Ein Mann - Kein Wort
möglicherweise eine gemeinsame »Geheimsprache« entwickeln, um Signale der Verbundenheit auszutauschen.
Humor als Mittel der Verbundenheit erkennen und einsetzen
Humor hat die wunderbare Eigenschaft, in einem Moment äußersten Getrenntseins plötzlich ein Bewusstsein der tiefen inneren Verbundenheit zwischen zwei Menschen zu schaffen. Es ist, als ob ein Sonnenstrahl durch die dunkle Wolkendecke hindurchdringt – und alles ist mit einem Mal in ein anderes Licht getaucht.
Da ist man mitten in einem erbitterten Wortwechsel – und plötzlich macht einer der beiden eine humorvolle Bemerkung, die dem anderen signalisiert: »Die Sache ist nicht so wichtig, wie wir beide im Moment denken – wichtig ist vielmehr, dass wir uns lieben!« Eine humorvolle, neckende Geste demonstriert nicht verächtlich, sondern liebevoll: »Entscheidend ist nicht, dass wir uns nicht immer alles geben können – wichtig ist, dass wir einander
haben!«
Diese Art von Humor soll natürlich nicht als Ablenkungsmanöver dienen, sondern sie setzt eine Fähigkeit voraus, die man üben muss: die Fähigkeit, zu seinen eigenen Gefühlen mitten in der Situation auf Distanz gehen und sie sozusagen von »höherer Warte« aus betrachten zu können. Dieses Heraustreten aus dem »Ich« gerade in Momenten emotionaler Anspannung ist nur möglich, wenn Menschen auch so etwas wie eine geistig-seelische Distanz zu sich selbst aufbauen können. Es kommt darauf an, sich als Person
ernst, aber nicht zu ernst
zu nehmen. Insofern ist Humor nicht möglich ohne eine gewisse seelische Reife, die den Sprung auf eine höhere Ebene – nämlich die Ebene der Verbundenheit (»wir«) – ermöglicht.
Manchmal hilft es auch, sich in einer Auseinandersetzung zu fragen: »Wenn ich wüsste, dass mein Partner morgen oder in nächster Zeit sterben müsste – würde ich dann darüber auch noch streiten?« Mir gibt dieser Gedanke immer wieder die Fähigkeit, mich von kleinlichem Ärger schnell wieder zu lösen.
In der Gegenwart bleiben
Auseinandersetzungen führen in die Unverbundenheit (in das »Ich«) – doch wer im Lauf einer Auseinandersetzung auch noch anfängt, frühere Verletzungen und alten Groll aufzutischen, beschleunigt und vertieft das Voneinander-Wegdriften erheblich. Verbundenheit kann nicht rückwirkend, sondern nur in der
Gegenwart
erlebt werden – und alles, was nicht in der Gegenwart spielt, schwächt und belastet diese Verbundenheit. Es ist natürlich unbedingt notwendig, Verletzungen aus früheren Zeiten aufzuarbeiten, aber man sollte sie nicht mit aktuellen Problemen vermischen.
Die Pflege des »Wir« als gemeinsame Aufgabe erkennen
»Einen Menschen lieben heißt: Zeit für ihn haben« steht auf einer Postkarte, die ich besitze. Damit ist gemeint: Verbundenheit wächst nicht dadurch, dass man einander permanent nur »nebenher« wahrnimmt und begegnet.
Ein
Gegenüber
ist der andere nur dann, wenn wir uns immer wieder Zeit nehmen, ihm tatsächlich auch gegenüberzustehen oder -zusitzen. Wir müssen ihm in die Augen schauen, ihn ganz bewusst als Person wahrnehmen und uns ausschließlich auf ihn konzentrieren. Hilfreich kann es sein, hierfür auch einen bestimmten Ort oder ein bestimmtes Ritual zu wählen (manche Paare gehen in ein Restaurant, wenn sie sich intensiv unterhalten möchten, manche gehen gemeinsam spazieren usw.).
Außerdem sollten mehr oder weniger regelmäßige gemeinsame Aktivitäten das »Wir« immer wieder festigen – hier bietet sich (sofern man nicht beruflich zu tun hat) am natürlichsten der Sonntag an, dessen Ursprung darin liegt, dass er der dreifachen Beziehungspflege dienen soll: der Beziehung zu sich selbst, der Beziehung zum Nächsten und der Beziehung zu Gott.
13. Auch positive Gefühle und Gedanken ausdrücken
»Ich danke dir mein Wohl, mein Glück in diesem Leben,
ich tat wohl gut, dass ich dich fand;
doch ich fand nicht – Gott hat dich mir gegeben:
so segnet keine andere Hand.«
M ATTHIAS C LAUDIUS ZUR S ILBERNEN H OCHZEIT AN SEINE F RAU R EBEKKA
Nach einem Vortrag über Kommunikation kam einmal eine Frau mittleren Alters mit bekümmerter Miene auf mich zu und sagte: »Frau Weingardt, ich habe ein Problem: Mein Mann lässt sich überhaupt
nichts
von mir sagen. Er kann absolut keine Kritik ertragen, sondern reagiert furchtbar empfindlich. Was kann man denn da machen?« Spontan fragte ich zurück: »Ja, loben Sie ihn auch gelegentlich?« Die Frau schaute mich entgeistert und, wie mir schien, minutenlang
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