Ein Mann für alle Sinne - Roberts, N: Mann für alle Sinne
murmelte er an ihrem Ohr. „Stell dir vor, einer von uns würde auf dieser Tour krank werden. Das wäre doch schlimm.“
„Eine Katastrophe“, stimmte sie zu. „Es wäre wahrscheinlich das Beste, wenn wir uns eine Weile hinlegten.“
„Auf jeden Fall. Das absolut Beste. Man sollte immer auf seine Gesundheit achten.“
„Da kann ich dir nur zustimmen“, meinte sie, und sein Hemd fiel auf den Stapel zu ihrem Rock und ihrer Jacke.
Sie lachte laut, als sie sich zusammen auf das Bett fallen ließen.
So mochte er sie am liebsten. Frei, unbeschwert, voller Leben. Aber beinahe ebenso sehr mochte er ihre kühle Haltung und ihre rätselhaften Stimmungen. Er konnte sich auf hundert verschiedene Arten an ihr erfreuen, weil sie nie dieselbe Frau war. Und doch blieb sie immer sie selbst.
Weich und anschmiegsam, so wie sie jetzt war. Glühend warm, wo immer er sie berührte. Vollmundig und köstlich, an welcher Stelle er sie auch schmeckte. Im einen Moment war sie nachgiebig und biegsam, im nächsten forsch und gebieterisch. Und nie wurde er ihrer wechselnden Stimmungen müde.
Sie lachten viel bei ihrem Liebesspiel. Das war, wie er wusste, etwas sehr Kostbares und Seltenes. Selbst als die Leidenschaft das Regiment übernahm, hielt sich noch immer ein Gefühl des unbeschwerten Vergnügens, ohne das brennende Feuer zu dämpfen. Juliet gab ihm in einem kurzen Moment mehr, als er sich je erträumt hatte, in einem ganzen Leben mit einer Frau zu finden.
Sie hatte nie geahnt, dass sie das alles gleichzeitig tun und sein konnte – lachen, vor Verlangen brennen, glücklich, verzweifelt gierig. Da gab es so viele Dinge, von denen sie nichts gewusst hatte. Jedes Mal, wenn er sie berührte, war die Berührung wie eine neue Erfahrung. Gleichzeitig hatte sie dabei das Gefühl, dass seine Liebkosungen alles waren, was sie je gekannt hatte. Er konnte sie sich schön und begehrenswert fühlen lassen, stark und schwach zugleich. In wenigen Augenblicken gelang es ihm, all ihre Sinne zu befrieden, nur um sie dann wieder in frenetische Erregung zu treiben.
Je mehr er gab, desto mehr nahm er und umso leichter fiel ihr das Geben. Ihr war noch nicht bewusst, genauso wenig wie ihm, dass mit jedem Mal, das sie sich liebten, die Intimität zwischen ihnen wuchs und sich immer mehr ausweitete. Die vertraute Nähe gewann an Stärke und Tiefe, sie erhielt mehr und mehr eine Bedeutung, der man nicht mehr einfach den Rücken kehren konnte. Vielleicht, wenn sie es gewusst hätten, dann hätten sie beide dagegen angekämpft.
Doch so liebten sie sich bis zum Morgengrauen, unbeschwert und gleichzeitig voller Vertrauen.
10. KAPITEL
J uliet legte den Telefonhörer auf, fuhr sich mit einer Hand durchs Haar und fluchte. Sie stand auf, stieß noch einen Fluch aus und ging zu der breiten Fensterfront in Carlos Suite. Eine ganze Weile lang schimpfte sie leise vor sich hin, über nichts oder niemanden im Besonderen. Auf der anderen Seite des Raumes hatte Carlo es sich auf dem Sofa bequem gemacht. Klugerweise wartete er ab, bis sie endlich in Schweigen verfiel.
„Probleme?“
„Es ist zu diesig für den Start. Wir stecken fest.“ Sie starrte aus dem Fenster und murmelte eine weitere Verwünschung. Alles, was sie sehen konnte, war der Nebel, eine weiße, undurchdringliche Wand, die bis an das Glas gekrochen zu sein schien. Von Detroit war nichts mehr zu erkennen. „Alle Flüge wurden gestrichen. Wir kommen nur nach Boston, wenn wir den Daumen in die Luft halten.“
„Den Daumen in die Luft?“, wiederholte er verständnislos.
„Vergiss es.“ Sie wandte sich von den Fenstern ab und lief im Zimmer auf und ab.
Detroit war eine ununterbrochene Aneinanderreihung von Medienterminen und Veranstaltungen gewesen. Das Renaissance Center war sicherlich eine großartige Unterkunft, aber jetzt mussten sie weiterkommen. Boston lag praktisch nicht mehr als einen Katzensprung entfernt, der Abend hätte sich wunderbar dafür nutzen lassen, den ersten Entwurf für ihren Bericht zu erstellen und früh zu Bett zu gehen, doch jetzt war der Nebel vom See hereingezogen und hatte die gesamte Stadt in einen dichten milchigen Dunst gehüllt.
Wir sitzen fest, dachte Juliet grimmig und schaute wieder zum Fenster. Sie waren zur Untätigkeit gezwungen, und für morgen früh um acht war eine Vorführung in einem bekannten Bostoner Morgenmagazin angesetzt.
Carlo bewegte sich, aber er setzte sich nicht auf. Wäre es nicht zu mühsam, hätte er nachzählen können, wie oft er
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