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Ein Mann wie ein Erdbeben

Ein Mann wie ein Erdbeben

Titel: Ein Mann wie ein Erdbeben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ist nach menschlichem Ermessen vollkommen. Man komme mir jetzt bloß nicht damit, das sei ein Kriegsgerät! Bloß nicht! Ich denke nicht an den Angriff, nur an die Verteidigung. Ein Beitrag zu meiner pazifistischen Gesinnung. Verteidigung der edlen Güter des Menschen gehört zu den höchsten moralischen Werten. Das muß man herausstellen, Hellmut, ganz klar herausstellen, auch in Bonn … und damit wären wir in einem goldenen Export!«
    Onkel Theodor, durch seine vorzügliche Lobby immer im richtigen Ohr sitzend, auch mit seinen Sprüchen im Industrie-Club und auf den Lohntüten seiner fünftausend Arbeiter, behielt auch jetzt recht. Hellmut wurde zum Handelsreisenden in Sachen elektronischer Rechner, wie es harmlos hieß. Er empfand dabei ein ungutes Jucken in der Herzgegend und einen Druck im Gehirn, aber er flog herum und lernte den Umgang mit Ministern und Staatssekretären.
    Es war erstaunlich … Hellmut Hansen entwickelte nach diesen Wochen eine stille Sympathie für die Revolutionäre, die die gegenwärtige Gesellschaft als verfault betrachteten. Mit Haferkamp darüber zu streiten, war sinnlos vertane Zeit. Der Barreis-Spruch: »Auf einem mit Geld gefüllten Kissen schläft man hart, aber zufrieden«, war eine Parole, gegen die der Ruf: »Verändert die Gesellschaft!« geradezu kindisch klang.
    »Du siehst müde aus«, sagte Bob mit der wachen Beobachtungsgabe eines Mannes, der in Gesichtern lesen kann.
    »Ich bin auch fertig, Bob. Du läßt mich also nicht rein?«
    »Bei mir liegt ein nacktes Mädchen im Bett …«
    »Das ist nichts Neues. Das hat dich früher nie gehindert.«
    »Ich liebe Claudette, und diese Liebe ist heilig.«
    »Eine neue Marion Cimbal?«
    »Marion ist eine blasse, wegziehende Wolke geworden.«
    »So schnell?«
    »Ihr solltet jubeln darüber, du und Onkel Theo. Ich bin auf dem Weg, normal zu werden.«
    »Dieses Wunder muß ich mir ansehen. Bob … sei kein Erzengel, der das Paradies mit Flammenschwert bewacht. Es hat uns schon gewundert, daß dein Wagen nicht wieder schrottreif ist.«
    »Ich fahre nur noch im Schritt.« Bob ging in das Apartment zurück und machte eine einladende Handbewegung. »Komm schon, du Nobelpreisträger der Moral. Was macht Eva?«
    »Sie schließt ihr Examen ab, dann heiraten wir.« Hansen kam in die Diele. Spiegelwände warfen sein Bild von allen Seiten zurück. Bob nickte. Sein Grinsen war wie immer, Hellmut Hansen stellte keinerlei Veränderung darin fest.
    »Immer im Gleichschritt mit der Ordnung marschiert. Du kommst mir vor, als würdest du auf dem Lokus vor deinem Scheißhaufen eine Verbeugung machen. ›Monsieur, Ihr Gestank und Ihre Konsistenz beweisen eine wohldosierte Verdauung!‹ Halt!« Er hielt Hansen fest, als dieser den großen Wohnraum betreten wollte. »Fall nicht auf den Rücken, Hellmut … Claudette ist eine Eurasierin.«
    »Der Traum aller Männer.«
    »Du sagst es. Wenn du in ihrer Gegenwart eine dumme Bemerkung über mich machst, zerschlage ich das, was gerade in Griffnähe ist, auf deinem Schädel. Verstanden?«
    »Sehr genau. Als was soll ich vor sie hintreten? Als Elektriker, der die Sicherungen kontrolliert. Bei dir brennt ja öfter eine durch … das wäre also normal.«
    »O wie witzig!« Bob sah Hansen aus seinen samtweichen Augen an. »Ich habe Claudette von dir erzählt. Daß du mir zweimal das Leben gerettet hast. Verdammt, das klebt an mir wie Pech unter den Fingernägeln.«
    Er stieß die Tür auf und ging voraus.
    Claudette lag auf der Couch, nicht nackt, wie Bob angekündigt hatte, sondern in einem chinesischen Morgenmantel. Hansen war von dem ersten Eindruck wie erschlagen. Das hat er nicht verdient, dachte er. Er lebt in einem Zauberreich. Wenn ich das Theodor Haferkamp erzähle, revoltiert seine Galle. Ich werde ihn belügen müssen.
    »Claudette«, sagte Bob sanft, »das ist Hellmut. Der große Idealist, der schuftet, damit ich lebe. So sieht ein Mann aus, der das normale Leben beschläft. Die höchste Form von Perversität.«
    Claudette erhob sich. Sie ging auf Hansen zu, küßte ihn auf die Stirn und umhüllte ihn mit einem Duft aus Rosen und asiatischem Geheimnis. Ihre Augen waren von einem starren Glanz, kalte Sterne, die willenlos machten und doch erschreckten. Die weiten Ärmel des Seidenmantels verdeckten einen neuen Einstich im linken Unterarm.
    Hellmut Hansen blieb nur zehn Minuten, dann strebte er nach draußen. Das Gefühl, in den Fangarmen eines Polypen zu sein, war so stark, daß er fast aufatmete, als Bob

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