Ein Mann - Kein Wort
ist sozusagen wie ein weiches Sofa, in das man sich fallen lässt. Nach einiger Zeit denkt man gar nicht mehr darüber nach, wie bequem es sich doch darauf sitzt, wohingegen das, was uns am anderen missfällt, mit einer harten Bank zu vergleichen ist: Schon nach kurzem Sitzen empfängt man erste Schmerzsignale aus verschiedenen Körperregionen – die steile Lehne drückt in den Rücken, die harte Sitzfläche malträtiert das Hinterteil usw.
Fazit:
Jene Eigenschaften und Verhaltensweisen des Partners, die uns gegen den Strich gehen, uns stören oder missfallen, fallen uns im Lauf einer Partnerschaft sehr schnell und sehr anhaltend ins Auge. Für all das Angenehme, Erfreuliche, Liebens- und Lobenswerte in seinem Wesen, seinen Worten und Taten, werden wir oft fast genauso schnell blind. Es fällt uns weder ins Auge noch ins Herz, sodass auch keinerlei Signale aus unserer Innenoder Außenwelt uns zwingen, darüber nachzudenken oder gar: uns darüber zu freuen. Es ist die Aufgabe des Intellekts, des bewussten Nachdenkens, uns Folgendes immer wieder ins Bewusstsein zu rufen:
Jeder Mensch besteht nicht nur aus Schwächen und Fehlern, sondern ebenso auch aus Vorzügen und Stärken. Jeder Mensch hat neben manch Tadelnswertem auch viel Liebenswertes an sich. Man muss es allerdings aufmerksam wahrnehmen!
Nichts Positives, was wir von anderen Menschen (sie mögen uns fernoder nahestehen) empfangen, ist selbstverständlich – genauso wenig, wie es das Negative ist. Deshalb sollten wir uns auch an das Positive genauso wenig gewöhnen wie an das Negative, sondern uns täglich aufs Neue klarmachen: Das Gute, das durch einen anderen Menschen in mein Leben kommt, ist immer ein Geschenk. Ich kann darauf weder einen Anspruch erheben noch meinen, es sei doch »selbstverständlich«. Das ist es auf gar keinen Fall, denn es könnte ja jederzeit schlagartig ein Ende haben – oder es könnte auch ganz anders sein!
Jeder Mensch braucht kritische Rückmeldungen, um sich zu entwickeln. Aber er braucht noch wesentlich mehr Anerkennung und Wertschätzung, die sein Selbstvertrauen und sein Selbstwertgefühl stärken. Nur auf der Basis eines guten Selbstwertgefühls kann es der Mensch »verkraften« und konstruktiv verarbeiten, wenn seine eigene Person gelegentlich infrage gestellt wird.
Wenn wir es an positiver Wertschätzung und anerkennenden Signalen in unseren engsten Beziehungen fehlen lassen, so überwiegt bald die negative Kommunikation. Dies führt zunächst meist zu unerfreulichenKommunikationszirkeln, aber zunehmend auch zum gegenseitigen inneren Rückzug. Was wiederum einer schleichenden Aushöhlung der Partnerschaft gleichkommt! Oft genügt dann ein vermeintlich mehr Anerkennung bietender anderer Mensch im persönlichen Umfeld, damit einer der beiden Partner sich endgültig aus der Beziehung verabschiedet (»Beim nächsten Mann wird alles anders« – »Neue Liebe, neues Glück!«).
Doch warum fällt es uns gerade bei dem Menschen, der uns am nächsten steht, sprich: dem eigenen Partner, oft besonders schwer, auch nach jahrelangem Zusammenleben das Gute noch klar zu erkennen und hoch zu bewerten? Ich denke, dass Glück immer auch das Kontrasterlebnis – selbst erlebt oder bei anderen beobachtet oder durch Nachdenken und angeeignetes Wissen erworben – voraussetzt. Wer nie hungerte, kann den Segen eines reich gedeckten Tisches nicht wirklich schätzen. Wer nie fror, kann das Glück einer warmen Stube nicht wirklich ermessen. Wer nie krank war, meint, gesund zu sein sei selbstverständlich. Und keine Erholung, kein Ausruhen ist so schön wie das nach schwerer Arbeit. Kein Glas Wasser schmeckt so gut wie das, was nach stundenlangem Dürsten getrunken wird. Die Reihe der Beispiele ließe sich beliebig verlängern.
Naturgemäß fehlen in einer von Treue geprägten Partnerschaft im Lauf der Zeit bestimmte »Kontrasterlebnisse«. Wenn wir uns für einen Menschen als Lebenspartner entscheiden, so bedeutet dies in der Regel, dass unser früheres Alleinleben recht schnell in der Erinnerung verblasst. Außerdem bringt eine solche Partnerschaft mit sich, dass uns andere Männer bzw. Frauen (d.h. Angehörige des anderen Geschlechts) emotional eher fernrücken, abgesehen von Geschwistern und anderen altvertrauten Freunden, Bekannten oder Familienmitgliedern. Es fehlt dadurch jedoch häufig der konkrete Vergleich, der uns sozusagen wieder bewusst macht, was wir am anderen haben, was ihn auszeichnet. 70
Ich erinnere mich gut: Als
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