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Ein Mann wie ein Erdbeben

Ein Mann wie ein Erdbeben

Titel: Ein Mann wie ein Erdbeben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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er rumläuft und um seinen Sohn jammert? Der ist doch keine öffentliche Gefahr.«
    »Will die Polizei den Flüchtenden nun suchen oder nicht?« sagte der Gesundheitsbeamte laut.
    »Natürlich will sie.« Der Polizeimeister griff zum Telefon. »Wollen Sie auch 'nen Hubschrauber, eine Hundestaffel und eine Abteilung berittene Polizei?« Und als er keine Antwort bekam, sondern nur einen giftigen Blick, lächelte er breit. »Wenn ich allein durch 'n Wald gehe und rufe: ›Ernst, komm raus, mach doch keinen Quatsch, Mensch!‹, dann kommt er. Aber wie Sie wollen, mein Herr!«
    Zwei Streifenwagen waren nach fünf Minuten unterwegs nach Vredenhausen.
    Ernst Adams aber fand man nicht.
    Die Polizei kämmte den Wald durch. Theodor Haferkamp, der selbstverständlich von den Ereignissen von irgendeiner Seite sofort unterrichtet wurde, erschien mit seinen beiden Jagdhunden, herrlichen Münsterländern, gab sich entsetzt, bedauerte den alten Adams und ließ seine Hunde an langen Lederleinen suchen.
    Sie nahmen die Spur auf, liefen hechelnd und knurrend ein Stück durch den lichten Wald und blieben dann an einer Schneise stehen. Hier endete die Spur. Dafür sah man undeutlich die Eindrücke von Autoreifen.
    »Hier hat ihn einer mitgenommen!« sagte der Polizeimeister und zeigte demonstrativ auf die Eindrücke im Waldboden.
    »Das sehe ich auch.« Haferkamp blickte sich um. »Wer fährt hier im Wald herum? Am Morgen? Die Schneise führt direkt auf die Bundesstraße. Ohne Grund biegt keiner hier ab.«
    »Es gibt hundert Möglichkeiten. Einer mußte pinkeln, oder er wollte Spazierengehen, oder ein Liebespaar …«
    »Am frühen Morgen?«
    »Ausgeschlafen ist's am schönsten.«
    »Wir bekommen ihn, meine Herren.« Haferkamp zog seine Hunde an den Leinen zu sich. Er kraulte ihnen lobend das Halsfell und klopfte ihnen gegen die Brust. Ein guter Mensch, dieser Haferkamp. Wer Tiere liebt, ist reinen Herzens. »Ein Mann wie Adams taucht automatisch wieder auf. Auch wenn – wie amtlich feststeht – sein Geist verwirrt ist, ist ihm eins geblieben: die absolute Wahrhaftigkeit. Darum wird er wiederkommen.«
    Ein Abgesang auf einen Gegner, der zerschmettert am Boden liegt.
    Schon um die Mittagszeit wußte der ganze Ort: Auf die Ergreifung von Ernst Adams hat Theodor Haferkamp DM 5.000,- ausgesetzt. Zum Wohle der Stadt und des Friedens in dieser Stadt.
    In Vredenhausen brach die Menschenjagd aus.
    »Hier bleibst du, und wenn du einen Schritt heraus tust, hast du damit alles verdorben. Alles! Das ist dir doch klar? Du weißt doch jetzt, mit welchen Mitteln sie dich mundtot machen wollen.«
    »Ins Irrenhaus! In eine Zelle wollen sie mich stecken! Stell dir das vor. Nur weil ich die Wahrheit sage. Die reine Wahrheit! Was sind das bloß für Menschen, Hellmut?«
    Der alte Adams hockte in einem Kellerraum, trank aus einer Taschenflasche, die man in Arbeiterkreisen ›Flachmann‹ nennt, einen weichen Doppelkorn und schüttelte immer wieder den Kopf. Vor ihm, auf einer Kiste, saß Hellmut Hansen.
    »Wo wolltest du denn hin?« fragte er, als Adams drei Schlucke getrunken hatte.
    »Irgendwohin. Ich habe überall Freunde.«
    »Sie sind durchweg Haferkamps Geschöpfe.«
    »Du auch, Hellmut, du auch! Du läßt dich mißbrauchen wie eine Hure.«
    »Nennen wir es anders: Ich mache das Spiel mit, aber mit offenen Augen und mit eigenen Plänen.«
    »Du warst ein Schulfreund von Lutz. Sein Kamerad, nicht wahr? Ihr wart doch immer zusammen … bis zuletzt.«
    »Ja, das weißt du doch.«
    »Lutz war ein feiner Kerl, nicht wahr? Auch du bist ein guter Junge, Hellmut. Nur dieser Barreis! Die Hölle hat ihn ausgekotzt! Bist du auch der Ansicht, daß Lutz den Wagen gefahren hat und gegen den Felsen prallte?«
    »Nein.«
    »Du nicht? Junge, du nicht?« Ernst Adams sprang auf. Mit der Verzweiflung eines Mannes, der sein ganzes Leben auf eine einzige Tat gesetzt hat und nun zu verlieren droht, umklammerte er Hansen, drückte ihn an sich, und seine Kraft war so groß, daß Hansen sich nur mit Gewalt aus seinen Armen befreien konnte. »Du glaubst mir? Du bist der einzige, der mir glaubt!«
    »Glauben ist kein Beweis, Vater Adams. Mit dem Glauben allein wird man für verrückt erklärt – du weißt es jetzt.«
    »Aber jemand muß doch die Wahrheit hinausschreien! Wenn man die Wahrheit nicht brüllt, hört sie doch niemand. Sie haben doch alle Geldsäcke in den Ohren, vergoldete Barreis-Watte! Die muß einer herausreißen, damit ein Ton, nur ein einziger Ton der Wahrheit

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