Ein Mann für alle Fälle
losten sie um mich.“
„Drei? Wer ist denn der dritte?“
„Onkel Gio. Wir waren alle im Büro des Notars, und sie zogen Streichhölzchen. Onkel Armand gewann. So, jetzt wissen Sie alles. Können wir nun endlich wieder auf Onkel Armands Tod zurückkommen?“
„Und wie heißt Ihr Onkel Gio mit Nachnamen?“
„Donatello.“
„Na, großartig.“ Er warf den Kugelschreiber hin und starrte sie ausgesprochen unangenehm berührt an.
„Ich sehe, dass Ihnen die Gerüchte, die über Onkel Gio in Umlauf sind, nicht unbekannt sind. Machen Sie sich keine Sorgen, da ist absolut nichts dran. Nun, vielleicht bis auf …“
„Ich weiß über die ganze Familie Bescheid. Wie geht’s Ihrem Cousin Carlo?“
„Er ist schon wieder draußen“, gab Mae zurück. „Jemand hat ihn angeschwärzt.“
Er hüllte sich für einen Moment in Schweigen und musterte sie eingehend von Kopf bis Fuß, wobei sie kurz der Gedanke streifte, ob es nicht womöglich doch ein Fehler gewesen war, hierher gekommen zu sein. Zwar schaute er sie an, als könnte er kein Wässerchen trüben, aber sie wurde das ungute Gefühl nicht los, dass in seinen verschlungenen männlichen Gehirnwindungen etwas vor sich ging, das sich ihrer Kenntnis entzog. Der Himmel mochte wissen, was es war, doch ihre innere Stimme sagte ihr, dass es nichts Gutes war.
Er lehnte sich vor. „Okay, vergessen wir Onkel Gio für einen Augenblick. Abgesehen von diesem sechsten Sinn, von dem ich überzeugt bin, dass er ausgezeichnet funktioniert, müssen Sie aber doch noch einen anderen Grund gehabt haben, anzunehmen, dass Ihr Onkel ermordet worden ist. Vielleicht sollten Sie mit der Wahrheit herausrücken.“
Endlich kommt er zur Sache, dachte Mae. Sie befeuchtete sich die Lippen und lehnte sich ebenfalls etwas vor. „Sein Tagebuch ist verschwunden. Ich habe gehört, wie er noch an seinem Todestag am Telefon mit jemandem darüber gesprochen hat, doch wir haben es nicht gefunden. Ich halte es zwar für nicht besonders wichtig, aber immerhin.“
Mitch sah ihr an, dass sie log. Entweder gab es gar kein Tagebuch, oder es gab eins, und es war im Gegensatz zu dem, was sie sagte, überhaupt das Allerwichtigste. Warum belog sie ihn?
Wie auch immer. Mit dieser Frau als Klientin könnte er womöglich seine Wette doch noch gewinnen. Trotz ihres sechsten Sinns. Wenigstens war sie flüssig.
Zwanzig Millionen.
Großer Gott, zwanzig Millionen! War es denn dann nicht vollkommen egal, ob sie log, dass sich die Balken bogen? Hauptsache, sie schob die 2.694 Dollar über den Tisch.
Wenn sie bloß nicht ihren Onkel Gio erwähnt hätte.
Bis zu diesem Zeitpunkt war Mitch durchaus daran interessiert gewesen, den Fall zu übernehmen. Und zwar nicht nur des Geldes wegen und auch nicht deshalb, weil sie gut gebaut war. Nun ja - zumindest nicht nur. Nein, es wäre einfach schön gewesen, wenn er zu guter Letzt doch noch einen Fall bekommen hätte, bei dem nicht von ihm verlangt wurde, sich in seinem Auto vor billigen Motels herumzudrücken, lauwarmen Kaffee zu trinken und darauf zu warten, dass der Ehebrecher oder die Ehebrecherin in Sicht kamen. Danach hätte er in aller Ruhe wieder in sein altes Leben als Börsenmakler Mitchell Kinc- aid zurückkehren können.
Und nun legte sie ihm dieses Kuckucksei Gio Donatello ins Nest. Das ging zu weit. Es war bekannt, dass die Luft in Gios Umgebung ausgesprochen bleihaltig war. Sehr ungesund. Er hob den Blick, um ihr zu sagen, dass er an dem Fall nicht interessiert sei. Sie saß vor ihm und schaute ihn mit ihren großen braunen Augen vertrauensvoll an. Wie verletzlich sie auf einmal wirkte! Er rätselte, ob diese Verletzlichkeit echt war oder nur gespielt. Egal. Zumindest würde das Geld, das er von ihr bekommen würde, kein Spielgeld sein.
Das gab für seine Entscheidung den Ausschlag.
„Also.“ Mitch rutschte unbehaglich in seinem Sessel herum. Sein Hemd, nass von Schweiß, klebte an der Rückenlehne. „Fassen wir zusammen: Wir haben einen sechsundsiebzigjährigen Mann mit einem schwachen Herzen und einer fünfundzwanzigjährigen Geliebten, in deren Bett er eines Nachts stirbt. Der Arzt attestiert Herzversagen, aber Sie vermuten, dass es Mord war. Die einzigen drei Leute, die von seinem Tod profitieren - Sie selbst ausgenommen -, das Bedienstetenehepaar und Claud Lewis, kommen als Tatverdächtige nicht infrage, sagen Sie.“
Mae nickte. „So ist es. Ich habe mit June und Harold gesprochen. Sie würden mich niemals anlügen.“
Mitch konnte
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