Ein Mann für alle Sinne - Roberts, N: Mann für alle Sinne
Das konnte er akzeptieren. Wenn ein Mann und eine Frau sich zueinander hingezogen fühlten und einander dann nahekamen, meldeten sich immer die Nerven. Ohne sie wäre Leidenschaft fade, wie eine Soße ohne Kräuter und Gewürze.
Aber Angst? Denn war es nicht das, was er in ihren Augen erkannte? Ein Anflug nur, und auch nur kurz. Mit Nervosität konnte er umgehen, er setzte sie für sich ein, nutzte sie für seine Zwecke. Doch Angst war etwas völlig anderes. Angst beunruhigte ihn, hemmte ihn, und gleichzeitig rührte sie ihn.
„Ich werde Sie nicht verletzen, Juliet.“
Ihre Augen waren wieder klar, der Ausdruck nüchtern, auch wenn sie eine Hand zur Faust geballt hatte. „Nicht?“
Er fasste nach ihrer Faust, lockerte behutsam und langsam ihre Finger. „Nein.“ Es war ein Versprechen, das er ihnen beiden machte. „Das werde ich nicht. Und jetzt essen wir.
Juliet hielt den Schauer zurück, bis Carlo sich umgedreht hatte und seine Pasta abgoss. Möglich, dass er sie nicht verletzen würde. Mutwillig leerte sie ihren Wein auf einen Schluck. Aber vielleicht würde sie das selbst besorgen.
Er bot keine übertriebene Show, sondern arbeitete ruhig und konzentriert. Während Juliet ihm zusah, wie er die letzten Details für das Mahl vollendete, kam ihr die Erkenntnis, dass er hier in dieser kleinen Küche nicht anders vorging als vor der laufenden Kamera. Sie übernahm den einzigen Anteil an Hilfe, den sie zu geben wagte – sie deckte den Tisch.
Ja, eindeutig ein Fehler, hier zu zweit zu essen, sagte sie sich, als sie die Gedecke arrangierte. Aber nur ein Narr hätte einer Soße, die so köstlich duftete, den Rücken gekehrt. Und sie war kein Narr. Sie hatte sich unter Kontrolle. Die Furcht, die sie vorhin in der Küche für einen Moment verspürt hatte, war verflogen. Sie würde das Mahl in aller Bequemlichkeit genießen, noch ein Glas des wirklich exzellenten Chiantis trinken, und dann würde sie über den Gang in ihr Zimmer gehen und sich acht Stunden Schlaf gönnen. Der Zirkus würde morgen noch früh genug wieder losgehen.
Sie wählte gerade einen der marinierten Champignons von der Vorspeisenplatte, als Carlo mit der Spaghettischüssel an den Tisch kam.
„Schon besser“, sagte er, als sie ihn anlächelte. „Jetzt sind Sie bereit, zu genießen.“
Mit einem kleinen Schulterzucken setzte sie sich. „Wenn einer der weitbesten Chefköche sich freiwillig bereit erklärt, für mich zu kochen, warum sollte ich mich darüber beschweren?
„Der weitbeste Chefkoch“, verbesserte er sie und forderte sie mit einer Geste auf, sich zu bedienen. Was sie auch tat, wobei es sie große Mühe kostete, nicht gierig zu wirken.
„Und es entspannt Sie wirklich, in der Küche zu stehen?“
„Das kommt darauf an. Manchmal entspannt es mich, zu anderen Zeiten bin ich regelrecht aufgeregt. Aber immer erfüllt es mich mit Freude. Nein, nicht schneiden!“ Mit einem Kopfschütteln streckte er den Arm aus. „Ihr Amerikaner. Man dreht die Spaghetti auf die Gabel.“
„Dann fallen sie doch herunter.“
„So macht man es.“ Die Finger um ihr Handgelenk gelegt, führte er ihre Hand und wies sie ein. Ihr Puls schlug regelmäßig, wie ihm auffiel, aber keineswegs langsam. „Und jetzt ...“ Noch immer ihr Handgelenk haltend, hob er ihre Hand mit der Gabel an ihren Mund. „Probieren Sie.“
Sie schob den Bissen in den Mund, und ihm eröffnete sich das Vergnügen, ihre Miene zu beobachten. Der Geschmack explodierte auf ihrer Zunge. Schärfe meldete sich jäh an, um sich dann zu gedämpfter Wärme abzumildern. Juliet kostete die Erfahrung bis zur Neige aus, obwohl sie bereits an den nächsten Bissen dachte. „Das ist geradezu sündhaft, und es ist ganz bestimmt keine kleine Sünde.“
Nichts hätte Carlo mehr erfreuen können. Lachend lehnte er sich zurück und nahm selbst etwas auf seinen Teller. „Kleine Sünden bringen auch nur kleines Vergnügen. Wenn Franconi kocht, hört Essen auf, eine grundlegende Notwendigkeit zu sein.“
Sie drehte bereits den nächsten Bissen auf die Gabel. „Der Punkt geht an Sie. Wieso sind Sie eigentlich nicht dick?“
„Prego?“
„Könnte ich so kochen ...“ Sie schob den Bissen in den Mund und seufzte. „Ich würde bald aussehen wie einer Ihrer Fleischklopse, rund und prall.“
Schmunzelnd schaute er zu, wie sie herzhaft zulangte. Es verschaffte ihm jedes Mal unglaubliche Befriedigung, wenn jemand, an dem ihm lag, seine Kreationen zu schätzen wusste. Selbst nach all den Jahren
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