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Ein Mann von Welt

Ein Mann von Welt

Titel: Ein Mann von Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antoine Wilson
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davor nach der Arbeit geduscht, ich brauchte also eigentlich gar keine Dusche, aber ich wollte zurück in mein Zimmer gehen und herausfinden, wie die Stecknadeln auf meinem Schreibtisch gelandet waren.

    Nachdem ich die Tür hinter mir zugemacht hatte, stellte ich den Schreibtischstuhl aus meinem Zimmer in die Kammer und streckte meinen Kopf durch die Klappe, um Paul zu fragen, was passiert war. Er war nicht da. Ich zog mich hoch und suchte nach ihm. Er war nirgendwo. Ich stieg wieder runter und schaute mich im Zimmer um. Nichts. Ich ging ins Bad und entdeckte Paul in der Badewanne sitzend, er war hinter dem Duschvorhang versteckt, und mit beiden Händen hielt er sich seinen rechten Knöchel. Er erklärte, er hatte unser Gespräch gehört, er hatte gemerkt, welche Richtung die Sache nahm, das war offensichtlich, und so hatte er schnell alle seine Papiere heruntergerissen, alle Stecknadeln herausgezogen und war aus dem Kriechraum heruntergesprungen, um die Stecknadeln auf meinen Schreibtisch zu legen. Unglücklicherweise hatte er sich dabei den Knöchel verstaucht, er wusste nicht, wie schlimm es war, es hatte ein Geräusch wie ein Riss gemacht, er war ziemlich sicher, er würde damit laufen können, eigentlich hatte er nur auf mich gewartet, damit ich ihm einmal half, wieder nach oben zu kommen, hier unten zu sein mochte er ganz und gar
nicht, trotz des geschlossenen Duschvorhangs fühlte er sich wie auf dem Präsentierteller, er wollte unbedingt wieder unters Dach und mit dem Denken weitermachen.
    RÜCKFÜHRUNGEN
    Zwei Tage später setzte Tante Liz meine Busprivilegien wieder in Kraft, selbstverständlich auf Bewährung, ihre Worte. Wahrscheinlich aus dem einfachen Grund, weil sie einen frühen Notartermin in Woodland Hills hatte, und das lag nicht auf dem Weg zum Fastfood-Restaurant. Ich war hocherfreut, Clarence hinter dem Steuerrad zu sehen, Clarence, der nur auf der rechten Spur fuhr und der immer noch lieber in Panorama City wohnte, als ein Schwarzer in Minneapolis zu sein, wie er sagte. In der ersten Reihe und mit Clarence auf dem Fahrersitz fühlte ich mich gleich wie zu Hause, von allen Busfahrern war Clarence mein dickster Freund, Shaniece kam gleich danach, sie war auch ganz sympathisch, aber nicht wirklich in der Lage, einer langen Geschichte zu folgen. Wir fuhren die alte Route Richtung Fastfood-Restaurant, wie gewöhnlich, vorbei an dem kleinen Einkaufszentrum mit der Metzgerei, vorbei an dem großen Sattelschlepper im Vorgarten von irgendjemandem, aber als wir zum Fastfood-Restaurant kamen, oder besser gesagt zur Haltestelle vor dem Fastfood-Restaurant, stand ich nicht auf. Ich konnte in meinem sogenannten inneren Auge nur sehen, wie Tante Liz strahlte, als sie das Foto von mir als Mitarbeiter des Monats gesehen hatte, wie sie so stolz darauf zu sein schien, und es war das Letzte, worauf sie hätte stolz sein sollen, denn ich war nur Mitarbeiter des Monats geworden, weil ich unabsichtlich eine arme Frau mit ungewöhnlichen Pommes frites gequält hatte, ich hatte, unabsichtlich, und
zwar auf eine erbärmliche und schäbige Art, Paul Renfros Worte, Roger Macarona amüsiert, und er hatte beschlossen, mich dafür zu belohnen. Jetzt konnte sich jeder das Bild anschauen und sehen, dass ich da nicht drauf war, dass ich abwesend war. Ich konnte diese Scharade nicht mehr weiterspielen, ich brauchte etwas anderes, ich musste anders tätig werden, etwas machen, worauf ich stolz sein könnte, wenn ich mal ein Bild von mir sehen würde, wie ich dieser Sache gerade nachging. Was ich als Technik generell nicht empfehlen kann, ich empfehle nicht, sich je vorzustellen, wie das, was man gerade macht, als Bild aussehen würde, man neigt dazu, seine direkte Umgebung auszublenden. Clarence drehte sich in seinem Sitz, er wandte sich um, damit er mich anschauen konnte, und er sagte, deine Haltestelle, Oppen. Meine Haltestelle. Ich war immerhin schon so bekannt in Panorama City, dass jemand wie Clarence wusste, wo ich einstieg und wo ich ausstieg, das erinnerte mich daran, wie jeder in Madera mich schon an meinem Fahrrad erkannte, wie sie alle wussten, dass ich in die Stadt kommen würde, um nach Arbeit Ausschau zu halten, oder wieder rausradelte und mich vielleicht mit ein paar Einkäufen auf den Weg nach Hause machte. Ich sagte Clarence, dass ich nicht zur Arbeit ginge, ich könnte einfach nicht. Ich sagte ihm, ich würde nach meinem eigenen Weg suchen, ich sagte ihm, ich würde lieber noch ein bisschen weiter Bus fahren.

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