sie blieb stehen und schaute auf die mit Bäumen gesäumte Straße. Gleich um die Ecke lag Armands Stadthaus.
Wo würde die Polizei als Erstes nach ihr suchen? Bei ihren Verwandten wahrscheinlich, bei Onkel Gio und Onkel Claud. Oder an ihrer Arbeitsstelle? Möglicherweise bei Mitch.
Und früher oder später höchstwahrscheinlich auch hier. Aber das würde einige Zeit dauern.
Vor Armands Haus kramte sie in ihrer Handtasche nach dem Haustürschlüssel. Als sie die Tür hinter sich geschlossen hatte und Stille sie umfing, holte sie tief Luft. Jetzt erst verspürte sie den Schock der zurückliegenden Stunde und merkte, dass ihr die Knie zitterten. Warum eigentlich war sie Hals über Kopf davongelaufen? Sie hatte doch von der Polizei überhaupt nichts zu befürchten. Es war eine klare Panikreaktion gewesen, und nun war sie hier.
Sie ging langsam durch den Torbogen ins Wohnzimmer und lauschte angestrengt, ob sich außer ihr womöglich noch jemand im Haus aufhielt. Vielleicht war Stormy ja da, sie hatte ebenfalls noch immer einen Schlüssel. Aber es regte sich nichts.
Sie musste daran denken, was Stormy verloren hatte. Auch wenn Armand ein Idiot gewesen war, so hatte sie ihn doch geliebt. Jemanden zu verlieren, den man liebte, war immer schrecklich, ganz gleich, um wen es sich handelte. Das konnte Mae gut nachempfinden; sie brauchte sich nur vorstellen, wie es wäre, wenn Mitch etwas zustieß.
Sie ließ sich auf das weiche Sofa fallen und versuchte nachzudenken. Sie musste fort, denn früher oder später würde man auch hier nach ihr suchen. Die Versuchung, hinaufzugehen und sich oben im Schlafzimmer unter der Bettdecke zu verkriechen, um nie mehr hervorzukommen, war überwältigend stark.
Denk nach, befahl sie sich. Was war zu tun? Worum ging es hier eigentlich? Irgendetwas war mit Armands Geld geschehen, aber sie wusste nicht, was. Irgendjemand hatte auf sie geschossen, aber sie wusste nicht, wer. Die Polizei war hinter ihr her, aber sie wusste nicht, warum. Sie dachte voller Sehnsucht an Mitch. Wie gut könnte sie ihn jetzt brauchen! Nicht als Retter, sondern als Freund, mit dem zusammen sie versuchen könnte, die einzelnen Teile des Puzzles so zusammenzulegen, dass sie ein Ganzes ergaben.
Aber er war nicht hier. Sie war ganz auf sich gestellt.
„Gut, dass Sie da sind, Mitch!“ June zog ihn in höchster Aufregung am Ärmel zur Tür herein und warf sich an seine Brust. „Mae ist weg, und die Polizei war hier.“
Mit Engelsgeduld gelang es Mitch, der völlig verstörten June eine zusammenhängende Darstellung der neuesten Ereignisse zu entlocken.
„Beruhigen Sie sich, June, wir werden sie finden“, tröstete er sie, als sie ihren Bericht beendet hatte.
Er warf Harold, der wie ein begossener Pudel dastand, einen forschenden Blick zu. „Haben Sie keine Ahnung, wo Mae sein könnte?“
Harold schüttelte den Kopf. „Ich weiß ja nicht mal, wie sie aus ihrem Zimmer rausgekommen ist.“
Mitch grinste. „Offenbar ist sie meinem Beispiel gefolgt und das Spalier hinuntergeklettert.“
„Und deswegen steckt sie jetzt wahrscheinlich bis zum Hals in
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