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Ein Mann von Welt

Ein Mann von Welt

Titel: Ein Mann von Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antoine Wilson
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der Zeitung durch war. Was, wenn sie in mein Zimmer gegangen und mich da nicht gefunden hätte? Ich wusste nicht, was ich sagen oder machen sollte, also hielt ich den Mund und blieb einfach stehen. In dem Moment sah sie die Tüte, sie wollte wissen, was in der Tüte war, sie fragte, ob sie aus dem Fastfood-Restaurant wäre, sie fragte mich, wie ich da hingekommen war. Ich sagte Tante Liz, ich hätte nicht schlafen können, wegen dem Wind, und dass Panorama City wunderbar friedlich war, wenn niemand auf der Straße war, und dass ich beim Spazierengehen Hunger bekommen hatte und deshalb zum Essen ins Fastfood-Restaurant gegangen war, und da schrie Tante Liz, deren Gesicht ganz rot geworden war, Schluss jetzt! Ich hatte nicht gelogen, ich hatte die Wahrheit gesagt, oder ich war dabei, die Wahrheit zu sagen, aber Tante Liz stoppte mich, bevor ich die ganze Wahrheit erzählen konnte. Später sagte Paul Renfro, ich hätte die Fakten perfekt verschleiert, er hatte alles in seinem Versteck mitgehört, obwohl er vor Hunger fast gelähmt gewesen war, ich hätte einfach alles wunderbar verschleiert, ohne zu lügen, seine Worte. Manchmal ist alles, was man tun muss, die ganze Wahrheit zu sagen, sagte Paul später, bis die Leute es nicht mehr aushalten können. Tante Liz schaute mich böse an, sie nahm ihre Lesebrille ab, sie starrte mich böse und sehr ernsthaft an, und ihre Ernsthaftigkeit wurde noch dadurch unterstrichen, dass sie noch nicht in der Maske gewesen war, wie sie gern sagte. Auf der Straße wäre es deshalb so friedlich, sagte sie, weil nie
mand, der halbwegs bei Trost wäre, mitten in der Nacht in Panorama City herumspazieren würde, das wäre viel zu gefährlich, was mir nicht ganz einleuchtete, es war ja niemand da gewesen, der es hätte gefährlich machen können, aber sie gab mir gar keine Gelegenheit, etwas zu sagen. Sie hielt ihre Hand hoch wie ein Stoppschild und sagte, dass ich nachts nicht aus dem Haus gehen durfte. Ich sollte, sagte sie, überhaupt nicht aus dem Haus gehen, ohne ihr zu sagen, wo ich hinwollte, sie musste jederzeit wissen, wo sie mich finden konnte. Ich nickte, sie schaute mich weniger böse an. Es ist gefährlich da draußen, sagte sie. Du verstehst das nicht, du hast das noch nie verstanden, die Welt ist voller Menschen, die nur darauf warten, dich auszunutzen.
    DOPPELAGENT
    Es gibt Schlimmeres auf der Welt, als ausgenutzt zu werden, zu diesem Schluss kam ich auf dem Weg zurück in mein Zimmer. Ich zog den Stuhl wieder in meine Kammer und steckte meinen Kopf durch die Klappe und gab Paul Renfro die Tüte mit den Burgern und Fritten. Ich entschuldigte mich, dass sie nicht warm waren, aber ihm schien das nichts auszumachen. Er quetschte sich ganze Ketchuppäckchen auf einmal in den Mund und machte sich dann den Mund mit Fritten voll und kaute, bis er alles runterschlucken konnte. Tante Liz klopfte an meine Tür und sagte, sie würde mich heute zur Arbeit fahren, sie würde mich selbst abliefern, wir würden in einer halben Stunde losfahren, sie wollte nicht, dass ich auf den Straßen von Panorama City in irgendwelche Schwierigkeiten geriet. Paul bat mich, ihm so schnell wie möglich etwas Wasser zu bringen. Und ein paar Stecknadeln oder Reißnägel. Ich wusste, Tante Liz würde eine Weile mit Anziehen und Make-up beschäftigt sein, sie sagte, sie würde nie aus dem Haus gegen, ohne in der Maske gewesen zu sein, was mir damals ganz normal vorkam, aber je länger ich jetzt darüber nachdenke, desto merkwürdiger wird es. Ich versah Paul mit Stecknadeln, die ich von Tante Liz' Pinnwand geborgen hatte, sie hatte eine Pinnwand beim Telefon, da hingen Bilder und Karten und alte Einladungen. Alle Stecknadeln waren im Einsatz, aber es gelang mir, einige zu entfernen, ohne die Anordnung der Bilder durcheinanderzubringen. Ich benutzte einige Nadeln doppelt, so dass
sie mehr als ein Bild festhielten, indem ich die Überlappungen bedachte, was mir eine vollkommen vernünftige Art schien, eine Pinnwand zu organisieren. Ich stellte Paul Wasser aus der Waschküche zur Verfügung, wo Tante Liz einen Wasserspender stehen hatte. Ich stemmte einen noch versiegelten Nachfüllbehälter durch die Decke, damit Paul daraus trinken konnte. Er war ziemlich schwer, Paul konnte ihn kaum heben, er sagte, es müssten mindestens zwanzig Liter sein. Ich wollte sicherstellen, dass er für die ganze Zeit, die ich weg sein würde, genug Wasser hatte, da oben konnte es ganz schön warm werden, und er sollte auf keinen Fall

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