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Ein Mann wie ein Erdbeben

Ein Mann wie ein Erdbeben

Titel: Ein Mann wie ein Erdbeben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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und Blickwinkeln fotografiert wurde. Ein Kuß, der in Kürze dreißig Millionen Deutschen durch Zeitungen und Illustrierten in die Wohnungen getragen wurde. Ein Kuß, so abgrundtief verlogen wie die Worte, die Dr. Dorlach in die hingehaltenen Mikrofone sprach:
    »Die Anklagen der Staatsanwaltschaft werden sich nicht halten können. Wir sind glücklich, Herrn Barreis aus dem Gefängnis zu haben. Er wird übermorgen heiraten! Haben Sie Verständnis, wenn wir es jetzt eilig haben.«
    Er drängte Bob und Marion in den Wagen, schlug die Türen zu, winkte den Presseleuten mit einem strahlenden Siegerlächeln zu und zischte gleichzeitig dem neben ihm sitzenden Chauffeur zu:
    »Fahren Sie los! Schnell!« Und zu Bob, nach hinten gewandt: »Haben Sie einen Ton gesagt, Bob?«
    »Nein, getreu Ihren Befehlen. Ich habe nur geküßt.«
    »Auch weiterhin keine Kommentare. Benehmen Sie sich wie eine Schildkröte: stumm und mit dickem Panzer.«
    Der schwere Wagen rollte lautlos an. Noch immer zuckten die Blitze der Kameras. Marion lächelte glücklich, und sie war wirklich randvoll mit Glück. Bob grinste vergnügt. Er genoß die Publicity wie zehnjährigen Whisky. Überhaupt Whisky, das war eine Idee. Trotz der opulenten Hotelverpflegung, die sich Bob zum blau anlaufenden Ärger von Hauptwachtmeister Schlimcke in die Zelle hatte bringen lassen, mußte er sich einem Verbot beugen: Kein Alkohol. Nicht einmal Bier. So hatte er Fruchtsäfte getrunken, bis er schon bei dem Geruch mit einem Übelgefühl kämpfen mußte. Schließlich trank er nur noch Mineralwasser.
    Keine Frauen und nur Mineralwasser – Bob Barreis begriff, daß ein Leben im Gefängnis für einen Mann wie ihn den Ruin bedeuten würde.
    Sie brachen mit dem Auto durch die Reportermenge, und ganz am Rand, im Vorbeifahren, erkannte Bob ein bekanntes Gesicht.
    Fritz Tschocky. Er lehnte lässig an der Gefängnismauer und beobachtete den glanzvollen Auftritt seines ehemaligen Freundes. Neben ihm stand Erwin Lundthaim, Sohn eines Chemikers und Erbe einer weltbekannten pharmazeutischen Fabrik. Er gehörte zu dem kleinen Kreis um Tschocky und galt als Lieferant aller Drogen, die in den Hinterzimmern der Bars getrunken, geraucht, inhaliert, gelutscht oder gespritzt wurden. Mit dreiundzwanzig Jahren war er schon ein zerstörter Mensch, hohlwangig, fahlbleich, mit tiefliegenden, brennenden, ewig starren Augen, in denen der Glanz einer vernichtenden Traumwelt schimmerte.
    Tschocky! Bob Barreis hob beide Hände und winkte durch die Scheibe. Tschocky mußte es sehen, er blickte voll in Bobs Gesicht, aber er rührte sich nicht. Dann waren sie an ihm vorbei und hatten freie Fahrt auf der Straße.
    »Das ist ein Witz!« sagte Tschocky zu Erwin Lundthaim. »Er heiratet Marion. Wenn das ein Jahr lang gutgeht, stelle ich mich für eine Kastration zur Verfügung.«
    »Wenn er sie liebt –« Lundthaim suchte in seinen Taschen nach einer seiner präparierten Zigaretten. Immer umgab ihn ein süßlicher Duft, als verwese er bereits lebendigen Leibes.
    »Bob ist zu keiner Liebe fähig. Er ist pervers. Er ist genau der Mann, der Särge öffnen und Tote schänden kann. Komm, Lundt, ich habe einen unbändigen Appetit auf ein Glas. Bobs Anblick war zum Kotzen, einfach zum Kotzen!«
    »Das war Tschocky!« sagte Bob und beugte sich zu Dr. Dorlach vor. Er saß mit Marion hinten auf der breiten Bank, ein Hochzeitspaar, zugedeckt mit dem riesigen Rosenstrauß. Dr. Dorlach wandte sich nach hinten.
    »Nein. Ich habe ihn nicht gesehen. Sie sollten sich von diesem Club trennen, Bob.«
    »Schon geschehen. Hallo, wo fahren wir überhaupt hin?« Bob blickte nach draußen. Die Gegend wurde ländlich. »Marion wohnt auf der Holtenkampener Straße. Das ist hinaus nach Bredeney. Kehrt marsch, ihr Lieben.«
    »Wir fahren nach Vredenhausen«, sagte Dr. Dorlach ruhig.
    »Irrtum, wir fahren zu Marion. Ich habe vier Wochen hinter Gittern gesessen und auf einer dünnen Matratze geschlafen. Ich sehne mich nach einem Bett und animalischer Wärme.«
    »Herr Haferkamp hat darum gebeten, daß Sie zuerst nach Vredenhausen kommen.«
    »Onkel Theodor. Gebeten! Ich kann mir denken, wie er dagestanden ist, verhinderter Cäsar, Feldherrnpose, imponierender Blick: Bob zu mir! – So einem Befehl kommt man nach, weil man ja Onkel Theodors Brötchen ißt. Aber nicht ich, lieber Doktor!« Bob tippte dem Chauffeur auf die Schulter. »Machen Sie kehrt und zurück nach Bredeney! Holtenkampener Straße 17.«
    »Wir fahren den vorgeschriebenen

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