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Ein Mann wie ein Erdbeben

Ein Mann wie ein Erdbeben

Titel: Ein Mann wie ein Erdbeben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Smoking mit der hellroten, breiten Kragenschleife und dem seidenen Kummerbund wirkte er so vornehm und blasiert, daß die selbst königliche Gäste gewohnten Kellner erst nach dem zweiten Zögern ihre Fragen an ihn stellten. »Sie wird Ihre Sache vorzüglich machen. Und dazu noch so billig …«
    »Wieviel?« fragte Willkes, als Reedersohn mit Rechnen aufgewachsen.
    »Drei Ampullen Phenyl-methylamino-propan-hydrochlo-rid –«
    Und Lundthaim, der Chemikersohn, sagte lächelnd:
    »Auf gut deutsch: Pervitin – Wert: runde drei Mark!«
    In der Nacht – schon gegen Morgen, was an den fahlen Rändern des Himmels abzulesen war – wachte Bob auf. Claudette saß auf der Bettkante, in herrlicher Nacktheit, die langen Haare hochgebunden, das asiatische Gesicht noch halb im Traum, die Schenkel gespreizt, und hantierte in ihrer Handtasche, die auf dem Nachttisch lag.
    Bob blieb still liegen, stellte sich schlafend und beobachtete sie. Er war glücklich, daß er die Augen schließen wollte, um das letzte Bild, ihren Glücksschrei in seinen Armen, die Explosion ihrer Liebeskraft, nicht von sich zu lassen. Aber das leise Weggleiten Claudettes, ihre Tätigkeit, bei der ihre Hände zitterten und ihren Körper durchrüttelten, faszinierten ihn so, daß er steif dalag und kaum atmete.
    Auf dem Nachttisch lag ein schmales, blinkendes Kästchen. Claudette öffnete es, entnahm ihm eine kleine Injektionsspritze, setzte eine dünne Nadel auf, nahm sie wieder ab, griff in ihre Handtasche, holte ein Tütchen heraus, schüttete drei Ampullen mit einer wasserhellen Flüssigkeit in die Spritze und setzte dann die Nadel wieder auf. Dann betrachtete sie ihren linken Oberschenkel, drückte mit dem Zeigefinger der linken Hand auf eine Stelle und hob die Spritze. Das Zittern in ihr verstärkte sich, es war, als beginne sie mit den Zähnen zu klappern.
    Als sie die Nadel in den Muskel stoßen wollte, griff Bob blitzschnell zu und hielt ihre Hand fest. Sie fuhr herum, mit blitzenden, aufgerissenen, kalten Augen und fauchte ihn an wie eine Raubkatze, die man im Netz gefangen hat.
    »Laß mich los – Verdammt, nimm die Hand weg! Ich … beiße zu.«
    Ihr Kopf zuckte nach unten, Bob spürte, wie sich ihre Zähne in seinen Handrücken gruben, raubtierhaft, rücksichtslos, mit einer Wildheit, die alle Vernunft, ja alles Menschliche in ihr zerfressen hatte.
    »Loslassen!« schrie sie wieder.
    Blut tropfte aus der Bißwunde über Bobs Hand. Er ertrug den irren Schmerz, ließ seine Hand auf ihrem Schenkel und wälzte sich nahe an sie heran.
    »Was machst du da?« fragte er völlig sinnlos.
    »Ich gebe mir einen ›Schuß‹, du Idiot! Hand weg!«
    »Hast du das nötig?«
    »Ohne das Zeug bin ich ein nasser Lappen –«
    »Was spritzt du denn da?«
    »Was weiß ich? Ich hab's eingetauscht. Namen sind dämliche Verpackungen … die Hauptsache, es hilft. Genug gehört?« Sie stieß Bobs Hand weg, fixierte wieder die Stelle und stieß schnell, ehe Bob noch einmal zugreifen konnte, die Nadel in das wundervolle, braune, samtige Fleisch. Während sie den Kolben der Spritze niederdrückte und die Flüssigkeit in sie eindrang, warf sie den Kopf zurück und ließ den Mund weit offen, als schreie sie lautlos. Dann, mit einem kurzen Ruck, zog sie die Nadel wieder heraus, drückte den Daumen auf die Einstichstelle, die winzige Wunde damit abpressend, und ließ sich nach hinten fallen, quer über Bob. Ihre Brüste lagen genau vor seinem Mund … er küßte sie und spürte, wie das Zittern wegglitt, wie der Körper sich straffte und in einem unsäglichen Wohlgefühl sich aufquellen ließ wie ein trockener Schwamm, über den Wasser rinnt. Claudette rutschte von Bob herunter und legte sich neben ihn. Ihre Mandelaugen, vor Sekunden noch an der Grenze des Irrsinns, waren wieder die Sterne einer wesenlosen Zauberwelt.
    »Komm zu mir«, sagte sie leise, fast singend. »Ich brauche dich … jetzt brauche ich dich … Ich habe Sehnsucht nach Kraft …«
    Bob rührte sich nicht. Er starrte sie nur an.
    »Warum tust du das?« fragte er. Sein Blick ruhte auf dem kleinen Einstich ihres Schenkels.
    »Ich lebe davon, Liebling.«
    »Wie oft? Täglich?«
    »Es kommt darauf an. Wenn es mich überfällt, muß ich es haben. Ganz gleich, wo ich bin. Vorgestern habe ich mich hinter eine Palme auf der Croisette gestellt und ›geschossen‹. Es ist fürchterlich, wenn es plötzlich zu Ende ist. Dann wird die Welt zur Hölle, alles brennt, in mir, um mich, ich trockne aus, ich kann nicht mehr

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