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Ein Mann wie ein Erdbeben

Ein Mann wie ein Erdbeben

Titel: Ein Mann wie ein Erdbeben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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fertig. Ob Sie – interessiert mich nicht. Können wir gehen, Wachtmeister?«
    Dr. Dorlach sah Bob Barreis nach, wie er abgeführt wurde und sich die dicken Gittertüren hinter ihm mit Krachen schlossen. Da sollte er bleiben, dachte er. Hier ist er sicher, und wir sind sicher vor ihm. Das wäre die eleganteste Lösung. Statt dessen muß ich ihn rauspauken, muß ihn in die Freiheit holen, die er dazu benutzen wird, zwei Menschen zu töten. Denn das war keine dumme Rederei – das war Ernst.
    Dr. Dorlach klemmte seine Aktentasche unter die Achsel und steckte sich eine Zigarette an. Seine Finger zitterten ganz leicht. Er hatte zum erstenmal einen erschütterten Bob Barreis gesehen.
    Besucher Nummer zwei war Hellmut Hansen.
    Als Hauptwachtmeister Schlimcke Bob fragte, ob er ihn sehen wolle, sagte Bob: »Auf den Besuch freue ich mich besonders.«
    Hellmut erhob sich sofort, als man Bob in das Besuchszimmer führte. Diesmal blieb ein Beamter neben der Tür innerhalb des Raumes stehen – es war ja kein Anwaltsbesuch. Langsam ging Bob auf den Tisch zu, der ihn von Hellmut trennte.
    »Guten Tag, Bob«, sagte Hansen freundlich.
    »Guten Tag, du Schwein!«
    »Knastkoller?«
    Bob umklammerte die Tischkante. Der Beamte räusperte sich warnend. »Ich tu's ja nicht, Wachtmeister«, sagte Bob rauh. »Mit einem Tisch kann man diese Sau nicht erschlagen. Es wäre zu schnell und zu unsicher obendrein. Sehen Sie sich ihn an, Wachtmeister. So sieht ein Mensch aus, der durch Arschkriecherei Millionär wird, den Erben aus Haus und Grund vertreibt und trotz allem von aller Welt als ein Muster von Anständigkeit betrachtet wird. Er geht in die Kirche, wird heiraten und Kinder zeugen, die Barreis-Werke umsichtig führen, Stiftungen vom Überschuß machen, mit denen er nach Onkel Theodor wieder neue Kreise für sich verpflichtet, er wird seine liebe Frau Eva heimlich betrügen – ach nein, das wird er nicht, seine Moral wird sich im ehelichen Verkehr erschöpfen, er wird jeden Orgasmus mit einem Halleluja begleiten und fromm gen Himmel blicken – er wird das Wohl seiner Arbeiter und Angestellten mehren, die Lohntütensprüche von Onkel Haferkamp fortsetzen, nie einen Streik in den Fabriken haben, und er wird eines Tages im Bett sterben, mit gefalteten Händen, so wie er einmal als Säugling auf dieser Welt begonnen hat. Und was ist er in Wirklichkeit? Ein Widerling, ein Schuft, ein Erbschleicher, ein Moralscheißer, dessen Exkremente man vergoldet, weil sie so gut in die bürgerliche Landschaft passen! Wachtmeister, ich möchte gehen … ich kotze, wenn ich den Kerl länger ansehen muß.«
    »Bist du fertig?« fragte Hellmut Hansen ruhig.
    »Für heute, ja. Nur anpissen kann ich dich noch. Ich habe gerade Druck in der Harnröhre.«
    »Unterstehen Sie sich!« warnte von der Tür her der Beamte.
    Bob Barreis lachte heiser. »Keine Angst, lieber Mann. Auch ein Mann wie ich hat Kultur. Es war nur bildlich gemeint. Mein bester Freund Hellmut Hansen, mein zweifacher Lebensretter, wird mich verstehen, nicht wahr?«
    »Nein.«
    »Nicht! Ist dir das viele Geld aufs Hirn gefallen?«
    »Du siehst die Lage falsch, Bob.«
    »Ich sehe sie so, wie sie mir Dr. Dorlach geschildert hat. Onkel Haferkamp hat mich ausgelöscht.«
    »Offiziell.«
    »Na also.«
    »Ich bin hier, um dir feine Unterschiede zu erklären. Setz dich, Bob.«
    »Warum? Ich kann im Stehen besser hassen.«
    Hansen zog den Stuhl an sich und setzte sich. Als er die Hände auf die Tischplatte legte, faltete er sie. Bob Barreis grinste schief.
    »Achtung. Jetzt geht's los. Ein Kirchenlied, gesungen von Hellmut Hansen. Text: ›Jesus, geh voran!‹ … O Himmel, was tu' ich, wenn ich wirklich kotzen muß?«
    »Setz dich!« Ein knapper, befehlender Ton. Bob legte den Kopf schief und kniff die Augen zusammen.
    »Der Konzernherrnton. Nein!«
    »Dann bleib stehen, du Narr! Zunächst: Ich bin nicht der Erbe der Barreis-Werke, sondern nur deren Sachwalter, nach Onkel Theos Tod.«
    »Das dürfte das gleiche sein. Du bestimmst, was ich tun kann. Du teilst mir das Geld zu, das mir gehört! Du bist der Dirigent, ich, dem das Orchester und der Saal und die ganze Stadt, wo der Saal steht und in dem das Orchester spielt, gehören, ich darf die Noten umblättern, wenn du mit dem Taktstock erhaben winkst. Wie jetzt Herr Haferkamp. Genau so.«
    »Um die Werke nicht zu vernichten.«
    »Ich bin der große Vernichter, was?«
    »Ja.«
    »Du Scheißer! Ich bin ein Barreis, nicht du!«
    »Wenn Werke einen solchen

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