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Ein Mann wie ein Erdbeben

Ein Mann wie ein Erdbeben

Titel: Ein Mann wie ein Erdbeben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Umfang haben, spielen Namen keine Rolle mehr. Es geht nicht um den einen Namen, es geht um die Arbeitsplätze Tausender Menschen. Um Wohlstand der Familien. Die Barreis-Werke haben einen sozialen Auftrag.«
    »Onkel Theodor, fünfunddreißig Jahre jünger. Nur war es bei ihm nicht das Soziale, sondern die Familie. Die Urzelle der Menschheit, wie er sie nennt. Du funktionierst sogar Theodor um, was? Und er läßt sich das gefallen?«
    »Wir versuchen, dich zu retten, Bob.«
    »O Himmel! Schon wieder Rettung! Heilig, heilig, heilig sind die Barreis' aus Vredenhausen, gebenedeit unter den Großherzigen … Wir sprechen noch darüber. Wie geht es Eva?«
    »Wir wollen zu Weihnachten heiraten.«
    »Dann dreht an der Schraube des Schicksals, daß ich Weihnachten noch in Zelle 114 sitze, sonst geht alles in die Binsen. Ich verspreche dir hoch und heilig, Eva zu vergewaltigen! Na, ist das ein Versprechen?«
    »Du hast tatsächlich einen Koller. Ich nehme es nicht ernst.« Hansen erhob sich. Was er sagte, war eine Lüge – an seinen Augen erkannte jeder, wie ernst er die Worte Bobs nahm. Keiner kannte Bob so gut wie er, niemand wußte so vollkommen wie er, wozu ein Bob Barreis fähig war. »Wir werden uns alle bemühen, nur das Beste für dich zu erreichen. Onkel Theodor, Dr. Dorlach und ich.«
    »Danke.« Bob Barreis verbeugte sich tief. »Und ich hasse euch alle …«
    An diesem Tag saß ein alter, zitternder, weinender Mann vor dem Leiter des Ersten Kommissariats, schneuzte sich oft in sein Taschentuch, putzte sich die Augen aus und weinte trotzdem weiter, still, lautlos, erschütternd in seinem stummen Schmerz. Wenn die dicken Tränen über sein runzeliges, bleiches, wie zusammengeschrumpftes Gesicht rollten, würgte es selbst einen Mann wie Hans Rosen, seit zehn Jahren Chef der Mordkommission, in der Kehle.
    »Er hat meinen Sohn Lutz getötet«, sagte der alte Adams zum wiederholten Mal. »Nehmen Sie es zu Protokoll, Herr Kommissar. Notieren Sie alles. Ich habe die besten Wissenschaftler um Rat gefragt, habe ihnen die Fotos gezeigt, den Unfall erklärt … Robert Barreis hat meinen Jungen verbrennen lassen, einfach verbrennen lassen, bei lebendigem Leib … meinen einzigen Jungen … Er konnte gar nicht aus dem Wagen geschleudert worden sein, der Barreis, unmöglich, dann klebte er jetzt mit dem Kopf an den Felsen. Das Fliehkraftgesetz, Herr Kommissar, kennen Sie das Fliehkraftgesetz? Und die Trägheit beharrender Körper? Das ist Physik, Herr Kommissar. Einfachste Physik. Kann man mit Millionen die Physik auf den Kopf stellen? Können reiche Leute alles, auch das? Nehmen Sie zu Protokoll: Er hat meinen einzigen Lutz getötet, wie er jetzt auch sein Kindermädchen Renate getötet hat. Und immer ist ein Auto dabei … immer ein Auto … Das Gesetz der Serie, Herr Kommissar …«
    Man ließ den alten Mann sich ausweinen und brachte ihn dann mit einem Dienstwagen nach Hause. »Wir haben alles notiert«, sagte der Kriminaloberwachtmeister, als er den alten Adams gut in der Stube und in dem Ohrensessel am Ofen abgeliefert hatte. »Unser Kommissar ist ein genauer Mensch, ein scharfer Hund, wie man so sagt. Der geht allen Hinweisen nach. Auch diesem. Diesem besonders.«
    »Das ist gut.« Der alte Adams drückte sich in seinen Sessel. »Ich danke Ihnen, meine Herren. Es gibt doch noch Gerechtigkeit. Ich wußte es. Ich habe nie den Glauben daran verloren. Einmal kommt die Gerechtigkeit, habe ich mir gesagt. Und so lange mußt du herumschreien, überall, wo du gehst und stehst, denn die Gerechtigkeit muß man rufen, sie kommt nicht von allein, sie ist schwerhörig, wissen Sie, man muß sie anschreien: Komm endlich! Komm! Gerechtigkeit, hör her! Hör! Und wenn man laut genug schreit, dann hört sie auch. Nur nicht nachgeben, nicht müde werden. Meine Herren … er hat mir meinen Lutz genommen, meinen einzigen Jungen. Verbrennen hat er ihn lassen … einfach verbrennen …«
    Die Kriminalbeamten beeilten sich, aus dem kleinen Haus zu kommen. Erst im Wagen atmeten sie wieder auf.
    »Armer Kerl«, sagte der eine. »Der Tod des Jungen hat ihn verrückt gemacht. Ob der Chef das ernst nimmt?«
    »Der Chef? Jupp, der hat das schon längst wieder vergessen.«
    Ein Irrtum. Kommissar Hans Rosen ließ sich gleich nach dem Weggang des Alten die Akte Adams aus dem Archiv bringen. Abschriften der Untersuchungen der französischen Polizei von Briançon, Nizza und Grenoble. Unterschrieben vom Leiter der Unfallkommission, Kommissar Pierre

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