Ein Mann für alle Sinne - Roberts, N: Mann für alle Sinne
des Kochens war er dieses Bild noch immer nicht leid. „Also hat Ihre Mutter Ihnen nicht das Kochen beigebracht?“
„Sie hat’s versucht.“ Juliet nahm ein Stück des knusprigen Brots, das er ihr anbot, legte es aber neben ihren Teller, um die nächste Gabel Pasta aufzurollen. Die wichtigen Sachen zuerst! „Ich war nie sehr gut in den Dingen, von denen meine Mutter sich wünschte, ich möge gut darin sein. Meine Schwester spielt wunderschön Klavier, ich kann kaum Noten lesen.
„Womit haben Sie dann anstelle des Klavierunterrichts Ihre Zeit gefüllt?“
„An der dritten Base gestanden.“ Das kam so prompt über ihre Lippen, dass sie sich selbst damit überraschte. Sie hatte gedacht, dies mit all den vielen anderen unglücklichen Kindheitserinnerungen begraben zu haben.
„Sie haben Baseball gespielt?“, fragte er erstaunt.
Juliet nickte. „Und das machte man einfach nicht“, erzählte sie mit einem Achselzucken weiter. „Meine Mutter war doch so fest entschlossen, zwei untadelige Damen zu erziehen, damit sie zu perfekten Ehefrauen werden konnten. Tja, manchmal gewinnt man, manchmal verliert man.“
„Sie glauben, sie sei nicht stolz auf Sie?“
Seine Frage traf in eine Wunde, von der sie nicht gewusst hatte, sie bloßgelegt zu haben. Juliet griff nach ihrem Weinglas. „Ich nehme an, es ist keine Frage des Stolzes, sondern der Enttäuschung. Meine Mutter habe ich enttäuscht, meinen Vater verwirrt. Sie fragen sich noch immer, was sie bei mir falsch gemacht haben.“
„Vermutlich haben Ihre Eltern Sie nicht akzeptiert, wie Sie sind. Das ist es, was sie falsch gemacht haben.“
„Vielleicht“, murmelte sie. „Möglicherweise war ich aber auch nur entschlossen, nichts von dem zu sein, was sie hätten akzeptieren können. Bis heute habe ich es nicht herausgefunden.“
„Sind Sie unglücklich mit Ihrem Leben?“
Überrascht schaute sie auf. Unglücklich? Manchmal frustriert, sicher. Gehetzt und häufig auch gestresst. Aber unglücklich? „Nein. Nein, ich bin nicht unglücklich.“
„Dann ist das vielleicht Ihre Antwort.“
Juliet nahm sich einen Moment, um ihn zu studieren. Er war mehr als nur attraktiv, mehr als nur sexy, mehr als all die Eigenschaften zusammen, die sie ihm so zynisch zugeschrieben hatte. „Carlo.“ Zum ersten Mal fasste sie von sich aus seine Hand, nur seine Hand, aber seiner Meinung nach war das ein Riesenschritt. „Sie sind ein sehr netter Mann.“
„Aber natürlich bin ich das.“ Seine Finger schlangen sich um ihre, einfach, weil er nicht widerstehen konnte. „Ich könnte Ihnen sogar Empfehlungsschreiben vorlegen.“
Lachend zog Juliet sich wieder zurück. „Das glaube ich Ihnen gern.“ Und dann machte sie sich entschieden über ihre Portion her und leerte ihren Teller.
„Jetzt kommt das Dessert.“
„Carlo!“ Mit einem Stöhnen presste sie die Hand auf ihren Magen. „So grausam können Sie nicht sein.“
„Es wird Ihnen schmecken.“ Er war schon aufgestanden und ging zur Küche, bevor sie noch einmal die Kraft für Protest aufbrachte. „Es ist eine uralte italienische Tradition, reicht zurück bis zur Zeit der Könige. Der amerikanische Käsekuchen ist sicherlich auch sehr schmackhaft, aber das hier ...“ Er holte einen kleinen Kuchen heraus, der großzügig mit unzähligen Kirschen verziert war.
„Carlo, ich platze noch.“
„Nur eine Kostprobe, zusammen mit einem Schluck Champagner.“ Mit Geschick ließ er den Korken knallen und füllte zwei polierte Gläser. „Setzen Sie sich auf das Sofa, machen Sie es sich bequem.“
Als sie es tat, wurde ihr auch klar, warum die Römer nach dem Essen meist eine Siesta hielten. Sie hätte sich problemlos zusammenrollen können und wäre innerhalb kürzester Zeit eingeschlafen. Doch der Champagner war spritzig und erfrischend und hielt sie wach.
„Hier.“ Mit einem einzelnen Teller, auf dem ein kleines Stück des Kuchens lag, kam er zu ihr. „Wir teilen es uns.“
„Ein Bissen, mehr nicht“, sagte sie und war fest entschlossen, an ihrem Vorsatz festzuhalten. Dann jedoch kostete sie ein Stückchen des Kuchens. Leicht, locker, cremig. Nicht wirklich süß, eher nussig. Und absolut köstlich. Sie kapitulierte mit einem Seufzer und nahm einen zweiten Bissen. „Carlo, Sie sind ein Zauberer.“
„Ein Künstler“, korrigierte er.
„Was immer Ihnen mehr zusagt.“ Sie klaubte das letzte Quäntchen ihrer Willenskraft zusammen, um den Teller wegzustellen und nach dem Champagnerglas zu greifen.
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