Ein Mann fürs Grobe
hätte.»
«Macht nichts: Arbeit adelt ooch.»
Dann zeigte sie Mannhardt alles, was sie in Jahrzehnten zuammengetragen hatte: Neben unzähligen Fotos mehrere Rufsäulen, Taxameter aus vielen Jahrzehnten, eine «beschußsichere» Panzerglasscheibe aus dem Jahre 1967, die den Fahrer vom Fahrgast trennen und damit schützen sollte, aber dennoch von ihm kaum geliebt wurde («Der Tod fährt hinten mit spazieren, wenn wir’s Bremspedal berühren!»), eine wetterfeste Berliner Motordroschkenchauffeurskluft von 1904, mehrere Reliquien vom «Eisernen Gustav», Berlins berühmtesten Droschkenkutscher, und seiner triumphalen Heimkehr aus Paris, diverse «Fackeln», einen «Propusk», das heißt eine russische Taxi-Konzession im Nachkriegsberlin, und eine Reihe wundervoller Plakate wie «Fuhrherren Berlins! Kauft keine Kraftdroschke ohne die neue hochrentable BRENNABOR-Einheits-Droschke» oder «Autodroschkenbesitzer! Bedenkt: das Publikum wählt nur die neuen Wagen!» Mannhardt fand das alles ausgesprochen drollig. Grete Furmaniaks großer Stolz aber waren eine guterhaltene volkseigene Kraftdroschke vom Typ EMW 340 und eine Wolga-Taxe aus dem Jahre 1979.
Dann lächelte sie spitzbübisch. «Die große Überraschung für Sie findet sich aber in der alten Garage hier... Da hab ich alles über Taximörder gesammelt. Ich hab da nämlich auch ’n Faible für und les auch viele Krimis. Kommen Sie...»
Mannhardt freute sich, staunte aber, daß sie «Taximörder» und nicht «Taxifahrermörder» sagte, denn die Täter mordeten doch die Fahrer und nicht den Wagen. Nun ja...
Die ersten Fotos zeigten Taxifahrer aus den sechziger Jahren, die mit Plakaten wie «Wir fordern die Todesstrafe für Mörder an Taxifahrern!» dagegen protestierten, «Freiwild» zu sein.
«Der Henker als der beste Freund des Taxifahrers», kommentierte Grete Furmaniak diese Bilder.
«Mein Berufsrisiko ist auch nicht gerade geringer», meinte Mannhardt. «Und daran würde auch keine Todesstrafe was ändern.»
«In Deutschland werden fünf bis sechs Taxifahrer täglich überfallen», sagte Grete Furmaniak. «Und von 1990 bis 1993 sind 19 Kollegen von mir ermordet worden.»
«Ich bin hier, um dem Mörder von Wolfgang Wuttkowski auf die Spur zu kommen.» Er rang die Hände ein wenig theatralisch dabei. «Und ich hoffe auf die Intuition hier bei Ihnen in der Halle.»
«Dann lesen Sie das mal hier... Als sie unseren Kollegen von Schalepanski ermordet hatten.» Grete Furmaniak zeigte ihm eine Vitrine mit dem Fachblatt «Die Kraftdroschke» vom 16. Dezember 1929.
Es läßt sich nur schwer verhindern, daß ein Mordbube im Einzelfalle bei günstiger Gelegenheit seine Waffe abdrückt. (...) Wenn leidenschaftlicher Haß, Eifersucht oder Rachsucht den Entschluß zur Tat reifen lassen, wenn die Tat hundertmal überlegt und sorgfältig vorbereitet ist, wird das Opfer dem aufs höchste gesteigerten, sicher und kraftvoll durch geführten Vernichtungswillen des Täters schließlich nicht entrinnen können, selbst wenn es auf der Hut ist. In solchen Fällen pflegt auch der Tatort dem Täter an sich gleich zu sein, wie ja auch Mord und Totschlag auf offener Straße nichts Ungewöhnliches sind. Der Raubmörder, für den in seiner Vertiertheit ein Menschenleben nichts bedeutet, wird sich regelmäßig darüber klar sein, daß es seinen Kragen kostet, wenn er gefaßt wird. Seiner Lebenseinstellung entsprechend wird er sich Opfer suchen, von deren Geldtasche er, bei für ihn gleichbleibender Gefahr, das meiste zu erwarten hat.
Für Mannhardt brachte dieser über sechzig Jahre alte Text die Erkenntnis, daß der Wuttkowski-Mörder nicht unbedingt nur daran interessiert gewesen sein mußte, schnell zu Geld zu kommen. Auch andere Motive und Affekte konnten im Spiel gewesen sein. Es sprach also doch einiges für bzw. gegen diesen Daniel.
Mannhardt bedankte sich bei Grete Furmaniak und bat sie, ihm doch bitte eine Taxe zu rufen.
7
Die «ProOrg» («Problemlösungen für Organisationen aller Art») hatte vor knapp zehn Jahren als reines Abwehr-, Detektei- und Sicherheitsunternehmen begonnen, was naheliegend war, da Thomas Catzoa, der Firmengründer, ein Kriminalbeamter war, der seinen Dienst aus den verschiedensten Gründen quittiert hatte. Anfangs noch unter dem Firmennamen «Safety First», und nebenher hatte Catzoa Industriebetrieben und Einzelhandelsketten zwischen Flensburg und Frankfurt geholfen, kriminelle Mitarbeiter dingfest zu machen und Topmanager wie Transporte zu
Weitere Kostenlose Bücher