Ein Mann - Kein Wort
Gespräche
zwischen Partnern, aber auch zwischen Eltern und Kindern sind. Nicht zuletzt hat ein Großteil der Menschen hierzulande nicht erlebt, wie eminent bedeutsam und wohltuend
Worte der Anerkennung und Zuneigung
im Zusammenleben sind.
Und selbst
wenn
in der Kindheit Lob gespendet wurde, so die Erfahrung vieler Menschen, so war dies doch in der Regel an eine Bedingung geknüpft: Man war besonders brav, besonders tapfer (z.B. beim Arzt), besonders fleißig oder besonders erfolgreich (z.B. in derSchule). Lob war also an irgendeine Form der Leistung gekoppelt. Und selbstverständlich galt und gilt: Leistung gehört anerkannt. Es ist besser, Lob für Leistung zu erhalten, als überhaupt kein lobendes Wort zu hören. Doch wo blieb und bleibt die Anerkennung
unseres Wesens, unserer Persönlichkeit
? Sie wird ja nicht dadurch zum Ausdruck gebracht, dass der eine Partner dem anderen, Eltern ihren Kindern möglichst viele Wünsche erfüllen oder keine Grenzen setzen, ganz im Gegenteil. Sie wird dadurch erkennbar, dass der eine Partner dem anderen, Eltern ihren Kindern
trotz
mancher Grenzen, die sie setzen oder haben, immer wieder deutlich machen: Wie schön, dass es dich gibt! In einem erfrischend liebevollen christlichen Lied heißt es:
Vergiss es nie:
Niemand denkt und fühlt und handelt so wie du,
und niemand lächelt so, wie du’s grad tust.
Vergiss es nie:
Niemand sieht den Himmel ganz genau wie du,
und niemand hat je, was du weißt, gewusst
.
Vergiss es nie:
Dein Gesicht hat niemand sonst auf dieser Welt.
Und solche Augen hast alleine du.
Vergiss es nie:
Du bist reich, egal ob mit, ob ohne Geld,
denn du kannst leben; niemand lebt wie du
.
Du bist gewollt,
kein Kind des Zufalls,
keine Laune der Natur,
ganz egal,
ob du dein Lebenslied
in Moll singst oder Dur.
Du bist
ein Gedanke Gottes,
ein genialer noch dazu!
Du bist du!
Das ist der Clou, ja der Clou!
Ja du bist du!
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Denn eines ist sicher: Wir lieben Menschen letzten Endes nicht deswegen, weil sie bestimmte
Leistungen
(für uns) erbringen, sondern
wir lieben sie, weil sie mit ihrem Dasein und ihrem So-Sein unser Leben bereichern
. Doch genau dies verraten wir ihnen nicht, oder: so gut wie nie, oder: viel zu selten, oder: viel zu indirekt.
»Was ich an deiner Art, deinem Wesen so schätze, ist …« – solch einen Satz zu äußern, bleibt vielen Menschen ein Leben lang verwehrt – leider auch, solch einen Satz zu
hören
. Sie hörten und lernten es als Kinder nicht, und sie sind als Erwachsene nicht in der Lage, dieses Defizit klar zu erkennen und dieses Lernen gezielt nachzuholen. Meist fehlten oder fehlen ihnen Vorbilder – oder es mangelt schlicht und einfach an der Erkenntnis, wie
notwendig
solche Mitteilungen sind (siehe schwäbisches Sprichwort: »Net g’schempft …!«).
Wann haben Sie selbst zum letzten Mal einem geliebten Menschen gesagt: »Du bereicherst mein Leben!« oder sinngemäß: »Es ist einfach schön, mit dir zu leben/dich zu kennen/dich zu lieben!« Für die allermeisten Menschen ist es nach meiner Erfahrung völlig ungewohnt, diese oder ähnlich klingende Worte – spontan oder nach reiflichem Überlegen – auszusprechen oder zu vernehmen. Und doch, wenn sie gesagt werden, gehören sie zum Kostbarsten und Beglückendsten, was man einander mitteilen, ja: einander schenken kann.
Und was hat dies alles mit unserem Thema zu tun: dass es für Partnerschaften wichtig ist, sich gegenseitig zu öffnen in Freud und Leid? Das eigene Innenleben miteinander zu teilen? Eine ganze Menge, würde ich sagen!
Denn: Seelische Nähe und Verwundbarkeit, die wir in sehr vertrauten,persönlichen Gesprächen erleben, wird nur dann als positiv und bereichernd erfahren,
wenn in den Rückmeldungen, Reaktionen und Äußerungen unseres Gegenübers
die Anerkennung unseres (So-)Seins und unserer Person überwiegt;
wenn wir uns durch den anderen gestärkt und gestützt fühlen, trotz seiner kritischen Bemerkungen oder Rückfragen;
wenn wir zwischen allen negativen oder tadelnden Worten dennoch eine grundlegende Wertschätzung und Achtung unserem Wesen gegenüber hören oder spüren.
Ist dies
nicht oder nur sehr eingeschränkt
der Fall, wird die Bereitschaft, sich im Gespräch dem anderen zu öffnen, dabei auch Schwachstellen und wunde Punkte zur Diskussion zu stellen und mitzuteilen, immer mehr schwinden und einer inneren und äußeren Distanz Platz machen. Diese Entwicklung zeigt sich entweder in sehr reduzierter Kommunikation oder aber in auffallend
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